Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Erich Garhammer: Und er bewegt sie doch

Wie Papst Franziskus Kirche und Welt verändert

Erich Garhammer legt keine Biografie des amtierenden Papstes vor, sondern versucht, die Veränderung von Kirche und Welt durch Franziskus an Beispielen aufzuzeigen. Er mutmaßt, warum Benedikt XVI. zurückgetreten ist, und schildert dann den Auftritt des neuen Papstes. Länger wird zitiert, wie der neue Papst sich in kurzen Antworten auf kurze Fragen charakterisiert. Auf einige Motive aus dem Interview geht Garhammer näher ein: Die Großmutter Jorge Bergoglios, die Liedform der Milonga, die Rede im Vorkonklave, in der es um die Deutung des II. Vatikanischen Konzils geht, und die Erinnerung an Papst Johannes XXIII. Mehr in die Tiefe gehen Erörterungen über das Verhältnis Jorge Bergoglios zum Jesuitenorden, zur ignatianischen Spiritualität, zum Jesuitengeneral Pedro Arrupe (1907-1991) und zu Peter Faber (1506-1546), den Papst Franziskus am 7. 12. 2013 per Dekret heiliggesprochen hat.

Der Verfasser stellt das umfangreichste Kapitel des Buches über den Kampf um das II. Vatikanische Konzil unter die Überschrift: „Papst Franziskus – der Knotenlöser“. Damit spielt er auf ein Bild von Johann Schmittner (1625-1705) in der Wallfahrtskirche St. Peter und St. Felizitas in Augsburg an. Es zeigt die von Engeln umgebene Mondsichelmadonna, die ein vielfach verknotetes weißes Band aufmerksam entknotet. Als Jorge Bergoglio in Deutschland studierte, bekam er eine Postkarte mit diesem Bild; zurück in Argentinien veranlasste er eine Kopie des Bildes für die Kirche San José in Buenos Aires – und erwähnte es im Gespräch mit der ZEIT vom 3. März 2017 als Symbol seiner Methode.

Garhammer sieht einen Riss in der Biografie Josef Ratzingers, der ja als Berater von Kardinal Frings mit dafür sorgte, dass das Konzil mehr wurde als ein Abnicken der von den römischen Behörden vorbereiteten Dokumente, sich nach dem Konzil aber zum Konzilskritiker entwickelte. Verschiedene Stimmen kommen zu Wort, die Unzufriedenheit mit der Liturgiereform des Konzils äußern, und Garhammer zeigt, wie Benedikt XVI. diesen Bedenkenträgern entgegenkam. Franziskus hingegen bezeichnet diese Reform der Reform als „Irrtum“ und gibt dem frühen Josef Ratzinger und Papst Johannes XXIII. gegen den Kurienkardinal Ratzinger und Papst Benedikt XVI. Recht.

Garhammer sieht Franziskus als den ersten Papst, der die Medien nicht als Störenfriede ansieht, sondern als Experten und Mitwisser anspricht und damit der Pastoralinstruktion „Communio et Progressio“ (1971) gerecht wird.

Ausführlich geht es schließlich um die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten. Vorstöße von Theologen und Bischöfen seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts werden der Enzyklika „Familiaris Consortio“ (1981) und ihrer Verteidigung durch das Lehramt gegenübergestellt. Für seine Schlussansprache zur Familiensynode vom 25.10.2015, die Predigt im Abschlussgottesdienst und das Schreiben „Amoris Laetitia“ (2016) lobt der Verfasser den Papst mit der Begründung, dass nunmehr Barmherzigkeit der hermeneutische Schlüssel für den Gang der Synode und für die Kirche insgesamt sei. Fazit: „Der Knoten ist gelöst“.

Im abschließenden Kapitel kommt Garhammer auf die Grundhaltungen des Papstes zu sprechen, der das Bischofsamt als Wächteramt versteht, der an den Bischöfen den Geruch der Schafe wahrnehmen will und der durch die Einfachheit seines Lebens und besondere Akzente wie den Besuch der Insel Lampedusa die zentrale Botschaft der Barmherzigkeit augenfällig vorlebt. Das Buch endet mit den Worten: „Danke, Papst Franziskus.“

Würzburg: Echter Verlag. 2017
160 Seiten
12,90 €
ISBN 978-3-429-04352-0

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