Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Andreas Wollbold: Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen

Sie verstehen den Untertitel „Gordischer Knoten oder ungeahnte Möglichkeiten?“ nicht? Keine Sorge, beim Lesen erweist er sich als unbedeutend. Der Autor hat von Anfang an bis zum Ende seine fraglose Überzeugung: Wiederverheiratete Geschiedene sind schwere Sünder. Man strafe sie. Da kann man nichts anderes machen. All seine Gewährsleute sagen das auch. Und wer das nicht so sagt, irrt heftig. Es geht um die Bestrafung wiederverheirateter Geschiedener, nicht um Pastoral mit ihnen – dazu müsste man sie wahrnehmen –, sondern um Durchsetzung von Monogamie mit dem heute bisslosen Zwangsmittel der Josefsehe.

Warum? Wozu? Da wirkt die Kraft des als Faktum forsch Behaupteten. Vom Kardinal bis zum letzten theologischen Lehrbuben lässt sich festhalten: Die meisten verstehen moralische Spitzenformulierungen des NT bzw. der Urgemeinde als überspitzende Verdeutlichung oder als Zitat von sich polemisch profilierenden Gruppen. Das bedeutet aber: Die Theologen verstehen, jeder auf seine Weise, paradoxe Forderungen als seriöse Stellungnahmen und akzeptieren deshalb ausgewogenere Regeln als legitime Artikulationen des rechtlich Gewollten. Also: Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen – und gleichzeitig die nicht eben seltenen „außer im Fall… “ der rechtlichen Regelung. Genau dieser Gesamtschau im Rahmen der Aussagenvielfalt verweigert sich freilich unser Autor und behauptet unter beängstigendem Auswand an Finten und Drehungen das alleinige Geltungsrecht für die Extremformulierung, unter Absehung von der geschöpflichen Wirklichkeit.

Zwei Auswege hat er im Versagensfall parat. Der erste ist der klassische, der der Annullierung, garniert mit den üblichen Beteuerungen, streng zu bleiben, aber sonderausgestattet mit dem anglizistischen Argument des „Frame“. Das besagt: Da ein Ehe eher dann misslingt, wenn die Partner und möglichst auch ihre Umwelt nicht vorher die volle kirchliche Moral verinnerlicht haben, könnten soziokulturelle Gründe zu leichteren Nichtigkeitserklärungen führen.

Der zweite Ausweg gibt sich geheimnisvoll bis verdruckst: „Verbindung anderer Art“; dabei handelt es sich nur um die gute alte Josefsehe schlimmsten Gedenkens: eine zweite sexfreie Ehe für alle Geschiedenen, eventuell mit Zulassung zu den Sakramenten.

Wer im letzten Viertel des 20.Jahrhunderts in der Seelsorge arbeitete, konnte sie noch kennenlernen, die nicht eben seltenen Frauen und Männer, welche ihre früheren Pfarrer verfluchten, die ihre Ehen mit abstrusen Sexualvorstellungen kaputtzumachen versucht hatten, was ihnen den Erzählungen nach oft genug gelang. Das scheint heute vorbei. Glück für die Leute, Pech für den Autor.

 

Regensburg: Friedrich Pustet Verlag. 2015

272 Seiten

22,00 €

ISBN 978-3-7917-2661-8

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