Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Julia Knop / Stefanie Schardien: Heute christlich glauben. Der Leitfaden für die Ökumene im Alltag

Auf dem Klappentext des vorliegenden Bandes heißt es im ersten Satz: „Die Ökumene ist weit vorangeschritten.“ Damit wird der Stand der Ökumene richtig beschrieben, allerdings bräuchte es die Vergewisserung über den Stand der Ökumene und erst recht einen Leitfaden für die Ökumene im Alltag nicht, wenn dies schon die ganze Wahrheit wäre. Das Buch reagiert nämlich nicht alleine auf das Bedürfnis, sich über die einenden und trennenden Positionen zwischen evangelischen und katholischen Traditionen zu verständigen. Es reagiert stärker noch auf die gravierenden Veränderungen der kirchlichen Landschaft insgesamt. Insofern könnte der erste Satz des Klappentextes variierend gesagt werden: Die Säkularisierung ist weit vorangeschritten. Es scheint nämlich, als sei dies die Hintergrundfolie des gesamten Buches.

In der Anlage einem Lehrbuch nicht unähnlich werden zentrale Traditionen, Handlungsfelder, Kontroversen und Gegenstandsbereiche in den ökumenischen Auseinandersetzungen bearbeitet. Die Form allerdings ist sehr werbend, leserfreundlich und bietet eine gute Grundlage einer Information über die jeweiligen Sichtweisen. Damit ist die Stärke des Buches ebenso gekennzeichnet wie die Schwäche. In dem Anliegen der breit angelegten Einweisung in beide Perspektiven geht nämlich ein wenig Tiefenschärfe verloren. Die Lektüre bietet eine gute Orientierung, lässt jedoch zugleich Brennpunkte vermissen. Solche Brennpunkte müssen nicht unbedingt zwischen den ökumenischen Partnern stattfinden. Es ließen sich auch solche markieren, wo beide im gesellschaftlichen Diskurs deutlich Stellung beziehen oder wenigstens beziehen müssten. Im Kapitel D1 gibt es einige Hinweise darauf. Was aber ist mit biblischen Texten? Hilft die Unterscheidung in unterschiedliche Strukturierung der evangelischen und katholischen Bibelausgaben im ökumenischen Dialog wirklich weiter? Bräuchte es womöglich eine stärkere Vermittlung in heute drängende Fragen? Ähnliches ließe sich zum Kapitel B fragen.

Insgesamt ist das vorliegende Buch stark einer ökumenischen Binnenperspektive geschuldet und folgt damit freilich konsequent dem eigenen Anspruch. Es handelt sich um den Versuch, zentrale Fragen, Themen und Probleme einer breiten Leserschaft in unterschiedlichen Feldern zugänglich zu machen. Damit zeigt es einen starken Zug zur Einweisung in die theologischen Grundstrukturen der beiden Konfessionen, was beinahe schon katechetische Dimensionen annimmt. So bleibt es aber im Binnendiskurs angesiedelt und lässt die Chance einer ökumenischen Vergewisserung nicht gegen die säkulare Welt, sondern in ihr weitgehend ungenutzt.

Eine vertiefte Auseinandersetzung vor allem in Richtung einer weltweiten Ökumene würde andere Fragen stellen, andere Problembereiche identifizieren, andere Reaktionen notwendig machen. Insofern bleibt es ein sehr binnenkirchlicher Versuch, unter den Bedingungen fortgeschrittener Säkularität das Wissen über die beiden großen christlichen Konfessionen zu erhöhen. Das ist im Anliegen gelungen; ob es reicht, bleibt fraglich.

Freiburg: Herder Verlag. 2019
175 Seiten m. farb. Abb.
18,00 €
ISBN 978-3-451-38468-4

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