Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Rolf Decot: Geschichte der Reformation in Deutschland

Klar gegliedert, aus profunder Kenntnis der Quellen und Sekundärliteratur schöpfend und leicht lesbar geschrieben ist das Buch des Mainzer Kirchenhistorikers Rolf Decot über das Reformationszeitalter. In der kaum mehr überschaubaren Vielzahl der Veröffentlichungen im Vorfeld des 500. Jahrestags von Martin Luthers Thesen ist es ein solider Begleiter durch die Themen und Fragestellungen. In zehn Kapiteln entwickelt Decot seine Geschichte.

Zunächst wird die deutsche Reformation in den Kontext der Reformen des späten Mittelalters im kirchlichen und weltlichen Bereich gestellt. Dass er die Frömmigkeit eher unter dem Aspekt der Veräußerlichung darstellt, entspricht einer Forschungsrichtung, die gegenwärtig durch eine positive Wertung der Jahrzehnte um die Wende zur Frühen Neuzeit ergänzt wird.

Der Reformator Martin Luther wird sodann in seiner Lebensgeschichte, Entwicklung zur reformatorischen Erkenntnis und zum Kämpfer gegen das Ablasswesen und in den Grundzügen seiner Theologie dargestellt. An der Einführung der Reformation in Wittenberg durch Adelige, in den Reichsstädten und an den Auseinandersetzungen mit den Bauern war Luther zwar als Galionsfigur der deutschen Reformation beteiligt, aber nicht mehr allein an vorderster Front. Andere traten hinzu: Andreas Karlstadt, Thomas Müntzer, die Täufer und Spiritualisten, vor allem die Schweizer Reformatoren Huldrych Zwingli und Johannes Calvin.

Zunehmend wurde die Reformation politisch instrumentalisiert. Auf den Reichstagen waren die „Protestanten“ Thema und Mitstreiter. Mangels bischöflicher Leitung übernahmen die Landesherren die Initiativen, die das evangelische Landeskirchentum begründeten, das bis 1918 weiterbestand. In den politischen Händeln war das Kriegsglück auf verschiedenen Seiten. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 legte den status quo für ein Jahrhundert fest.

Gleichzeitig wurde auf dem Konzil von Trient die Grundlage für eine innerkirchliche Reform gelegt. Die Glaubensspaltung konnte nicht überwunden werden. Es entstand die römisch-katholische Kirche. Diesem Thema widmet Decot sein letztes Kapitel, das unter dem Stichwort der Konfessionalisierung die Verfestigung unterschiedlicher Konfessionskulturen bis zum Westfälischen Frieden beschreibt. Die „Parzellierung der Kirche auf der Grundlage unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse“ ist bleibendes Erbe des Reformationsjahrhunderts. Dem Wunsch und der Hoffnung Decots, dass ein geeintes Europa ohne Nationalstaaten auch zu einer neuen Zusammengehörigkeit der Kirche Christi führen möge, kann sich der Rezensent nur anschließen.

 

Freiburg: Herder Verlag. 2015

286 Seiten mit s-w Abb.

29,99 €

ISBN 978-3-451-31190-1

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