Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Isaac Kalimi: Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theologie

Das 380-seitige Opus von Isaac Kalimi, Forschungsprofessor der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist für den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe (vgl. Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe: E2 „Gotteswort als Menschwort" und Q2 „Gott – verborgen und offenbar") und prinzipiell für den Verkündigungsauftrag der Kirchen im Hinblick auf das jüdische Schriftverständnis der Hebräischen Bibel im Rahmen des christlich-jüdischen Dialogs im Sinne der interkulturellen bzw. interreligiösen Begegnung sehr lesenswert.

Seit Ende des 2. Jahrhunderts bezeichnen wir Christen – die ersten Christen waren allesamt Juden – in Anlehnung an 2 Kor 3,14 den „TaNaK" fälschlicherweise als „Altes Testament". In den ersten sechs Kapiteln legt der Verfasser die Bindung bzw. Opferung Isaaks im Zusammenhang mit der Akedah auf dem Zion (bzw. Garizim) (1. Teil, 25–138) und die Geschichte Josefs (2. Teil, 139–194) als exemplarische Zeugnisse jüdischen Glaubens in Geschichte und Gegenwart aus seiner Sicht als Jude aus. Der Schlussteil (3. Teil, 195–272) reflektiert zum einen die Modelle jüdisch-biblischer Theologie als „Aufgaben und Herausforderungen" im 7. Kapitel und vertieft zum anderen im 8. Kapitel „die Aufgabe der Theologie der Hebräischen Bibel/des Alten Testaments" seitens des Judentums und Christentums. Die Folge: Weder kann ein absoluter und exklusiver Wahrheitsanspruch von irgendeiner Seite – intern wie extern – erhoben werden, noch kann auf der Grundlage der gemeinsamen Heiligen Schriften ein christlicher Antijudaismus infolge einer „anti-jüdischen Theologie" (22) bzw. in Form „christlicher Ignoranz und Arroganz" (207) aufkommen. Gerade die andere hermeneutische Perspektive des jüdischen Bibelwissenschaftlers mithilfe dreier nicht vollständig kompatibler, sich ergänzenden Modelle der Schriftauslegung – das diachrone (die Textentwicklung), das synchrone (die Endtextbetrachtung des masoretischen Textes als „Ganzes") und das konfessionelle (jüdische und christliche subjektive Deutung) Modell – können entweder die jüdischen bzw. christlichen Aspekte der Interpretation untermauern oder korrigieren bzw. „neutralisieren" (22). Im Unterschied zur subjektiven jüdischen „Pluralität der Theologien" (271) auf der Grundlage der schriftlichen und mündlichen Thora wird die Hebräische Bibel von Christen meist als theologische „Vorgeschichte“ (248) und nach dem Schema „Verheißung – Erfüllung“ betrachtet.

Schlussfolgerungen im 9. Kapitel (273-279), eine Bibliografie (281-308) sowie ein Quellen-, Autoren- und Sachregister (309–380) runden Isaac Kalimis gelungene „Untersuchungen zur jüdischen Schriftauslegung und Theologie" ab.

Bindung Isaaks, Geschichte Josefs und Biblische Theologie
Würzburg: Echter Verlag. 2018
380 Seiten mit Abb.
39,00 €
ISBN 978-3-429-04478-7

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