Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Uwe Birnstein: Forever Young, Bob Dylan

Entgegen dem dylanschen Lebensmotto „The Times They are a-Changin'” belässt es der Verlag bei der ideenlosen Umschlaggestaltung und einem für christliche Musikliteratur klischeehaft formulierten Untertitel, welche bereits in dieser Form die Veröffentlichung Uwe Birnsteins zu Leonard Cohens Lebenswerk zierten. Doch ebenfalls auf den zweiten Blick gleichen sich die Einschätzungen: Inhaltlich ist die vorliegende Veröffentlichung Birnsteins eine Lektüre wert.

Über einen autobiografischen Einstieg führt der Autor die Leserinnen und Leser durch die wechselhafte Biografie Bob Dylans. Birnstein verbindet Lebensphasen mit musikalischen Zeugnissen und bietet vertiefte Einblicke in theologische Fragestellungen und biblische Motive. Trotz des kompakten Formats gelingt dem Verfasser der Spagat, auf vergleichsweise wenigen Seiten einerseits eine überschaubare Biografie eines unsteten „Rolling Stone” darzubieten und andererseits detailliert theologische Fragestellungen in den Songs eines „Suchenden” herauszuarbeiten. Dass bei diesem Unterfangen weder jede wichtige – und Dylan-Kennern hinlänglich bekannte – biografische Episode in allen Facetten erzählt und gleichsam allen theologischen Interpretationsmöglichkeiten nachgespürt werden vermag, ist verständlich und der Orientierung für solche Leserinnen und Leser zuträglich, die am Beginn stehen, Bob Dylan über Sekundärliteratur zu entdecken. Im Hinblick auf das Ausloten der religiösen Aussageebenen in den Liedtexten darf man Birnstein anrechnen, dass er keine Antworten auf die aufgeworfenen Fragen Dylans liefert. Ohne übergriffig zu werden, gibt er diese pointiert wieder und lässt sie unbeantwortet stehen.

Wie bereits in der Veröffentlichung über Leonard Cohen zeigt der Verfasser, dass er das Verweben biografischen Erzählens mit musikalischen Zeugnissen beherrscht. Damit führt er kurzweilig über die Anfänge in Minnesota, die Entwicklung zum Folk-Protest-Barden, die Hinwendung zum Blues Rock, über die religiös missionarische Phase, den Niedergang bis hin zur Auferstehung. Verständlicherweise zeichnet Birnstein in seinen biografischen Ausführungen die Phasen Dylans detaillierter nach, die einen besonderen Zugang zu dessen Religiosität und Suchen bieten. Hier ist besonders das Kapitel „Von Abraham bis zum verlorenen Sohn” zu erwähnen, das eine Art Glossar biblischer Motive und Personen und deren Verwendung in den Songs darstellt. Es stellt sich jedoch die Frage, wieso ein solches Glossar inmitten des Buchs platziert wurde, um anschließend erzählerisch weitere biografische Episoden – wie das Treffen und Konzert auf Einladung von Papst Johannes Paul II. bis hin zur Verleihung des Nobelpreises für Literatur – anzufügen. Die beiden letzten Kapitel über die nahe Vergangenheit weisen ebenfalls Längen auf. So bietet Birnstein der Diskussion über die Vergabe des Nobelpreises für Literatur – und der damit verbundenen Diskussion, ob es sich bei dem Werk Dylans um Literatur handelt – umfänglich Raum. Mit der eingehenden Rezension des letzten Albums Dylans findet das Buch einen runden Abschluss.

Wie der Rock-Rebell Gott sucht, Eigensinn lebt und den Frieden besingt
München/Zürich/Wien: Verlag Neue Stadt. 2021
192 Seiten m. s-w Abb.
20,00 €
ISBN 978-3-7346-1268-8

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