Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Constanze Kleis: Gebrauchsanweisung für Weihnachten

Eine Gebrauchsanweisung hat zum Ziel, einem Nutzer zu erklären, wie ein Produkt oder ein Gegenstand im weitesten Sinne zweckmäßig zu gebrauchen ist. Man fragt sich deshalb etwas verdutzt, wie die Journalistin aus Frankfurt ihren Buchtitel genau verstanden haben möchte. Denn Constanze Kleis schreibt de facto keine Gebrauchsanweisung im Sinne eines Ratgebers. Vielmehr will sie hinter den Bühnenvorhang Weihnachten blicken, um das zu entlüften, was ihr als ausgesprochener Weihnachtsfan daran wichtig erscheint. Ihr Buch ist daher ein klares Plädoyer für Weihnachten! Ein Weihnachten, das zwar aus einem schier endlosen, auch zu kritisierenden. Vielerlei besteht, dessen humaner Kern – eine theologische Reflexion über Weihnachten fehlt – bewahrenswert ist und bleibt.

Im Wesentlichen ist Weihnachten für Constanze Kleis das Fest der personalen Zuwendung, was ja im theologischen Sinn mehr als anschlussfähig ist. An Weihnachten feiern wir Zuwendung zu den Familienmitgliedern und Freunden. Stress, Hektik, Konflikte und Feindschaften bestimmen das Fest heute zwar im besonderen Maß. Lernen wir aber diese Faktoren als Teile menschlichen Zusammenseins zu verstehen, dann ist Weihnachten eine Form, sich darüber klar zu werden. Zum „Gesamtpaket Beziehung“ gehört nämlich immer beides. Die „großartige Idee der Schöpfung“ – der Mensch ist Beziehungswesen – könnte somit an Weihnachten nochmals bewusst werden. Denn „was wir an Weihnachten nicht hinbekommen, wird uns auch im Rest des Lebens nicht gelingen.“ Die Idee des Schenkens ist im Kern ein Ausdruck dieser Zuwendung. Trotz allem Viel-zu-Viel, Zeit füreinander aufwenden und sich Wertschätzung entgegenbringen, darum geht es eigentlich.

Nun ist „Gebrauchsanweisung für Weihnachten“ natürlich keine philosophische Theorie der menschlichen Zuwendung. Den Leser erwartet ein locker formulierter, bunter Reigen. Beginnend bei der weihnachtlichen Botschaft, über Weihnachtsmann und Nikolaus, zum Gesangsgut bis hin zu den kulinarischen „Sünden“ Lebkuchen (für Nürnberg) bzw. Pfefferkuchen (für Pulsnitz). Es lauern einige Erkenntnisse über kulturelle Weihnachtsspezifika von Norwegen bis zu den Philippinen. Man erfährt, der Adventskranz ist eine evangelisch-lutherische Tradition aus dem 19. Jahrhundert, die das Warten erleichtern sollte. Übrigens vieles, was uns heute als selbstverständlicher Bestandteil des Brauchtums erscheint, ist im 19. Jahrhundert erst entstanden. Auch weiß der Leser um die Exportstärke des deutschen Weihnachtsmarkts, bis ins ferne China. Leider begegnen demgegenüber unzählig langwierige Schilderungen über die Frage, wo nun der größte Weihnachtsbaum stehe, und welche Fernsehsendungen wo zum ersten Mal erschienen sind. Interessiert es wirklich, wieviel Tonnen Gewicht Weihnachtsmanns Schlitten hätte, wären diese und jene Geschenke beladen? Solche und ähnliche Passagen sind ermüdend und langweilig. Die erkenntnisbringenden Rosinen trösten jedoch darüber hinweg, weil sie durchaus einen Aha-Effekt auslösen können.

Constanze Kleis schreibt ein Buch für den Weihnachtsfan in uns. Es ist kein Buch für den theologisch interessierten Leser, obwohl es durchaus kleine philosophische Schmankerl bereithält, die hauptsächlich am Anfang und am Ende zu finden sind.

 

München: Piper Verlag. 2017
221 Seiten
15,00 Euro
ISBN 978-3-492-27697-9

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