Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Christoph Kreitmeir: Welche Farbe hat der Tod

Das Buch steht in Spannung zwischen zwei Inspirationsquellen: Der Rezeption theoretischer Impulse aus der medizinischen und psychologischen Sterbeforschung und aus verschiedenen religiösen Traditionen einerseits – und der Verarbeitung persönlicher Begegnungen mit Sterbenden, ihren Angehörigen und mit Dienstleistern rund um das Sterben.

Welche Farbe hat der Tod? – Der Maler Alfred Opiolka gibt die klare Antwort: Der Tod ist grün. Deshalb grundiert er die Schreine, die er für die Aufnahme toter Körper bemalt, in Grüntönen; Vögel, pflanzliche Motive und Schmetterlinge transportieren die tröstliche Botschaft, dass der Tod kein Ende, sondern das Überschreiten der Grenze zu einem anderen Leben ist. Das ist zugleich der Grundtenor des vorgelegten Buches, um den sich blütenförmig die Reflexionen...

Martin Schäuble: Alle Farben Grau. Roman

Für Paul ist die Welt, als blicke er durch einen Nebelfilter, alles ist grau: „Alle Farben Grau“. Kurz nach seinem Aufenthalt in Japan wird er, nachdem er wiederholt Suizidgedanken geäußert hat, in eine Jugendpsychiatrie eingewiesen. Mit seiner Entlassung scheint es, als käme er wieder in sein normales Leben zurück. Doch Paul ist kein Mensch, der innerhalb gewöhnlicher Variablen denkt, fühlt und handelt. Er lernt Japanisch, hat einen für sein Alter ungewöhnlichen Musikgeschmack und seine eigenen Formen sozialer Interaktion. Dass er am Asperger Syndrom leidet, wird erst in der Jugendpsychiatrie diagnostiziert, als er sechzehn Jahre alt ist. Er hört eine bösartige Stimme in seinem Kopf, die ihm einredet, dass er nichts wert sei und er von keinem geliebt werde. Seine Depressionen nehmen zu,...

Peter Schäfer: Die Schlange war klug

„Die Hebräische Bibel und ihre rabbinische Deutung erweisen sich als Schlüssel zur Beantwortung der Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen.“ Zu diesem Schluss gelangt der emeritierte Professor für Judaistik (an der Freien Universität Berlin und der Princeton University) und ehemalige Direktor des Jüdischen Museums Berlin Peter Schäfer in seinem bemerkenswerten Buch „Die Schlange war klug. Antike Schöpfungsmythen und die Grundlagen des westlichen Denkens“ in dessen letztem Satz. Auch wer die These des Autors, dass das Konzil von Trient den augustinischen Ansatz einer „im biologisch-genealogischen Sinne vererbten Sünde“ als freiheitsnegierendes Faktum dogmatisiert habe, in dieser Schärfe nicht teilen will, liest das Werk des Berliner Gelehrten mit größtem Gewinn. Der starke Gegensatz,...

Christian Kern: Scheitern Raum geben

Was hat die Havarie der Costa Concordia am 13. Januar 2012 mit der Theologie zu tun. Kurz und bündig gesprochen: das Scheitern und wie dieses in Sprache gefasst wird. So wird im vorliegenden Buch, der überarbeiteten Doktorarbeit von Christian Kern, die Analyse des Schiffbruchs eines Kreuzfahrtschiffs im Mittelmeer mit der biblischen Erfahrung des Ostermorgens in Beziehung gesetzt. Wie gelingt angesichts des Scheiterns menschliches Leben und was besagt dies über die Rede von Gott? Dazwischen liegen interessante und spannende Auseinandersetzungen über die Frage, was unsere Kultur kennzeichnet: souveräne Positionen des Erfolgs oder Lebensgestaltung in Fragilität angesichts von Scheitern.

Das Wort „scheitern“ stammt ursprünglich aus dem maritimen Kontext als einer wenn auch in der Schifffahrt...

Konrad Hilpert: Zwischen Leihmutterschaft und Sterbehilfe

Konrad Hilpert, in zahlreichen Gremien mitwirkender Moraltheologe mit Lehrstuhl an der Universität München, stellt in diesem Bändchen 16 Interviews zusammen, die er in den Jahren 2002 bis 2022 meist aus aktuellem Anlass gegeben hat. Die Themen reichen von erweiterten Möglichkeiten der Medizin, vor allem der Reproduktionsmedizin, über die Veränderung katholischer Sexualethik, den Begriff des Gewissens bis hin zur Abgründigkeit des Menschen, die sich in schockierenden Gewalttaten manifestiert. Alle Interviews sind mit Anmerkungen versehen, die auf Schriften des Autors hinweisen und zur vertieften Beschäftigung mit den Themen anregen. Gerahmt wird die Interviewserie von fünf kurzen Aufsätzen über die geeignete Kommunikationsform für moralische Positionen. Diese Aufsätze laufen darauf hinaus,...

Sigmund Freud: Der Mann Moses und die monotheistische Religion

„Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ gilt als ein bedeutendes Spätwerk Sigmund Freuds, in dem er – nach mehreren Ansätzen in früheren Schriften – erneut die Grenzen der Anwendung der Psychoanalyse als klinische Behandlungsmethode überschreitet und auf ein gesellschaftliches Phänomen anwendet. Dabei trägt das Werk deutliche selbstanalytische Züge: Freud untersucht etwas, mit dem er sich selbst in differenzierter Weise identifiziert, nämlich dem Jüdischsein. Der Text gilt als sperrig und vielgestaltig. Er enthält Elemente einer fiktiven Erzählung, klinische Theorien über Traumatisierung und ethnologische Thesen.

Das 2023 erschienene, vorliegende Kommentarwerk ist der sechste Band der „Wiener Interdisziplinären Kommentare“ zu Sigmund Freuds Werken. Im Geleitwort der...

Yassir Eric: Wir müssen reden, bevor es zu spät ist

So wie die Lektüre von Reiseführern über Deutschland, die von Autoren aus dem Ausland verfasst wurden, für den deutschen Leser immer wieder die eine oder andere – durchaus erhellende – Überraschung enthält, kann es intellektuell sehr anregend sein, die Perspektive der nach Deutschland Eingewanderten und hier heimisch Gewordenen in ihrem schriftstellerischen Wirken zu rezipieren. Dies kann, insbesondere bei dem Thema Migration, Asyl und Integration, einerseits dazu führen, die Wünsche und Bedürfnisse der „schon länger hier Lebenden“ als auch der „neu Hinzukommenden“ wahrzunehmen, andererseits aber auch dazu, Positionen, die dem gesunden Menschenverstand entspringen, jedoch nicht dem akademischen und journalistischen Mainstream entsprechen, zu ihrem Recht zu verhelfen.

Allein durch den...

Abdel-Hakim Ourghi: Die Juden im Koran

Antisemitismus ist weltweit und in der deutschen Gesellschaft ein Problem, das in den letzten Jahren sich noch verstärkt hat. Gerade im Zuge der Coronapandemie sind wieder Verschwörungstheorien en vogue geworden, die ganz klar antisemitisch konnotiert sind. Aber auch der Antisemitismus von Menschen mit Migrationsbezug aus muslimischen Sozialisationskontexten ist in den letzten Jahren in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Der Freiburger islamische Theologe Abdel-Hakim Ourghi hat sich nun mit seinem Buch „Der Koran und die Juden – Ein Zerrbild mit fatalen Folgen“ der Aufgabe gestellt, die theologischen Wurzeln und Grundlagen des muslimisch geprägten Antisemitismus herauszuarbeiten.

Der Ausgangspunkt seines Buches ist die eigene Biografie. In der Einführung erzählt Ourghi von...