Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Johannes Oeldemann: Die Kirchen des christlichen Ostens

Seit Jahrzehnten wächst die Zahl der orthodoxen und orientalischen Christen in Deutschland. Durch die Wanderungswellen seit dem Zweiten Weltkrieg, durch Gastarbeiter und Spätaussiedler, durch Flüchtlinge vom Balkan und dem Nahen Osten, aber nicht zuletzt auch durch Priester aus Indien sind die orthodoxen Kirchen uns nahe gekommen.

Johannes Oeldemann vom Johann-Adam-Möhler-Institut in Paderborn führt kenntnisreich in die Vielfalt der östlichen Kirchen ein. Ausgehend von den Regionen, in denen die östlichen Riten des Christentums präsent sind, stellt er zunächst deren Geschichte vor. Im Nahen und Mittleren Osten ist das Christentum entstanden und hat sich von dort aus nicht nur im Römischen Reich, sondern im Kaukasus und in Persien, im afrikanischen und griechischen Kulturkreis, in Südost- und Osteuropa und in Indien verbreitet. Dabei kam es zur Ausbildung unterschiedlicher Weisen, Gottesdienst zu feiern, oft verbunden mit theologischen Differenzierungen, die auf die ersten Konzilien der Christenheit zurückzuführen sind. Erst in den letzten zwei Jahrhunderten kam es zur Ausbreitung des östlichen Christentums in den westlichen Ländern, vor allem in Nordamerika.

In einem zweiten Abschnitt differenziert Oeldemann die Kirchen des Ostens. Im Mittelalter war die Assyrische Kirche des Ostens die größte christliche Konfession mit einer Ausdehnung bis nach China, heute nur noch eine Minderheitenkirche im Irak. Aus den christologischen Streitigkeiten nach dem Konzil von Chalcedon entstanden die orientalisch-orthodoxen Kirchen. Die orthodoxen Kirchen bildeten sich aus der Entfremdung mit der lateinischen Kirche und erkennen heute den Ehrenvorsitz des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel an, obwohl sie sonst in einer Vielfalt von nationalen Kirchen existieren. Der heute kritisch betrachtete „Uniatismus“ führte im zweiten Jahrtausend des Christentums aus den orientalischen und orthodoxen Kirchen einzelne Gruppen wieder in die Gemeinschaft mit der katholischen Kirche unter Beibehaltung ihrer liturgischen und rechtlichen Eigenheiten.

Die Einheit der östlichen Kirchen bei aller Pluralität zeigt sich im Glauben, in der Betonung der Liturgie der Feier der Sakramente, der Verehrung der Ikonen und einer mystisch geprägten Spiritualität. Differenzen sind bis heute im Kirchenjahr und im Kalender gegeben. Die große Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen wurde im langen Weg zu einem Panorthodoxen Konzil (2016 in Kreta) offenkundig. Die innerorthodoxe Ökumene ist seit einigen Jahrzehnten auf den Ökumenischen Rat der Kirchen und die katholische Kirche ausgedehnt.

Über zwei Millionen Gläubige gehören in Deutschland einer der Kirchen des Ostens an. Oeldemanns Einführung hilft zu differenzieren und zu verstehen.

Orthodoxe, orientalische und mit Rom unierte Kirchen
Kevelaer: Verlagsgemeinschaft topos plus. 4., erweiterte Auflage 2016
240 Seiten
17,95 €

ISBN 978-3-8367-0020-7

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