Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Knut Wenzel: Das Zweite Vatikanische Konzil

Zehn Jahre nach der ersten Auflage legt der Frankfurter Dogmatiker Knut Wenzel seine Einführung in das Zweite Vatikanische Konzil in einer Neubearbeitung vor. „Geschichte und Ereignis“ sind zwei Schlüsselkategorien, unter denen er die historischen Begebenheiten und ihre Wirkung beschreibt. Mit dieser klaren Positionierung in einem seit einigen Jahren schwelenden Streit um die Hermeneutik des Konzils setzt die Studie über ein „Konzil der Erneuerung“ ein.

Nach einem kurzen Überblick über die Rahmendaten des Konzilsverlaufs geht Wenzel alle verabschiedeten Dokumente der Reihenfolge ihrer Verabschiedung nach durch. Er erläutert jeweils in knappen Worten die Textgeschichte, geht anschließend auf wesentliche Inhalte ein, um mit einer kurzen Schlussreflexion die Aktualität der Texte aufzuzeigen. Dabei geht Wenzel durchaus selektiv vor, versteht es aber immer, Positives und Zukunftsweisendes aus den Konstitutionen, Dekreten und Erklärungen herauszuholen. Den Schwerpunkt der Kurzkommentare nehmen die vier Konstitutionen ein.

Knut Wenzel ist sich des Kompromisscharakters der Konzilstexte wohl bewusst, wenn er auch nur an wenigen Stellen die Protagonisten und Antagonisten benennt (im Personenanhang wäre dafür der richtige Platz gewesen). Doch dahinter will er den „Geist des Konzils“ erkennen. Drei Aspekte hat für ihn dieser „Geist“. Erstens will die Kirche auf dem Konzil den Menschen näherkommen. Das „aggiornamento“ im Sinn der Begegnung der Kirche in ihrer jeweiligen Gegenwart zählt für ihn ebenso in diese Richtung wie die „actuosa participatio“ der Liturgiekonstitution. Zweitens zeichnet das Konzil eine große Wertschätzung der Selbsttätigkeit der Menschen aus. Wenzel deutet den Offenbarungs- und Glaubensbegriff des Konzils als theologische Würdigung des Menschen in seiner Personalität und Subjektivität. Die vielfältigen Ermutigungen zur Reform an die Personengruppen in der Kirche gehen in diese Richtung. Und drittens hat das Konzil nach Wenzel die Welt als den Ort der Handlung des Menschen neu entdeckt und hochgeschätzt. Eine Trennung der Kirche von der Welt ist nach diesem Perspektivenwechsel, der besonders in der Pastoralkonstitution und im Missionsdekret vollzogen wird, nicht mehr denkbar.

Abgeschlossen wird Wenzels Studie mit einem Glossar von Begriffen zum Konzil, kurzen Biogrammen von Konzilsvätern, einer Zeittafel sowie einer kommentierten Literaturübersicht, aus der besonders die nach Ländern geordnete Liste von Konzilstagebüchern, die freilich im kommentierenden Teil des Buchs nicht vorkommen, hervorsticht. Im Umfeld des 50-jährigen Jubiläums des Zweiten Vatikanischen Konzils ist Wenzel eine gute und knappe Kommentierung gelungen, die einen raschen Zugang zu den wesentlichen Fragestellungen und ihren bis heute aktuellen Horizonten für Theologie und kirchliche Praxis ermöglicht.

Freiburg: Herder Verlag. 2014
283 Seiten
22,99 €
ISBN 978-3-451-30761-4

 

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