Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Thomas Staubli / Silvia Schroer: Menschenbilder der Bibel

Was ist eigentlich der Mensch? Woher kommt er? Was ist seine Bestimmung? Nach wie vor ist die Frage nach dem Menschen neben der nach Gott ein dominierendes Thema bibeltheologischer Entwürfe und Untersuchungen. Dabei hat sich bereits in der Vergangenheit die Erkenntnis durchgesetzt, dass die biblischen Texte keine einheitliche „Lehre“ oder Darstellung des Menschen präsentieren (wollen). Vielmehr beinhalten die Texte eine Fülle von recht unterschiedlichen Aspekten menschlicher Existenz, die sich zum Teil widersprechen und nur sehr schwer zu einem einheitlichen und allumfassenden Konzept eines biblischen Menschenbildes zusammenfassen lassen.

Die Verfasser knüpfen methodisch an ihr bereits 1998 (52005) veröffentlichtes Werk „Körpersymbolik der Bibel“ an und führen es weiter. Weil die biblischen Texte immer nur bestimmte Facetten menschlicher Existenz beleuchten und dabei verschiedenste Menschenbilder entwerfen, werden im Buch immer kleinere Themeneinheiten dargeboten. Mit den insgesamt 90 Schlüsselthemen übernehmen die Autoren so „den aspektivischen Zugang zur Wirklichkeit, der für die Weltwahrnehmung altorientalischer Kulturen inklusive der biblischen so charakteristisch ist und eine Verknüpfung einzelner Aspekte zu ‚Konstellationen‘ überhaupt erst zulässt". Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Allumfassenheit erhoben, vielmehr geht es den Autoren darum, den Leserinnen und Lesern Einblicke in verschiedenste biblische Konzeptionen bzw. Denkweisen mit den darin ausgedrückten, entworfenen und verarbeiteten Menschenbildern zu geben.

Die Anordnung der einzelnen Themenbereiche erfolgt „in Sinnbündeln, die zusammen mit vielen Querverweisen in den Artikeln zum Vernetzen und Weiterdenken anregen möchten“. Natürlich können an dieser Stelle nicht alle Facetten des menschlichen Lebens zwischen Geburt und Tod, welche in den einzelnen Artikeln behandelt werden, aufgezählt werden. Die angesprochenen Themenbereiche erstrecken sich angefangen von Liebe und Hass (Nr. 1), Schwangerschaft (Nr. 3) und Geburt (Nr. 5) über Vitalität (Nr. 19), Bewusstsein/Denken (Nr. 34) und Fremdsein (Nr. 58) bis hin zum Altern/Alter (Nr. 84), Erinnern/Gedenken (Nr. 89) und Staunen (Nr. 90). Die umfangreichen Verzeichnisse und Register am Ende des Werkes sind leserfreundlich und nützlich, wenn man nur punktuell Informationen zu einem bestimmten (Sach-)Wort, einer Bibelstelle oder anderen Quelle herausholen will, ohne das ganze Buch lesen oder durchblättern zu müssen.

Obwohl die einzelnen Beiträge in den seltensten Fällen mehr als 10 Seiten einnehmen, dringen sie in die notwendigen Tiefen vor, ohne sich dabei in Detailfragen oder Fachdiskussionen zu verlieren. Die Autoren verstehen es sehr gut, einzelne, auch komplexe Sachverhalte allgemeinverständlich und in einer überaus ansprechenden Art und Weise zu präsentieren. Dazu tragen die zahlreichen Abbildungen ikonographischen Materials aus der altorientalischen Umwelt der Bibel bei, die mit Deutungsvorschlägen versehen werden. Zu guter Letzt ist zu sagen, dass dieses Buch nicht nur sehr gut im Bücherregal aussieht, sondern überaus lesenswert und informativ ist.

Ostfildern: Patmos Verlag. 2014
690 Seiten m. über 400 Strichzeichnungen
35,00 €
ISBN 978-3-8436-0444-4

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