Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Matthias Freudenberger: Der uns lebendig macht

Trotz einer intensiveren theologischen Beschäftigung mit dem Heiligen Geist in den letzten Jahrzehnten fehlt es an gut lesbaren Einführungswerken in die Pneumatologie, die an ein breiteres Publikum gerichtet sind und zugleich theologisch angemessen mit dem Thema umgehen. Das Buch „Der uns lebendig macht. Der Heilige Geist in Leben, Glauben und Kirche“ des Saarbrückener ESG-Pfarrers und ehemaligen Extraordinarius für Systematische Theologie an der Universität Wuppertal Matthias Freudenberger füllt genau diese Lücke. Der Autor beschäftigt sich vornehmlich mit der evangelisch-reformierten Tradition, was im Buch immer wieder deutlich wird. So wird die eher unbekannte und oft nur verkürzt wahrgenommene reformierte Theologie einer breiteren Menge vorgestellt und kann ihre Stärken gut entfalten. Gerade auf dem Gebiet der Pneumatologie ist das angemessen, da die reformierte Tradition diejenige der westlichen Strömungen darstellt, die das Wirken des Gottesgeistes in all seinen Dimensionen ausdrücklicher thematisiert und reflektiert.

Nach einer Einführung in das Thema folgt ein Abriss über die wichtigsten Stationen der Dogmengeschichte und der Systematischen Theologie in Hinblick auf die Pneumatologie. Vor allem werden die Positionen der beiden Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin herausgearbeitet. Gerade an Letzterem werden Aspekte deutlich, die über den Protestantismus hinausgehen. Als grundlegende Bestimmung des Heiligen Geistes gelangt der Autor dazu, dass der Heilige Geist „nicht nur der schöpferische und versöhnende Gott, sondern auch der gegenwärtige Gott“ (43) ist. Diese Aussage ist ausdrücklich zu begrüßen, da so der Marginalisierung des Heiligen Geistes in Theologie und Spiritualität am besten begegnet werden kann.

Das zweite Kapitel behandelt „In der Kraft des Heiligen Geistes glauben und leben“. Hier werden Fragen behandelt, wie Gott erkannt und bekannt werden kann und welche Rolle die Heiligung bzw. gute Werke innehaben. Es werden mehr die praktischen Folgen für den einzelnen Christenmenschen bedacht, die das Geistwirken für ihn hat. Das vierte Kapitel reflektiert das Geistwirken innerhalb der Kirche. Das letzte Kapitel behandelt in den Themenbereichen Wort Gottes, Sakrament und Eschatologie das Wirken des Heiligen Geistes.

Insgesamt zeichnet sich das Buch durch sehr gute Verständlichkeit und Lesbarkeit aus. Menschen ohne ein theologisches Studium können dieses Buch ebenfalls mit großem Gewinn lesen. Auch wenn der Autor sich deutlich in der evangelisch-reformierten Tradition verortet, wird deren ökumenisches und spirituelles Potential auch für nichtevangelische Christinnen und Christen deutlich. Der Autor zitiert beispielsweise oft den „Heidelberger Katechismus“ aus dem Jahre 1563. Diese reformierte Bekenntnisschrift dürfte nur wenigen außerhalb der reformierten Kirche bekannt sein. Der Autor bringt diese gut ins Gespräch, bringt diese in der heutigen Zeit zur Sprache, ohne dabei historisch unsensibel zu werden.

Zu bemängeln ist leider eine gewisse Ungenauigkeit, wenn der Autor über römisch-katholische Positionen in Bezug auf Ekklesiologie und Sakramente spricht. Selbst wenn dieses Buch kein Fachbuch ist, wäre etwas mehr Differenzierung wünschenswert gewesen, damit sich bestimmte Vorurteile nicht fortsetzen. Abgesehen davon lohnt sich die Lektüre dieses Buches, das gut, durchdacht und verständlich das Wirken des Heiligen Geistes für die Kirche und das Leben des einzelnen Christenmenschen präsentiert.

Der Heilige Geist in Leben, Glauben und Kirche
Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgemeinschaft. 2018
199 Seiten
19,00 €
ISBN 978-3-7615-6500-1

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