Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Andreas Losch / Frank Vogelsang (Hg.): Wissenschaft und die Frage nach Gott

Mit „Wissenschaft und die Frage nach Gott“ liegt in bereits zweiter Auflage eine Sammlung von Beiträgen vor, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Verhältnis von Naturwissenschaften bzw. Naturwissenschaftlern und Glauben, Religion bzw. Theologie widmen. Nach einem Geleitwort des populären Astrophysikers Harald Lesch sowie einem Vorwort und einer Einleitung haben die Herausgeber insgesamt 18 Artikel in fünf Rubriken gebündelt. Diese sind mit „Aus der Geschichte des Dialogs“, „Evolution und Schöpfung im Gespräch“, „Physiker und ihre Gedanken zu Gott“, „Verschiedene Perspektiven auf die eine Welt“ sowie „Anwendung und Ausblick“ überschrieben.

Wie bereits die ersten drei wissenschaftshistorischen Beiträge zu Galileo Galilei, Johannes Kepler und Charles Darwin vor Augen führen, war die Beziehung zwischen den sciences bzw. ihren Vertretern und der christlichen Religion bzw. deren Institutionen in der Vergangenheit sehr viel komplexer, vielschichtiger und weniger feindselig, als dies in plakativen Gegenüberstellungen von Wissenschaft auf der einen und Glauben auf der anderen Seite häufig behauptet wurde und wird. Dass das Ausloten des Verhältnisses auch aktuell eines differenzierten Blicks bedarf und wie der hierfür notwendige Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften intellektuell redlich geführt werden kann, stellen die folgenden 15 Beiträge exemplarisch vor Augen. Leider können sie an dieser Stelle nicht ausführlicher besprochen werden, doch erschließen sie – so viel sei verraten – die facettenreiche Diskurslandschaft sehr abwechslungsreich, indem sie u.a. die Fragen nach Zeit und Ewigkeit, Mechanismus und Vitalismus, Freiheit, Zufall und Determination usf. intelligent und mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen (mit biografischem, systematischem, schuldidaktischem, naturphilosophischem oder naturwissenschaftlichem Fokus) erörtern. Dass die Herausgeber einschlägig ausgewiesene und nicht selten als Geistes- und Naturwissenschaftler doppelt qualifizierte Autoren versammeln konnten, überbrückt nicht nur die fachsprachlichen Barrieren, sondern verdeutlicht zugleich, dass es auch ein genuin persönliches Anliegen von Wissenschaftlern ist, diese vermeintlichen „zwei Welten“ Naturwissenschaften und Glauben (bzw. seine akademische Ausprägung – die Theologie) miteinander in Beziehung zu setzen.

Gerade weil man manche der vorgestellten Positionen und Thesen im Einzelnen in Frage stellen oder zumindest kritisch kommentieren würde (dies gilt insbesondere für die Artikel der vierten Rubrik) und die Beiträge so zum Nachdenken, sogar zum Überdenken der eigenen Position anregen, lässt sich das Buch mit großem Gewinn lesen. Das Layout der broschierten Schrift mit zahlreichen Abbildungen und Kästchen, die markante Aussagen aus den Texten hervorheben, lockert die erfrischend-anspruchsvollen Texte hierbei angenehm auf.

Nur marginal sind jene Punkte, die zu kritisieren sind. Unter diesen wiegt am schwersten, dass bei den meisten Beiträgen auf (ausführliche) Belege verzichtet wurde, obgleich diese in Form von Endnoten die Lesbarkeit der Texte nicht tangiert hätten. In mehreren Artikeln werden am Ende nur Literaturhinweise gegeben oder wird auf eine ausführlichere Veröffentlichung an anderer Stelle verwiesen. Sich von der Stichhaltigkeit von Argumenten und Gedanken anhand von Belegen überzeugen oder diese zumindest in ihrer Qualität einschätzen zu können, wird so erschwert. Mancher Begriff, manche Theorie (etwa die Kuhn’sche Wissenschaftstheorie oder die Whitehead’sche Metaphysik) hätten eine kurze Erläuterung für Fachfremde verdient. Ferner finden sich, obgleich es sich um die zweite, durchgesehene Auflage handelt, noch einige Rechtschreibfehler. Und die Übersetzungen aus dem Englischen sind sprachlich und inhaltlich nicht immer geglückt. So wird beispielsweise „species“ (unkommentiert) mit dem Begriff „Rasse“ übersetzt.

Doch dies ändert nichts am Gesamturteil: Wer sich in den Dialog zwischen Naturwissenschaften und Theologie, der hier vorbildlich glückt, einlesen will und dessen zahlreiche Ausprägungen kennenlernen möchte, ist mit diesem Buch sehr gut beraten. Sympathisch ist, dass sich die Texte auch kostenfrei im Internet abrufen lassen: www.theologie-naturwissenschaften.de. Prädikat: wertvoll!

 

Bonn: Evangelische Akademie im Rheinland. 2015

190 Seiten m. Abb.

20,00 €

ISBN 978-3-937621-50-0

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