Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Christoph Kreitmeir: Welche Farbe hat der Tod

Das Buch steht in Spannung zwischen zwei Inspirationsquellen: Der Rezeption theoretischer Impulse aus der medizinischen und psychologischen Sterbeforschung und aus verschiedenen religiösen Traditionen einerseits – und der Verarbeitung persönlicher Begegnungen mit Sterbenden, ihren Angehörigen und mit Dienstleistern rund um das Sterben.

Welche Farbe hat der Tod? – Der Maler Alfred Opiolka gibt die klare Antwort: Der Tod ist grün. Deshalb grundiert er die Schreine, die er für die Aufnahme toter Körper bemalt, in Grüntönen; Vögel, pflanzliche Motive und Schmetterlinge transportieren die tröstliche Botschaft, dass der Tod kein Ende, sondern das Überschreiten der Grenze zu einem anderen Leben ist. Das ist zugleich der Grundtenor des vorgelegten Buches, um den sich blütenförmig die Reflexionen...

Peter Schäfer: Die Schlange war klug

„Die Hebräische Bibel und ihre rabbinische Deutung erweisen sich als Schlüssel zur Beantwortung der Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen.“ Zu diesem Schluss gelangt der emeritierte Professor für Judaistik (an der Freien Universität Berlin und der Princeton University) und ehemalige Direktor des Jüdischen Museums Berlin Peter Schäfer in seinem bemerkenswerten Buch „Die Schlange war klug. Antike Schöpfungsmythen und die Grundlagen des westlichen Denkens“ in dessen letztem Satz. Auch wer die These des Autors, dass das Konzil von Trient den augustinischen Ansatz einer „im biologisch-genealogischen Sinne vererbten Sünde“ als freiheitsnegierendes Faktum dogmatisiert habe, in dieser Schärfe nicht teilen will, liest das Werk des Berliner Gelehrten mit größtem Gewinn. Der starke Gegensatz,...

Christian Kern: Scheitern Raum geben

Was hat die Havarie der Costa Concordia am 13. Januar 2012 mit der Theologie zu tun. Kurz und bündig gesprochen: das Scheitern und wie dieses in Sprache gefasst wird. So wird im vorliegenden Buch, der überarbeiteten Doktorarbeit von Christian Kern, die Analyse des Schiffbruchs eines Kreuzfahrtschiffs im Mittelmeer mit der biblischen Erfahrung des Ostermorgens in Beziehung gesetzt. Wie gelingt angesichts des Scheiterns menschliches Leben und was besagt dies über die Rede von Gott? Dazwischen liegen interessante und spannende Auseinandersetzungen über die Frage, was unsere Kultur kennzeichnet: souveräne Positionen des Erfolgs oder Lebensgestaltung in Fragilität angesichts von Scheitern.

Das Wort „scheitern“ stammt ursprünglich aus dem maritimen Kontext als einer wenn auch in der Schifffahrt...

Konrad Hilpert: Zwischen Leihmutterschaft und Sterbehilfe

Konrad Hilpert, in zahlreichen Gremien mitwirkender Moraltheologe mit Lehrstuhl an der Universität München, stellt in diesem Bändchen 16 Interviews zusammen, die er in den Jahren 2002 bis 2022 meist aus aktuellem Anlass gegeben hat. Die Themen reichen von erweiterten Möglichkeiten der Medizin, vor allem der Reproduktionsmedizin, über die Veränderung katholischer Sexualethik, den Begriff des Gewissens bis hin zur Abgründigkeit des Menschen, die sich in schockierenden Gewalttaten manifestiert. Alle Interviews sind mit Anmerkungen versehen, die auf Schriften des Autors hinweisen und zur vertieften Beschäftigung mit den Themen anregen. Gerahmt wird die Interviewserie von fünf kurzen Aufsätzen über die geeignete Kommunikationsform für moralische Positionen. Diese Aufsätze laufen darauf hinaus,...

Sigmund Freud: Der Mann Moses und die monotheistische Religion

„Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ gilt als ein bedeutendes Spätwerk Sigmund Freuds, in dem er – nach mehreren Ansätzen in früheren Schriften – erneut die Grenzen der Anwendung der Psychoanalyse als klinische Behandlungsmethode überschreitet und auf ein gesellschaftliches Phänomen anwendet. Dabei trägt das Werk deutliche selbstanalytische Züge: Freud untersucht etwas, mit dem er sich selbst in differenzierter Weise identifiziert, nämlich dem Jüdischsein. Der Text gilt als sperrig und vielgestaltig. Er enthält Elemente einer fiktiven Erzählung, klinische Theorien über Traumatisierung und ethnologische Thesen.

Das 2023 erschienene, vorliegende Kommentarwerk ist der sechste Band der „Wiener Interdisziplinären Kommentare“ zu Sigmund Freuds Werken. Im Geleitwort der...

Norbert Feinendegen: C. S. Lewis: Überrascht von Gott

Die Gnade Gottes führte ihn „gnadenlos“ zum Christentum. Sein messerscharfes Denken ließ ihm keinen anderen Ausweg. Es erging ihm wie Augustinus (255, Fußnote 112). Er kapitulierte schließlich vor Gott und nannte sich später „de[n] niedergeschlagenste[n] und widerwilligste[n] Bekehrte[n] in ganz England“ (247, 253). Es war ihm wichtig zu betonen, „dass Gott selbst ein lebendiger Akteur in seiner Bekehrungsgeschichte war“ (13). Wie kam es dazu, dass ein ehemals freiheitsliebender Hardcore-Materialist, der sich gegen alle auch transzendenten Einmischungen in sein Leben verwahrte (131), zum demütigen Christen wurde und rückblickend sagt: „I was not born to be free – I was born to adore and obey.“ (Ich wurde nicht geboren, um frei zu sein – ich wurde geboren, um anzubeten und zu gehorchen.)...

Sebastian Kleinschmidt: Kleine Theologie des Als ob

Die Gattung der Apologie ist eine uralte. Seit es die Christen gibt, suchen sie ihren Glauben zu vermitteln, Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die sie erfüllt. Nun legt Sebastian Kleinschmidt, der in den Jahren 1991 bis 2013 die renommierte Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ leitete, einen eigenwilligen Versuch über Gott und den Glauben vor. Er umfasst zehn Kapitel, die Biographisches wie Systematisches geschickt verschränken.

Man darf von einem ostdeutschen Hintergrund sprechen. Kleinschmidt, 1948 geboren, stammt aus Schwerin, der ältesten Stadt Mecklenburgs. Sein Vater war Prediger am Dom – zugleich ein „religiöser Sozialist“ und Mitglied der SED. Ein „Doppelmissionar“, der, wie der Sohn anmerkt, vor die Wahl zwischen Luther und Müntzer gestellt, stets für den zweiten optierte....

Michael Blume: Rückzug oder Kreuzzug?

 

Banken- und Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise, Coronakrise, Ukraine- und Energiekrise. Die Welt befindet sich seit Jahren nahezu konstant im Krisenmodus. Die Zukunftsperspektiven sind bestenfalls unklar, häufig apokalyptisch. Auch das Christentum ist in der Krise – zumindest in Deutschland und Europa, ganz zu schweigen von der katholischen Kirche, die jedes Jahr Tausende ihrer Mitglieder verliert und nur wenige hinzugewinnt.

Quo vadis, Christentum?, fragt deshalb Michael Blume, Religions- und Politikwissenschaftler und Beauftragter gegen Antisemitismus in Baden-Württemberg. In seinem neuesten Buch, das der Vertrauenskrise des Christentums gewidmet ist, dabei aber die vielen Krisen der Gegenwart nicht unberücksichtigt lässt, entwickelt Blume eine Prognose zur Zukunft der größten...