Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Burkhard Hose: Seid laut!

Für Burkhard Hose, den Studentenpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Würzburg, ist es zwingend, dass Christen Politik und Religion nicht getrennt voneinander betrachten. Besonders in der Islamdebattefordert er eine Versachlichung statt Populismus. Die Ängste der Kommentatoren seien sehr allgemein und die meisten haben keinen persönlichen Kontakt zu Geflüchteten. Angst entsteht aus dem Gefühl heraus, man selbst werde benachteiligt; daraus entstehen Parolen und Behauptungen, die nur das Ungerechtigkeitsempfinden verstärken.

Der Autor fordert eine verbale Abrüstung, gerade in der Politik. Er verweist auf die menschenverachtende Sprache, mit der Ängste geschürt und Ressentiments verstärkt werden. Wie mit Sprache Gutes erreicht werden kann, das zeigen für ihn beispielhaft und biblisch-grundlegend die Propheten. Amos und Hosea prangerten die Missstände der damaligen Gesellschaft an. Diese politische Seite zeichnet das Wirken der Propheten in der Bibel gerade aus – als Anstoß für heute, das Christliche als Ansporn zu verstehen.

Provokativ eröffnet Hose sein Buch mit einem markanten Text von Lothar Zenetti: „Das Kreuz des Jesus Christus / durchkreuzt was ist / und macht alles neu.“ In der Einleitung unterstreicht er, dass sich mit dem Evangelium Politik machen lässt, wenn man die christliche Botschaft ernst nimmt und entsprechend handelt (7-19). In der Demokratie gilt es, nicht zu schlafen, sondern seine Stimme zu erheben (Kap. 1), um politisch zu sein (Kap. 2) und sich vom Vorwurf „Ich kenn Euch doch, Ihr Linken!“ (Kap. 3) zur Frage „War Jesus ein Linker?“ (Kap.4) führen zu lassen und sich „Welcome to the Revolution“ (Kap. 5) zu fühlen. Jesus ist für Burkard Hose gerade an unheiligen Orten zu Hause (Kap. 6), was an den Jesuiten Christian Herwartz erinnert. An unheiligen Orten ist Jesus zu suchen und sich – seinem Beispiel folgend – „wenn es dran ist, auch auf die Straße“ zu setzen (Kap. 7), so wie es die französische Mystikerin, Sozialarbeiterin und Schriftstellerin Madeleine Delbrêl im vergangenen Jahrhundert vorgelebt hat. Die provokativen Kapitelüberschriften wollen aufwecken und die vielen praktischen Beispiele zur eigenen Tat anregen – so wie in Hoses Hochschulgemeinde, die Geflüchteten Kirchenasyl gewährte und Studierende in ihrem persönlichen Engagement und Eintreten für Benachteiligte bestärkte (91).

Unachtsame Sprache widerspricht der Menschenwürde: „Auf Schulhöfen ist ‚Jude‘ wieder zum Schimpfwort geworden, und wenn man jemanden besonders tief beleidigen will, wird er als ‚schwul‘ oder ‚behindert‘ beschimpft. Auf der anderen Seite holt man auch schnell den Begriff „Nazi‘ oder ‚Rassist‘ aus dem sprachlichen Waffenarsenal hervor, um Menschen abzustempeln.“ (61-62) Das Zeitzeugengespräch mit der Jüdin Éva Fahidi in der Jüdischen Synagoge Würzburgs zeigt die markante Sprachwahl und dichte Beschreibung des Verfassers: „Auf einmal erscheint es mir, als würde die Stille im Saal nicht nur hörbar, sondern laut... Wer einmal die laute Stille erlebt hat, die sich um Überlebende der Shoa verbreitet, wenn sie zu erzählen beginnen, kann nicht mehr wegschauen und stumm bleiben.“ (22f, 26)

Der Studentenpfarrer wendet sich auf den Punkt gebracht gegen eine Politik, die christliche Werte instrumentalisiert und aushöhlt. Vielmehr soll man die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und für einen gemeinsamen Dialog, eine lebenswerte Zukunft und ein christliches Miteinander eintreten. Deshalb: Erhebt die Stimme und steht für die Menschenwürde ein. Diese Haltung spiegelt sich im Titel: Seid laut!

Für ein politisch engagiertes Christentum
Münsterschwarzach: Vier-Türme-Verlag. 2018
144 Seiten
18,00 €
ISBN 978-3-7365-0156-3

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