Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Georg Langenhorst: Auferweckt ins Leben

Ostern löst Eiertänze bei Theologen aus. Sie sehen sich vor dem Dilemma, einerseits den in der Bibel und in einer zweitausendjährigen Tradition bezeugten Glauben an die Auferstehung Jesu Christi bewahren zu wollen, während andererseits ihre aufgeklärte Vernunft mit dem Wissen um dessen mythischen Hintergrund ihren Glauben auf die Probe stellt. Georg Langenhorst ist sich dieses Dilemmas bewusst. Da die nicht mehr als historisch wahr geglaubten Mythen zur Literatur werden, sucht er mit dem literaturwissenschaftlichen Instrumentarium heutiger Textanalyse eine ansatzweise Auflösung dieses Dilemmas. Um es vorwegzunehmen: Überzeugend gelingt ihm dies nicht.

„Real – aber un(be)greifbar“, lautet seine Lösung. „ Alle österlichen Erzählungen ... erzählen von etwas, das sich der Sprache und dem rationalen Verstehen entzieht. Und doch von Realem spricht, von der tiefsten Wirklichkeit, die denkbar ist“ (57). Bei diesem Tanz verliert der Begriff Realität seine Kontur, an seine Stelle treten Betroffenheitsformeln und die Syntax gerät aus den Fugen. Wäre es nicht ehrlicher, dem Mythos seine eigene Wahrheit zuzugestehen und auf historische Verifizierung ganz zu verzichten. Langenhorst scheint vor diesem letzten Schritt der Mut zu verlassen, obwohl seine Methode, mit literaturwissenschaftlichen Instrumenten die Ostertexte der Bibel zu interpretieren, genau in diese Richtung weist.

Trotz dieser grundsätzlichen Kritik dürfen die vielen positiven Seiten und der Nutzen des Buches für Katecheten und den religiös ansprechbaren Leser nicht übersehen werden. Getragen ist das Buch des Professors für Religionspädagogik an der Universität Augsburg von dem Motiv, Ostern als den Kern des christlichen Glaubens Kindern und Jugendlichen, Gläubigen wie Nicht-Gläubigen verständlich zu machen und dessen zentrale religiöse Bedeutung gegenüber dem in der Volksfrömmigkeit ungleich tiefer verwurzelten Weihnachtsfest ins Bewusstsein zu heben. Wie dies in den unterschiedlichen pastoralen Handlungsfeldern vom Kindergarten bis zur Erwachsenenkatechese geschehen kann, dazu bietet das Buch zahlreiche Anregungen und Hilfen. Seine zwölf Kapitel enthalten neben einer hermeneutischen Grundlegung (Hinführung) eine den heutigen Stand der Exegese spiegelnde Darstellung der biblischen Auferstehungszeugnisse und eine Beschreibung des Osterfestkreises mit seinen Feiertagen, seiner Liturgie und seinem Brauchtum. Anschaulich und anregend für die Katechese und die Spiritualität des Lesers fallen die Porträts zu den biblischen Personen aus, die in die Vorgänge um Tod und Auferstehung Jesu involviert sind: Pilatus, Petrus, Judas, Thomas der Zweifler, Paulus und die Emmausjünger.

Die einzelnen Kapitel werden mit einem „meditativen Zugangstext“ des Autors als Einstimmung eröffnet, referieren dann den Stand der Forschung zu den Bibeltexten und ergänzen diese durch Einsichten aus anderen Feldern der Theologie, der Religionsgeschichte und des Brauchtums. Das Ganze wird dargeboten in einer leserfreundlichen, unprätentiösen Sprache. Dem spirituellen Anliegen des Autors, den Osterglauben für heute fruchtbar zu machen, dienen die jedem Kapitel beigegebenen Gedichte oder meditativen Besinnungen heutiger Autoren, die je auf ihre Weise versuchen, sich mit Ostern auseinanderzusetzen.

Dass der Autor mit seinem „Oster-Buch“ mehr bezweckt als Information, zeigt auch dessen sorgfältige und liebevolle Gestaltung: Hardcover, Vignetten, Lesebändchen und rote Schrifttypen für die Kapitelüberschriften. Früher hätte man ein solches Buch ein „Erbauungsbuch“ genannt. Da mir kein besserer Begriff einfällt, möchte ich es bei dieser Charakterisierung belassen, aber ohne alle negativen Konnotationen, die diesem Genre anhaften.

Die Osterbotschaft neu entdeckt
Freiburg: Herder Verlag. 2018
288 Seiten m. s-w- Abb.
25,00 €
ISBN 978-3-451-37801-0

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