Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Helen Schüngel-Straumann / Klaus Berger: Geist Gottes

Der Heilige Geist gehört allen Rufen zum Trotz immer noch zu den vernachlässigten Themen in der Theologie. Daher ist es sehr erfreulich, dass sich der neue Band in der Reihe „Die Neue Echter Bibel Themen“ dem Geist Gottes widmet. Wie alle Bände dieser Reihe ist auch dieses Buch zweigeteilt. Der erste Teil behandelt die Frage nach dem Geist im Alten Testament und ist von der feministischen Exegetin Helen Schüngel-Straumann verfasst worden. Der neutestamentliche Teil wurde von Klaus Berger geschrieben. Ein kurzes Schlusskapitel versucht beide Teile des Buches miteinander ins Gespräch zu bringen. In diesem Schlusskapitel kommt die Exegetin zu folgendem Ergebnis: „Die beiden Beiträge […] sind sehr unterschiedlich ausgefallen.“ (133) Dies gilt in Bezug auf die Methodik und die Qualität der Beiträge.

Der alttestamentliche Teil geht weitgehend historisch vor. Nach sprachlichen Betrachtungen – vor allem hinsichtlich der verschiedenen grammatischen Genera von „Geist“ bzw. „Atem“ – wird der Geist Gottes bei den Propheten, dann in der Schöpfung und abschließend in der weisheitlichen Literatur vorgestellt. Deutlich weist die Verfasserin auf die Differenz zwischen alttestamentlichen Aussagen zur ruach JHWH und zu modernen Fragestellungen hin, da das Alte Testament ganz andere Interessen verfolge. Dies gelte auch für dogmatische Fragen wie z. B. die, ob Geist Gottes im AT mit der dritten Person der Trinität gleichgesetzt werden könne, wozu sich Frau Schüngel-Straumann verhalten äußert.

Sehr positiv amalttestamentlichen Teil fallen die Exegesen von prominenten und weniger prominenten Texten ins Gewicht. Ausführlich wird beispielsweise Ps 104 vorgestellt, nach dessen Theologie die ruach Gottes als Brücke zwischen Himmel und Erde verstehen sei, durch die Gott Leben schaffe und mit seinen Lebewesen in Beziehung bleibe. Aber auch unbekanntere Stellen zur ruach Gottes wie Sir 1 und Sir 24 kommen ausführlich zu Wort. Des Weiteren stellt die Verfasserin den engen Zusammenhang zwischen ruach JHWH und der Weisheit heraus, wobei offengelassen wird, ob beide Größen miteinander identifiziert werden können.

Insgesamt dient dieser Teil als eine gute und verständliche Darstellung der alttestamentlichen Aussagen zum Geist Gottes. Selbst wer sich der Theologie feministischer Prägung nicht verbunden fühlt, kann diesen Text gut lesen, um über Grundzüge des Geistes Gottes nach dem Alten Testament kurz und prägnant informiert zu werden. Ob die Vernachlässigung der weiblichen Perspektive zu einem „Aschenputteldasein“ (62) von Gottes Geist geführt hat, bedarf allerdings weiterer Diskussionen.

Der neutestamentliche Teil von Klaus Berger geht nicht historisch, sondern systematisch vor. Aufgeteilt wird der Stoff dabei zunächst in Aussagen über das worthafte und unsichtbare Wirken des Heiligen Geistes und dann über das sichtbare Wirken, wobei sich die Gliederung an der je gestuften Sichtbarkeit des Geistwirkens orientiert. Überzeugen vermag diese Aufteilung des Stoffes nicht, da das Empfinden der gestuften Sichtbarkeit durchaus variieren kann. Eine Darstellung anhand der kanonischen Reihenfolge der biblischen Bücher oder anhand ihrer Entstehungszeit wäre hilfreicher gewesen.

Auffällig ist die Vermischung der Analyse von biblischen Texten mit Gebeten an den Heiligen Geist aus der Tradition der Kirche, womit der Verfasser wohl der These von der Bedeutungslosigkeit des Heiligen Geistes im Leben der Kirche gegensteuern möchte. So wichtig eine Berücksichtigung der Liturgie in der Theologie ist, so wenig hilfreich ist das hier gewählte Vorgehen im Kontext einer Einführung, die das Neue Testament nach dem Wesen und Wirken des Heiligen Geistes befragt. Daher kann dieser Teil nicht zur Lektüre empfohlen werden, wenn es darum geht, kurz und bündig profunde Information über das Wesen und Wirken des Heiligen Geiste im Neuen Testament zu bekommen. Somit bestätigt sich, dass die beiden Teile des Buches sehr unterschiedlich ausgefallen sind.

Neue Echter Bibel – Themen 12
Würzburg: Echter Verlag. 2017
143 Seiten
14,40 €
ISBN 978-3-429-02178-8

Zurück