Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Joachim G. Piepke: Ein befreiender Gott ist anders

Fragende und suchende Menschen, vor allem solche in der dichtesten Bedrängnis des Glaubens, forderten und fordern die Theologie geradezu heraus, die Gottesfrage immer wieder neu zu durchdenken und zu ihrem zentralen Inhalt werden zu lassen. In jeder Geschichtsepoche, so auch in der Welt von heute, hat die Theologie deshalb die ureigene Aufgabe und das Vermächtnis, den Gott zur Sprache zu bringen, der sich uns in Jesus Christus geoffenbart hat.

Vor diesem Hintergrund lassen der Titel des Buches – Ober- wie auch Untertitel – aufhorchen und, dies sei vorweggesagt, enttäuschen am Ende der Lektüre nicht. Vielmehr hält und löst der Titel des Buches ein, was der Autor Joachim G. Piepke SVD, emeritierter Professor für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Steyler in St. Augustin, verspricht: Ein befreiender Gott ist immer der „ganz Andere“. Der befreiende, heilende Gott lässt – in der je eigenen Glaubensbiographie – den Glaubenszweifel zu, ein solcher barmherziger und sich liebend offenbarender Gott entschärft und nimmt die oftmals tiefsitzenden Ängste in den Dunkelheiten des Glaubenslebens hinweg. Ein befreiender Gott sorgt und führt ein in ein tieferes Verstehen und Verständnis der bestehenden Glaubenssätze, die in der theologischen Disziplin der Dogmatik in all ihren Traktaten reflektiert werden.

Joachim G. Piepke hat mit seiner vorgelegten Abhandlung – komplizierte Sachverhalte werden darin verständlich dargelegt und wiedergegeben – nicht nur ein für Theologen verfasstes Buch geschrieben, sondern besonders an die Zielgruppen gedacht, die des theologischen Sprachstils nicht mächtig sind. Methodologisch geht der Autor, der mit diesem Buch die Summe seines dogmatischen Lehrens und Schaffens vorlegt, induktiv, ja mystagogisch vor. Die konkrete Lebenssituation bedenkend, wird der Weg des Glaubensgutes beschritten und die wichtigsten Glaubensüberzeugungen entwickelt.

Auf diese Weise, so Piepke in seinem Vorwort, entstand ein „Ablauf der Kapitel, der mit der Frage nach Unheil und Heil beginnt und mit der Frage nach Gott endet“. „Unheil und Heil“ ist das erste Kapitel überschrieben. Ein Antwortversuch, Gottes Heilszuwendung, folgt im zweiten Kapitel. Diese Heilszuwendung kristallisiert sich konkret aus in den beiden folgenden Kapiteln, die die „Sakramente – Zeichen der Heilsgegenwart Gottes“ und die „Heilsgemeinschaft“, die Kirche, bedenkt. Das Nachdenken über Gottes Heilszusage und Heilszuwendung verweist folgerichtig auf die Kapitel „Universum, Evolution und Schöpfung“ und „Endgültigkeit“. Das Nachdenken über Tod und Endgültigkeit leitet zum letzten Kapitel über, zu dem, den wir Christen als den dreieinen Gott bekennen. In seinen Schlussüberlegungen, wie auch in den Kapiteln zuvor, stellt der Autor sehr schön heraus, dass das Christentum Teil der Religionsgeschichte der Menschheit ist. Für ihn ist Theologietreiben ohne Kenntnis der Religionen und Kulturen nicht möglich. Ausdrücklich würdigt der Autor die Kulturgeschichte der Menschheit und die Traditionen der nichtchristlichen Religionen.

Mit seinem „opus magnum“, das mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis, Personen- und Sachregister endet, hat der Theologe und Ethnologe, der Grenzgänger Joachim G. Piepke, ein Buch vorgelegt, das neue Perspektiven eröffnet, die Weite eines theologischen Denkens atmet und ein befreiendes Gottesbild vermittelt.

Für Menschen, die an der Kirche verzweifeln
Sankt Ottilien: EOS – Editions Sankt Ottilien. 2017
753 Seiten
49,95 €
ISBN 978-3-8306-7846-5

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