Marcus Eckert: Classroom Management

Der Begriff des Classroom Managements ist nicht neu. In der Fachliteratur stellt er seit Jahren eine feste Größe dar. Dennoch scheint im schulischen Alltag zumindest der Begriff nicht allzu oft aufzutauchen. Das damit Gemeinte beschäftigt freilich jede Lehrerin und jeden Lehrer, weil es beim Unterrichten auf die eine oder andere Weise immer mitschwingt. So definiert Marcus Eckert Classroom Management als die Gesamtheit der „Aktivitäten zur Gestaltung einer Lernumgebung, die sich günstig auf das curriculare und das sozial-emotionale Lernen auswirken“ (11). Eine gute Lernatmosphäre, ein gutes Klassenklima und eine aktive Mitarbeit aller fördern nachweislich das Lernen – ganz gleich in welchem Fach. Entsprechend fragt das Classroom Management vor und neben aller didaktisch-methodischen Planung von Unterricht nach den Gelingensfaktoren für Lehr-Lern-Prozesse im Allgemeinen. Ziel ist es, dass sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte im Unterricht grundsätzlich wohlfühlen und positive Beziehungen als Basis des gemeinsamen Arbeitens entwickeln.

Von Anfang an macht Marcus Eckert deutlich, dass dieses Ziel nicht allein durch den Einsatz der richtigen Techniken erreicht werden kann. Vielmehr geht es ihm zuerst um Fragen der inneren Haltung und Einstellung als Lehrkraft. Ausgehend von der eigenen Haltung können verschiedene Methoden, Techniken oder Strategien flexibel und nach Bedarf eingesetzt werden.

Diesem Ansatz folgt das gesamte Buch. Eckert ordnet die vielfältigen Formen problematischen Schülerverhaltens immer wieder in den sozialen Kontext ein und wirbt für Empathie. Er stellt dar, wie im Unterricht Hilflosigkeit erlebt wird und sich daraus das Phänomen der „erlernten Hilflosigkeit“ entwickeln kann. Dies kann wiederum der Ausgangspunkt für Widerstand, Störungen oder Resignation sein. Statt sich hilflos zu fühlen, sollten Schülerinnen und Schüler lernen, sich als kompetent und selbstwirksam zu erleben. Dazu braucht es Ermutigung und Hilfestellungen durch die jeweilige Lehrkraft, die ihr Bedürfnis nach Autonomie ernst nimmt, sie bei der Wahl realistischer Ziele unterstützt, konstruktives Feedback gibt und auch beim Lernen aus Fehlern wohlwollend begleitet.

Marcus Eckert, ausgebildeter Lehrer und Psychologe, hat an der APOLLON Hochschule in Bremen eine Professur für Schul- und Entwicklungspsychologie inne. Zudem ist er seit vielen Jahren in der Lehrerfortbildung tätig. Mit dem vorliegenden Band in der Reclam Reihe „Bildung und Unterricht“ liefert er einen ebenso profunden und umfassenden wie verständlichen und gut lesbaren Überblick zum Thema Classroom Management. Dabei gelingt ihm eine durchweg organische Verbindung von Theorie und Praxis. Einerseits bezieht er sich auf zahlreiche aktuelle Studien und Konzepte aus der wissenschaftlichen Forschung. Andererseits bringt er viele praktische Beispiele, Fallkonstellationen oder Schüleräußerungen, denen man anmerkt, dass sie mitten aus dem Leben stammen. In jedem Kapitel finden sich Reflexionsimpulse. Die Leserin und der Leser können diese Impulse zum Anlass nehmen, eigene Erfahrungen und Wahrnehmungen aus dem Berufsalltag in den Blick zu nehmen und mit den Inhalten des Buches abzugleichen. Hinweise auf Online-Zusatzmaterial ermöglichen die Vertiefung einzelner Aspekte.

Vermutlich hat das Thema Classroom Management für Klassenleitungen eine höhere Relevanz als für „reine“ Fachlehrer. Doch auch wer nur mit wenigen Stunden in einer Klasse bzw. Lerngruppe unterrichtet, findet im vorliegenden Buch viele nützliche und hilfreiche Hinweise zur Gestaltung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses und anderer Rahmenbedingungen des eigenen Unterrichts. Auch wenn sich nicht alles (und v.a. nicht alles auf einmal) umsetzen lässt: Gerade weil die eigene Haltung solch eine wichtige Rolle spielt, lohnt es sich, diese immer wieder zu reflektieren. Dazu liefert der vorliegende Band reichlich Anregungen.

Bildung und Unterricht
Stuttgart: Reclam Verlag. 2022
76 Seiten m. s-w Abb.
6,80 €
ISBN 978-3-15-014241-7