Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Gregor Weigand: Interreligiöses Lernen im Katholischen Religionsunterricht der gymnasialen Oberstufe

Einen Kurs im Fach Katholische Religion zum Abitur führen, in dem fast ein Fünftel muslimische Schülerinnen und Schüler sitzen? Eine besondere Herausforderung für den Lehrer, aber auch für die Lernenden. Wie das im Rahmen der vorgeschriebenen Themen des Lehrplans mit sich ergebenden interreligiösen Bezügen funktionieren kann, beschreibt Gregor Weigand in seinem Praxisbericht. Darin wird deutlich, dass es ihm vor allem um die Wahrnehmungen der Gemeinsamkeiten der Religionen geht. In den von ihm immer wieder religionssensibel initiierten interreligiösen Lernprozessen sieht er ein Modell, eine Vision für eine multireligiöse Zukunft in Deutschland.

Eine kleine Schwierigkeit für die eigene Arbeit mit dem Praxisbuch ist, dass es auf Grundlage des Lehrplans Katholische Religion des Hessischen Kultusministeriums von 2010 entstanden ist. Die Inhalte lassen sich jedoch größtenteils problemlos in das Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe Katholische Religion des Hessischen Kultusministeriums vom 01.08.2016 bzw. in die Lehrpläne anderer Bundesländer integrieren.

Der Verfasser beschreibt zunächst seine Herangehensweise an die besondere Herausforderung der Schülerschaft und wie er zu den inhaltlich-thematischen Schwerpunkten der Kurshalbjahre gekommen ist. Dabei dienten ihm einerseits die Lehrplanvorgaben, andererseits die Ergebnisse einer Befragung der Lernenden sowie aktuelle Ereignisse des Weltgeschehens als Grundlage. Folgende interreligiöse Schwerpunkte wurden in den Kurshalbjahren gesetzt:

E1: Fastenzeiten und Feste in Judentum, Christentum und Islam; Konfliktregion Naher Osten; Bestattungsriten der Religionen; Vorstellungen vom Leben nach dem Tod in den Religionen.

E 2: Bibel und Koran: die gemeinsamen Wurzeln der drei abrahamitischen Religionen, u.a. am Beispiel Abraham/Ibrahim.

Q1: Jesus im Koran; die Bergpredigt und die Frage nach Gewalt und Gewaltlosigkeit.

Q2: Friedenspaziergang durch Wiesbaden an wichtige Orte der drei abrahamitischen Religionen.

Q3: aktuelles Weltgeschehen; Spielfilm: „Von Menschen und Göttern“.

Q4: Barmherzigkeit in interreligiöser Perspektive.

Darüber hinaus ergänzen die Aufgabenstellungen der mündlichen Abiturprüfungen und der interreligiöse Abiturgottesdienst die Inhalte des Praxisberichts. In der ausführlichen Materialsammlung finden sich die Texte aus dem Unterricht sowie die Klausuren, inklusive Erwartungshorizonte und Stundenprotokolle. Weitere Verweise auf die Quellen der genutzten Materialien finden sich praktischerweise in den Fußnoten des Textes.

Insgesamt scheint es dem Autor gelungen zu sein, im Rahmen seines Unterrichts die Schülerinnen und Schüler zu einem friedvollen und inhaltsreichen interreligiösen Dialog zu führen, der über das Abitur hinaus wirken kann. Die interreligiöse Perspektive wurde durch deren Beiträge in Form von Hausarbeiten, Referaten und Präsentationen beigesteuert, die einen zweiten Leitungsnachweis in dem jeweiligen Halbjahr ersetzten. Die Ideen, Anregungen und Materialien lassen sich sicherlich gut in den eigenen Religionsunterricht in der Oberstufe integrieren, selbst wenn die Lerngruppe in ihrer Zusammensetzung keine direkte interreligiöse Perspektive mitbringt.

Ein Bericht aus der Praxis mit Unterrichtsmaterialien
München: GRIN Verlag. 2018
96 Seiten m. s-w Abb.
€ 44,99
ISBN 978-3-668-66310-7

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