Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hartmut Sommer: Unsterbliche Seele?

Antworten der Philosophie

Hans Goller beginnt, eine Stärke seines Buches, mit einem Kapitel über die Seele in unserer Alltagssprache, das in der Feststellung kulminiert: Über die Seele sprechen wir in Metaphern. Wäre diese Einsicht doch nur mehr berücksichtigt worden!

Der Verfasser fährt in seinen beiden folgenden Kapiteln fort mit Referaten aus der Geschichte der Psychologie – namentlich Freud, Skinner, Pawlow und Rogers – und der Neurowissenschaften: Er referiert ältere und neuere Untersuchungen an Menschen mit geteiltem Hirn, was durch Zerschneiden der Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften oder zwischen Stirnhirn und Stammhirn zustande kam. Die Untersuchungen werden nicht kritisiert oder auf ihre Aussagefähigkeit in der Frage nach der Seele kritisch überprüft.

Wenn Goller in den Folgekapiteln die verschiedenen Annahmen zu einer Verbindung zwischen immaterieller Seele und materiellem Gehirn durchgeht, spielen die vorhergehenden Kapitel keine Rolle mehr, und es werden andere Autoren referiert, etwa Bieri. Ähnlich unabhängig von den anderen Überlegungen präsentiert sich das abschließende Kapitel, in dem die Bandbreite theologischer Möglichkeiten aufgezeigt wird, sich der Frage nach dem Weiterleben der Seele im Tod zu stellen.

Hartmut Sommer schreibt deutlich knapper und konzentriert sich auf das philosophische Fragen nach der Seele, nicht ohne eingangs auf die Erfahrungen zu reflektieren, die den Menschen seit je auf die Frage nach der Seele gestoßen haben.

In seinem Hauptkapitel geht der Verfasser systematisch vor: Der Monismus, der nur eine Seinswirklichkeit gelten lassen will, wird in den Spielarten des Materialismus, Panpsychismus und Idealismus durch die jeweils wichtigsten Vertreter vorgestellt und gründlich kritisiert. Sommers Präferenz liegt in einer Wiederbelebung des Hylemorphismus, den er zusammen mit Parallelismus und Okkasionalismus, die er ablehnt, zu den dualistischen Ansätzen stellt. Für ihn ist die Seele Form des Körpers und zugleich eigenständige unzerstörbare individuelle geistige Substanz.

Wenn er diese Perspektive entwickelt, spricht Sommer für meinen Geschmack etwas zu oft von „nachweisen“. „Form“ und „Substanz“ sind plausible Vergleiche für eine „Seele“, die beides ist: Innigst mit dem Körper verbunden und doch vom Körper unabhängig. So weit, so gut; aber wenn Sommer die Seinsweise der vom Körper getrennten Seele darzustellen versucht, wird es schwer, zu begreifen, warum sich dieses von aller materiellen Begrenztheit befreite rein geistige Wesen nach einem Leib – und sei es ein verklärter – zurücksehnen sollte.

Was uns das Christentum verspricht, ist aber gerade dies: Ich will im Tod vertrau ‘n, dass ich in meinem Leibe soll meinen Gott anschau ‘n. Dieses Vertrauen wird gestärkt, wenn die in der Regel durch ungedeckte Wechsel auf die Zukunft begründeten Ansprüche eines neurowissenschaftlich argumentierenden Materialismus zurückgewiesen werden. Das macht Sommer knapper und präziser als Goller. Seine Wiederbelebung des Hylemorphismus hat mich nicht recht überzeugt.

Kevelaer: Butzon & Bercker Verlag. 2016
158 Seiten
9,95 €
Hans Goller
Das Rätsel Seele
Was sagt uns die Wissenschaft?

Kevelaer: Butzon & Bercker Verlag. 2017
336 Seiten m. s-w Abb.
25,00 €
ISBN 978-3-7666-4319-3

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