Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Bernhard Körner: Gott ist der Rede wert

Der ansprechende, zur Lektüre motivierende Titel beinhaltet die zentrale theologische Frage, warum und inwiefern Gott wirklich der Rede wert ist. Diese Frage nimmt der Autor in seiner differenzierten, kenntnisreichen Darstellung in acht etwa gleich langen Kapiteln in den Blick: Nach einem kurzen Vorwort gibt Bernhard Körner einleitend einen klaren Überblick über die Aspekte, die er in der folgenden Darstellung (Kapitel I – VIII) entfaltet.

Schlaglichtartig (Kapitel I) veranschaulicht Körner, wie Gott in der Biografie und im Denken verschiedener Autoren des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart zur Wirklichkeit wird. Die Infragestellung Gottes (Kapitel II) wird aus unterschiedlichen Perspektiven thematisiert: kosmologisch, evolutionsbiologisch, sprachphilosophisch, hinsichtlich des Leids in der Welt und nicht zuletzt der Skandale der Kirchengeschichte. Der Glaube an Gott wird zu einer provozierenden Frage, der sich Körner stellt. Erfahrungen aus der Lebenspraxis (Kapitel III) vertiefen die Darstellung. Sie spitzen die Skepsis gegenüber dem Glauben an Gott noch zu: Gott gerät umso leichter aus dem Blick, wenn die anthropozentrische Fixierung auf die Belange des Einzelnen das Feld beherrscht, sodass es primär um den Nutzen geht und vor allem das Neue zählt. Die das Kapitel abschließende Frage „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ bildet die Überleitung zu den folgenden Überlegungen.

Schritt für Schritt setzt Körner sich mit den zuvor exemplarisch aufgezeigten, klar konturierten Aspekten der Frage nach Gott auseinander: Als vernünftige Überzeugung verantwortet, stellt der Glaube eine offene Frage dar. Er bleibt möglich auch angesichts des Leidens, bereit, immer neu von der Religionskritik zu lernen (Kapitel IV). Durch die philosophischen und fundamentaltheologischen Überlegungen vorbereitet, zeichnet der Autor den Weg zum christlichen Glauben an den dreieinigen Gott kompakt und anschaulich nach (Kapitel V).

Gott im Alltag der heutigen Gesellschaft lebenspraktisch einen Raum zu geben, konkretisiert sich im Gebet, in der kirchlichen Gemeinschaft, in der politischen Auseinandersetzung sowie im interreligiösen Gespräch (Kapitel VI). Die Weisen des Redens von und über Gott sind ebenso notwendig und vielgestaltig wie das Schweigen zu und vor Gott. Es kann in Interesse- oder in Ratlosigkeit begründet sein, aber auch die Ehrfurcht vor dem Geheimnis ausdrücken (VII). An Gott zu glauben und über ihn nachzudenken, hat Folgen (Kapitel VIII). Der Glaube eröffnet Freiräume, stiftet Hoffnung, führt zu Ehrfurcht gegenüber dem Mitmenschen auch in der Unterscheidung von Gut und Böse.

Der von Verzerrungen gereinigte Gottesbegriff bedeutet und beinhaltet ein transzendentes Lebensfundament. Dadurch kann der Glaube bei allem Engagement zu einer gelassenen Relativierung der unterschiedlichen Alltagssituationen und Alltagserfahrungen führen. Gott ist der immer Größere. Er ist zu nichts zu gebrauchen. Er dient zu keinem Zweck. Gott um seiner selbst willen zu lieben, kann zu einem Modell der Freiheit werden, auch dann, wenn wir andere Sorgen haben.

Nach Gott zu fragen, ihn zu suchen, den Glauben vor der Vernunft im Gespräch zu verantworten – dazu gibt der Autor vielfältige, interessante Anstöße. Gott ist der Rede wert. Es hat Sinn, darüber nachzudenken. Bernhard Körners Buch öffnet und erweitert den Horizont.

Warum es Sinn macht, über Gott nachzudenken
Würzburg: Echter Verlag. 2022
176 Seiten
16,90 €
ISBN 978-3-429-05726-8

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