Jutta Koslowski: Die Ikone der Heiligen Dreifaltigkeit des Andrej Rublev

Während westliche Theologie die Trinitätslehre vornehmlich als Gegenstand theologischer Spekulation betreibt, stellt die evangelische Theologin Jutta Koslowski das Mysterium der Dreifaltigkeit als Brennpunkt russisch-orthodoxer Liturgie vor – einzigartig geschrieben im 15. Jahrhundert durch den Mönch Andrej Rublev (Rubljov).

Einer kurzen Exegese des biblischen Referenztextes der Ikone in Genesis 18 folgt eine bebilderte kunstgeschichtliche Revue des Themas, geschichtlich verortet in die zeitgleich zur Entstehung der Dreifaltigkeitsikone sich ereignende Nationbildung Russlands im Kampf gegen die Tartaren und die trinitätstheologische Formung der Religiosität der Russen durch deren Nationalheiligen Sergiej von Radonesh.

Vielfältige ineinandergreifende Kompositionsschemata, Informationen zur Bedeutung der Farbgebung und Erläuterungen zur Frage nach der Identifizierung der Personen der Dreifaltigkeit mit den dargestellten Engeln korrespondieren mit allgemeinen Erörterungen zur Theologie der Ikonen und ihrer dogmatischen Verankerung in der Russisch-Orthodoxen Kirche. Anhand einer Ikone aus dem russischen Kulturkreis gelingt es der Autorin, dem Leser ein anfängliches Gespür für Frömmigkeit und Lehre der Ostkirchen insgesamt zu vermitteln, um einer oberflächlichen Rezeption von Ikonen zu wehren – ein gelungenes Fallbeispiel, um gerade einen abendländischen Ikonenliebhaber oder -interessierten von einem ästhetischen Bildgenuss zu einer gelebten Frömmigkeit anzuregen.

Gegenüber diesem präzisen Kompendium an Ikonentheologie kommt das Schlusskapitel rudimentär und blass daher. Es fragt angesichts einer überkonfessionellen Rezeption der Dreifaltigkeitsikone nach deren ökumenischer Relevanz heute. Das Postulat einer visionären „Einheit in Vielfalt“ verdiente es, christologisch und trinitarisch aus der orthodoxen Tradition besser unterfüttert zu werden. Das aber schmälert in keiner Weise den Band an sich.

Paderborn: Bonifatius Verlag. 2. erweiterte Auflage 2017
186 Seiten m. Abb.
24,90 €
ISBN 978-3-89710-726-7