Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Dieter Berg: Franziskus von Assisi

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieter Berg legt mit seinem neuen Buch eine höchst lesenswerte Biographie des populärsten Heiligen der Christentumsgeschichte vor! Dabei handelt es sich angesichts der Überfülle an Quellen wie an relevanten Studien zum historischen Kontext der Person des Franziskus, nicht zuletzt ebenso an älteren biographischen Entwürfen, um eine ausgewogene, die geschichtlichen Umstände behutsam würdigende Darstellung eines Menschenlebens.

Der Band weist folgende in neun Kapiteln sich entfaltende Organisation auf: Kapitel 1 ist überschrieben mit: „Franziskus – eine biographische Skizze”. Diesem Einstand folgen drei Kapitel, die sich mit den italienischen Verhältnissen des 12. und 13. Jahrhunderts befassen: Kapitel 2 handelt von der „Kirche und religiöse[n] Reformbestrebungen in Italien (ca. 1150-1200)”, Kapitel 3 ist betitelt mit „Politische Kooperation und Konflikte in Italien (ca. 1200)”, während Kapitel 4 die „Politische[n] Strukturen und Rivalitäten in Grafschaft und Stadt Assisi (ca. 1150-1200)” darstellt.

Kapitel 5 („Franziskus – Existenz und Charisma”) reflektiert unter einem weiteren, eher frömmigkeitsgeschichtlichen Blickwinkel, was im ersten Kapitel biographisch fokussiert dargelegt worden ist. Kapitel 6 behält den theologiegeschichtlichen Blick bei, wenn es die ersten Generationen der „Weiterentwicklung des Ordo Minorum” behandelt. Schließlich kommt in Kapitel 7 auch das „Franziskanische Schrifttum” – einschließlich eines Überblicks über die frühfranziskanische Eschatologie – zur Sprache, das bekanntlich die internen Auseinandersetzungen unter den diversen Gruppierungen der Brüder belegt. Kapitel 8 zeichnet unter dem Titel „Nachleben: Franziskus-Bild in Film und TV” einen modernen Strang der Franziskus-Rezeption im 20. Jahrhundert nach. Indem sich dieses Kapitel auf ein Medium beschränkt, gelingt es dem Autor eindrücklich, die unterschiedlichen Zugangsweisen der filmischen Verarbeitung herauszustellen. Das „Resümee” (Kapitel 9) zieht den großen Bogen von den Zeitgenossen des hl. Franziskus – die sich in ihrem Verhalten dem Poverello gegenüber größten Schwierigkeiten ausgesetzt sahen, wollten sie diese Ausnahmepersönlichkeit angemessen verstehen – über die Jahrhunderte des späten Mittelalters und der Neuzeit bis in die Gegenwart, in denen sich der Heilige aus Assisi nach wie vor – sogar interreligiös – größter Anerkennung erfreut.

Dem Werk ist ein umfangreicher Anhang mitgegeben worden. Zunächst bietet der Autor, geordnet nach der Abfolge der Kapitel, die Identifikation der Zitate sowie jeweils weiterführende bibliographische Hinweise an. Ein umfangreiches Abkürzungsverzeichnis, in dem zumal die Quellen aufgelistet werden, so dass im laufenden Text leicht auf sie zu verweisen ist, geht dem vollständigen Quellen- und Literaturverzeichnis voraus. Den Abschluss bildet eine sehr instruktive und detailreiche Zeittafel, reichend von der Geburt des Franziskus (1180/1) bis zur Kanonisation Klaras (1255).

Es handelt sich um ein reifes Werk, das der Autor hier vorlegt. Die Vertrautheit mit der Person, die ihn bei seiner Darstellung offensichtlich bewegt, überwältigt aber nicht die geschichtswissenschaftlich saubere Argumentation und beeinträchtigt noch weniger die abwägende Gewichtung der Quellen. Im Mittelpunkt des Werkes steht die Person des Poverello von Assisi zusammen mit der konfliktuellen Weitergabe seiner Berufung in die von ihm selbst gegründete Gemeinschaft hinein, welche zu jahrhundertelang umkämpften divergierenden Rezeptionen führte, die Franziskus selbst nicht zu verhindern wusste. Der ursprünglich religiöse Impuls, der den Poverello inspirierte, wurde ohne jedwede Mäßigung der Geschichte ausgesetzt: So lässt sich das vom Autor entworfene franziskanische Panorama zusammenfassen.

Diese sympathische Einführung in das Christentum, exemplarisch durchgeführt am armen Franziskus, kann von jedermann mit großem Gewinn gelesen werden und wird deshalb wärmstens empfohlen: Sie dient vertiefend historischer Kenntnis; sie vermittelt überzeugend Verständnis für die Botschaft des Christentums; sie lässt das persönliche Drama des Protagonisten bestürzend klar hervortreten.

Der sanfte Rebell
Stuttgart: Reclam Verlag. 2017
298 Seiten
24,00 €
ISBN 978-3-15-011146-8

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