Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Andreas Batlogg: Jesus begegnen

Andreas Batlogg hat ausgehend von der Jesus-Meditation der ignatianischen Exerzitien ein sehr persönliches Buch geschrieben über die Möglichkeit, Jesus in diesem Leben zu begegnen. Worum es geht?

Der Buchtitel suggeriert drei Hauptteile. Aber der Autor macht etwas anderes: In 33 Kapiteln kommen unterschiedliche Erfahrungsfelder zur Sprache, mal geht’s um Suchbewegungen, mal um Finderglück und mal um Bekennermut. Andreas Batlogg, geboren 1962, ist seit 1985 Jesuit, und das Erbe des Ignatius von Loyola (1491-1556), der Jesuitenorden mit seiner besonderen Betonung der „Gesellschaft Jesubilden den Raum, in dem er sich bewegt. Batlogg versteht das Ordenssymbol IHS – Iesus Habemus Socium – nicht exklusiv, sondern über die Konfessionsgrenzen hinaus als Einladung an alle, die sich auf Jesus einlassen. Das gilt auch für die Exerzitien, die von Ignatius konzipierten geistlichen Übungen, mit dem zentralen Element der Kontemplation des Lebens Jesu „dem Fleische nach“.

Der Autor ist von seinem Orden immer wieder in die Ferne geschickt worden. Er leidet in Amerika darunter, auf sich alleine gestellt zu sein. Trost bietet Bachs Choral „Jesus bleibet meine Freude“, zitiert in dem Kriegsdrama „To End All Wars“ von David Cunningham (2001). Er wird in Israel reich beschenkt durch das fünfte Evangelium, die Landschaft, in der Jesus lebte. Auf dem Weg in den Operationssaal, nach der Diagnose eines bösartigen Tumors fällt ihm das letzte Gespräch der Sophie Scholl mit ihrer Mutter ein, und er tröstet sich mit den Worten „Gelt Andreas, Jesus“.

Immer wieder berichtet der Jesuit von Gesprächs- und Leseerfahrungen. Karl Rahner begleitet durch das Buch und ermuntert dazu, „Jesus um den Hals zu fallen“, Gottfried Bachl ist verwundert, was aus dem „brennenden Menschen“Jesus geworden ist. Der nach Ignatius zweitwichtigste Zeuge, der im Buch immer wieder aufgerufen wird, ist Papst Franziskus mit seiner entschiedenen Weigerung, aus dem Glauben eine „Antiquitätensammlung“ machen zu wollen. Battlogg findet kritische Worte gegen die Verharmlosung Jesu, gegen seine erneute Gefangennahme in begrifflichen Fesseln und distanzierter Wissenschaftlichkeit. Das Credo reicht ihm nicht aus, weil es den Reichtum des Lebens Jesu auf zwei Ereignisse reduziert: Geburt und Tod.

Über das Problem eines Jesusbuches im 21. Jahrhundert schreibt Batlogg selbst, dass schon einige Regalmeter Jesusbücher existieren (sein Literaturverzeichnis umfasst immerhin 11½ kleingedruckte Seiten) und er fragt, ob es noch Bedarf für ein weiteres gibt, denn Bücher sind kein Ersatz für die wirkliche Begegnung; wozu also lesen, kommt es doch auf die Nachfolge an? Batlogg hat selbst viele Jesusbücher berücksichtigt, um im eigenen Buch seinenpersönlichen Weg der Nachfolge Jesu zu schildern, der unvermeidlich beeinflusst ist durch eine Fülle von Anregungen aus verschiedenen Epochen der Christentumsgeschichte. Doch man darf kein Buch erwarten, dass sich an der Biografie orientiert wie die Evangelien, man darf keine Summe der Christologie erwarten, der Zeitgeschichte oder der Exegese. Batlogg lehnt nichts davon ab, aber er erzählt seinen einzigartigen Weg zu und mit Jesus. Dabei scheut er sich nicht, an Grenzen zu gehen, pathetisch zu werden, von seinen eigenen Tränen zu erzählen und zu Tränen zu rühren. Der Mensch ist dazu bestimmt, Jesus zu begegnen und sich daran zu freuen. Allein darum soll es gehen.

Andreas Batlogg kann gut schreiben; sein Buch berührt, fesselt, darin einem Roman vergleichbar. Ich kann mir gut vorstellen, dass Texte aus dem Buch in der Schule als Lektüre im Religionsunterricht funktionieren. Hier konnte nur versucht werden, einige Schlaglichter auf Batloggs Begegnungen zu werfen; sein Buch lässt sich nicht zusammenfassen wie ein systematischer Traktat, sondern ist selbst die Zusammenfassung eines Lebens, in dem einer die Gesellschaft Jesu sucht, immer wieder findet und sich dazu bekennt.

suchen – finden – bekennen
München: Kösel Verlag. 2021
322 Seiten
22,00 €
ISBN 978-3-466-37248-2

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