Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Peter Wendt (Hg.): Digital unterrichten

Die Digitalisierung ist in aller Munde. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Schulbuchverlage verstärkt dem Bereich „Digital unterrichten“ widmen wie mit dem vorliegenden Band zum Einsatz von „Apps & Co im Religions- und Ethikunterricht.“ Das Heft verspricht, so der Untertitel, „Fertige Stundenentwürfe“, die den Lernenden neue Erkenntniswege und digitale Handlungskompetenzen ermöglichen sollen.

Der Aufbau ist stringent: Auf meist zwei Seiten pro Unterrichtsidee wird eine Zuordnung des Gegenstandes (beispielsweise Kirchenraumerkundung) der Jahrgangsstufen (5-10) und der digitalen Methode (Video dokumentieren und auswerten) genannt. Es folgen kurze Verweise auf Ziele/Kompetenzen, benötigte digitale Medien, Vorbereitung, Sozialform, Zeitbedarf und Hinweise, worauf bei den meisten der insgesamt 27 Ideen ein schematischer Verlaufsplan mit der Phasierung Einstieg – Erarbeitung – Reflexion – Präsentation folgt. Zu vielen Vorschlägen gibt es praktische Tipps und alternative Herangehensweisen.

Positiv ist der Ideenpool: Von der Erstellung eines Erklärvideos über einen Podcast, der Verfassung eines Newsletters bis hin zu einer Fanfiction (neue, fortgeführte Handlung) wird ein breites Spektrum vorgestellt, das zum Ausprobieren im eigenen Unterricht motiviert. Vielversprechend und passend zu gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Debatten ist der Vorschlag, eine Hörfunksendung zum Thema „Erhalt der Schöpfung“ zu entwickeln. Ein Bezug zur Gegenwart der Lernenden (Stichwort: Fridays for Future) wird gesetzt, es müssen fachliche Grundlagen erschlossen und Schwerpunkte gesetzt und das Ganze adressatengerecht – inhaltlich und technisch – aufgearbeitet werden. Es ist gut vorstellbar, dass dieses Projekt eine Reihe sinnstiftend abschließen kann.

Nicht nur an diesem Beispiel zeigt sich jedoch, dass viele nützliche Ideen eben mehr Projektcharakter haben und nicht auf Stundenentwürfe im klassischen Sinne zielen, wie es der Titel suggeriert. Der Bereich des Digitalen wird sehr großzügig verstanden: So ist der Einfall, das Lied „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer im Kontext von Tod und Trauer zu untersuchen, sicherlich für viele Kolleginnen und Kollegen nicht neu, wenngleich sie hier mit der Untersuchung weiterer Songs und der Darstellung der Ergebnisse in einer Power-Point-Präsentation verknüpft wird.

Dass einige Unterrichtsideen die „Internetrecherche“ als Prinzip des digitalen Unterrichtens betrachten, ist wenig überzeugend – wenn etwa der Tipp geäußert wird: „Statt der bzw. zusätzlich zur Internetrecherche kann der Klasse auch eine Bücherkiste zur Verfügung gestellt werden.“ Der Hinweis ist richtig, denn in Zeiten von Fake News ist es Aufgabe der Schule und somit des Religionsunterrichts, den Umgang mit dem klassischen Medium Buch weiterhin einzuüben und zu reflektieren.

Die Reflexionskompetenz gilt gleichermaßen für die Nutzung der im Buch dargestellten Medien – die vorgestellte Idee „Bilder am interaktiven Whiteboard erschließen“ überzeugt nicht. Erschließungs- und Deutungskompetenzen, die im Umgang mit Bildern geschult werden, sind über alle Medien (OHP, Dokumentenkamera etc.) möglich. So kann die Digitalisierung das Alltagsleben und die Vorbereitung erleichtern, dies führt jedoch nicht direkt zu unterrichtlicher Fortentwicklung und entsprechend höherem Lernertrag. Es gilt weiterhin, dass der Unterricht nicht besser wird, weil ein Smartphone bzw. eine App genutzt werden.

Ebenso hat der Religionsunterricht die Aufgabe, sich an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu orientieren und sie für die digitale Welt auszurüsten. Dabei geht es zum einen um methodische Kompetenzen, zu denen die vorgestellten Unterrichtsideen beitragen. Zum anderen hat insbesondere der Religionsunterricht die Aufgabe, die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf das Menschenbild (der Gesellschaft) kritisch zu untersuchen. Einen solchen Beitrag liefert das vorliegende Werk leider nicht, hier ist eine Chance verpasst worden. Dennoch präsentiert „Digital unterrichten“ für digitale Anfänger wie Fortgeschrittene gute Anregungen, die aber hinsichtlich ihres jeweiligen didaktisch-methodischen Mehrwerts gründlich geprüft werden sollten.

Apps & Co im Religions- und Ethikunterricht gezielt einsetzen
Fertige Stundenentwürfe

Berlin: Cornelsen Verlag. 2019
62 Seiten
14,99 €
ISBN 978-3-589-16600-8

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