Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Thomas Möllenbeck / Ludger Schulte (Hg.: Präsenz. Zum Verhältnis von Kunst und Spiritualität

Die Herausgeber sammeln neunzehn Beiträge anlässlich eines Studientags der PTH Münster aus dem Jahr 2017, um das Verhältnis von Kunst und Spiritualität zu reflektieren. Dies geschieht anhand verschiedener Kunstgattungen in der Sicht unterschiedlicher theologischer und außertheologischer Disziplinen unter dem Leitmotiv „Präsenz“ als Erscheinung eines Objektes für ein Subjekt in Raum und Zeit. Dabei wird Kunst als Repräsentation ihrer selbst als Kunst oder eines durch sie repräsentierten Inhaltes verstanden, durch den sich ein Subjet anhand eines Objektes zu sich selbst und der Wirklichkeit als ganzer in ein Verhältnis setzt, um ihnen Bedeutung beizusprechen. Kunst setzt also ein Sich-Verhalten zur Welt aus der Vergangenheit in einer Gegenwart präsent, in der sie stets neu bedeutet. Präsenz meint jenen Zwischenraum zwischen Kunstwerk und Kunstbetrachter / Kunsterlebendem, der erst durch beide konstituiert wird, aber weder mit dem einen noch mit dem anderen ineinsfällt, sondern einen eigenen Wahrnehmungs- und Bedeutungsraum eröffnet, in dem sich vielfältige Bezüge aus Vergangenheit und visionär eingeholter Zukunft in einer Gegenwart treffen, so dass erfahrbar und erkennbar wird, dass nichts nur das ist, was es ist, sondern vielfältigste Bedeutungs- und Seinsebenen in ihm repräsentiert sind: Kunst – Welt – Glaube als Symbol.

Dieser Band regt zum Staunen an, wie präsent Ästhetik auch die Spiritualitäts- und Theologiegeschichte durchzieht: von der Inkarnation als Begründung für die Notwendigkeit von Christus- und Heiligenbildern, über den Realismus Gustav Courbets als Sehschule, zu existentiellen Aspekten der performance art und ihrer spirituellen Dimension, bis hin zur Kleidersprache P. Benedikts XVI., mit der er die Kontinuität der Tradition präsent machen wollte. „Präsenz“ wird über Kunst und Spiritualität als allgemeine anthropologische Konstante bewusst, weil jeder Mensch, um sich selbst mitzuteilen, sich beständig medial zum Ausdruck bringt und nur so in Erscheinung treten kann.

Nach dem bekannten Dictum von Joseph Beuys, jeder sei ein Künstler, leistet dieser Band einen Beitrag, um die ästhetische Dimension von Spiritualität und Religion bewusst zu machen, und könnte jenem innerkirchlichen Ressentiment entgegenwirken, Liturgie, Architektur, Ritus, überhaupt jede Form, in der sich Religiöses repräsentiert, sei nur unwesentliches Beiwerk.

 

Münster. Aschendorff Verlag. 2019
378 Seiten m. farb. Abb.
29,80 €
ISBN 978-3-402-13408-5

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