Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Lorenz Just: Mohammed

Der Autor der vorliegenden Biografie des Propheten des Islams ist ein studierter Islamwissenschaftler und findet – soweit das Internet dafür auskunftsfähige Indizien liefern kann – seine Berufung in der Literatur. Die Freude am Erzählen, sogar am Erdichten, merkt man dieser Mischung aus Quellenzitaten, erzählten Filmsequenzen, Dichtung und islamwissenschaftlichem Grundlagenreferat an.

Lorenz Just nähert sich dem Thema mit wohlwollendem Interesse, ohne persönlich voreingenommen zu sein, und im besten Sinne naiv. Er beschreibt, was aus heutiger Perspektive der Rechtfertigung, der Begründung aus den historischen Umständen oder der kritischen Deutung bedürfte – wie Muhammads Kriegsführung oder sein Umgang mit den Angehörigen anderer Religionen. Er blendet die gesamte Debatte um die Historizität Muhammads aus (Kalisch, Luxenberg und Ohlig), nimmt das islamische Selbstzeugnis an und gibt es für den nichtmuslimischen Leser wieder. Er unterstützt seine Leser sogar mit den Basics, indem er Termini der Islamwissenschaft wie Hadith, Dschahiliyya, Dschihad, Tafsir- und Tawilliteratur mit der Problemstellung verknüpft. Gegen alle im Dialog angemahnten Differenzierungen spricht er ungeniert von „Prophet“ und von „Offenbarung“.

Inhaltlich folgt Just der Prophetenbiografie Ibn Ishaqs. Er zitiert sie wörtlich, und er lässt sich von ihr zu kenntnisreichen Exkursen inspirieren. Dabei spürt man sein Anliegen, das Verhältnis der drei monotheistischen Religionen auf der arabischen Halbinsel zu verstehen und ihre bis heute andauernden Konflikte zu erklären. Die Authentizität Muhammads zu erfassen, insbesondere in Konkurrenz zu den Propheten der Vorgängerreligionen, treibt den Autor an.

Es gelingt Just, Muhammad ganz nah und unmittelbar an den Leser heranzuziehen. Sätze wie „So hatte er gelernt, dass er nicht etwa der erste Gesandte Gottes war“ machen Muhammad zum Kumpel, und Aussagen wie „seine göttlich inspirierte Kamelstute“ reduzieren den Zugang zu Muhammad um viele intellektuelle Hindernisse. Bei alldem weiß Just sehr wohl um die Problematik des Anspruchs der Augenzeugenberichte, was die Deutung der Sprachbilder als Allegorien oder Parabeln verbietet. Dennoch bietet er sie ab und zu an und baut damit Brücken für Verstehen und Verständnis.

Es ist etwas Besonderes, wenn sich in Deutschland, da die Lehrstühle vorzugsweise mit gläubigen Muslimen besetzt werden, ein junger, noch nicht etablierter nichtmuslimischer Islamwissenschaftler dazu entschließt, eine Biographie des Propheten des Islams zu verfassen. Auch als Gegenentwurf zu bissigen Karikaturen präsentiert sich das Bild, das Just entworfen hat.

Lesungen aus diesem Buch bietet der Autor mit dem Hinweis an, sie seien ab 16 Jahren geeignet. Wenn wir uns dieser Empfehlung anschließen, dann nicht, weil das Buch für Jüngere nicht geeignet erscheint, sondern weil wir in den Schülern und Schülerinnen der Mittelstufenklassen die Adressaten sehen. Flüssig zu lesen, klare Darstellung der Sachverhalte, eine bunte Mischung der Quellen und erzählerischen Passagen mit wertvollem Faktenwissen angereichert – das sind die Qualitätsmerkmale dieser Biographie.

 

Stuttgart: Gabriel Verlag. 2015

240 Seiten

16,99 €

ISBN 978-3-522-30421-4

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