Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Johannes Reuchlin: Ratschlag, ob man den Juden all ihre Bücher nehmen, abtun und verbrennen soll

100 Jahre Hitlerputsch, 90 Jahre Machtübernahme der Nationalsozialisten – die beiden besonderen Gedenktage des Jahres mahnen zur besonderen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Antisemitismus. Dieser ist leider nach wie vor nicht von gestern, was die aktuelle Statistik des Bundesinnenministeriums zeigt, nach der antisemitische Gewalttaten im vergangenen Jahr erneut zugenommen haben. Christinnen und Christen können einen Beitrag leisten, nicht nur indem sie sich der engen Verbindung der eigenen Religion mit dem Judentum gewahr werden, sondern auch durch Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte der Judenfeindschaft. Religiöser Antisemitismus gehört zu den Schattenseiten der Kirchengeschichte. Langlebige Klischees und Verschwörungstheorien haben ihren Ursprung in antijüdischer Polemik...

Wolf-Friedrich Schäufele: Kirchengeschichte II: Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart

Die Monographie von Wolf-Friedrich Schäufele ist als Einführungs- und Überblickswerk zur Kirchengeschichte konzipiert und betrachtet die Zeit von ca. 1300 bis um 2000. In der Reihe „Lehrwerk Evangelische Theologie“ wird das Werk chronologisch an den Teil „Kirchengeschichte I: Von der Alten Kirche bis zum Hochmittelalter“ von Katharina Greschat anschließen, dessen Erscheinen für 2023 geplant ist. Die Reihe richtet sich insbesondere an Studierende der Evangelischen Theologie, Ziel der einzelnen Bände ist es, „gegenwartsbezogenes theologisches Grundwissen [zu] vermitteln“ (Vorwort zur Reihe, V). Über diese primäre Zielgruppe hinaus kann die Monographie aber auch Studierenden der Katholischen Theologie und weiteren Interessierten für einen (vertieften) Überblick vielfachen Erkenntnisgewinn...

Richard Schaeffler: Transzendentale Theologie

Das vorliegende Werk ist eine posthume Veröffentlichung, mit der Richard Schaeffler selbst noch sein religionsphilosophisches Lebenswerk zusammengefasst hat. Es setzt an als Auseinandersetzung mit Immanuel Kant, der in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ zeigt, dass unser Bewusstsein die gegebene Wirklichkeit nicht passiv aufnimmt, sondern empirische Sinneseindrücke so organisiert, dass sie sich zu Erscheinungen und diese sich letztlich zur Einheit einer Welt zusammenfügen. Die Formen unserer Urteilsbildung werden dabei einstweilen als unveränderlich vorausgesetzt. Kants Ideal ist hier noch „das universal vertretbare Forschersubjekt“, als das ein Individuum die Stelle eines anderen übernehmen kann.

Ohne dass er dies im Einzelnen ausgeführt hätte, hält Kant jedoch prinzipiell auch einen...

Wolfgang Baum: Wie kommt Gott ins Denken?

Als Handreichung zu Prüfungszwecken gedacht, legt Wolfgang Baum unter der Perspektive des Verhältnisses zwischen Denken und Glauben ein Kompendium des Gottdenkens von der Antike bis zur Gegenwart vor. Der Autor richtet sich an einen größeren Leserkreis, der sich mit dem philosophischen Hintergrund des christlichen Glaubens beschäftigen möchte. Baums historische Tour d’Horizon hat zudem ein existentielles Motiv. Der Überblick dient einer zeitgemäßen Metaphysik. Diese ist notwendig, wenn man an dem Bekenntnis zum biblischen Gott festhalten will.

Nach kurzen einleitenden Ausführungen zu den Anfängen und zur Bedeutung der Schrift (I) bildet beim Gang durch die Antike der Wechsel zwischen einer idealistischen und einer realistischen Denkweise den roten Faden (II). Danach (III) steht das von...

Byung-Chul Han: Vita contemplativa

Byung-Chul Han holt zum Frontalangriff gegen Hannah Arendt aus. Betitelt wird der knapp über 100 Seiten lange Kreuzzug mit „Vita contemplativa. Oder von der Untätigkeit“. Damit positioniert sich das kleine Büchlein von Anfang an klar als Gegenentwurf zu Hannah Arendts philosophischem Hauptwerk „Vita activa. Oder vom tätigen Leben“, erstmals erschienen 1958 auf Englisch und 1960 auf Deutsch. Dazu ein Blick auf Aufbau, Gestaltung und Inhalt des Werkes:

Der Band beinhaltet sechs kürzere Essays, die einzeln und in unterschiedlicher Reihenfolge gelesen werden können. Han arbeitet sich an unterschiedlichen Denkerinnen und Denkern ab, die am Ende in einen allzu bekannten Standardkanon eingeordnet werden können, der landläufig „Kontinentale Philosophie“ (Heidegger, Benjamin, Agamben) genannt...

Volkmar Nüssler: Die beste Medizin kommt aus der Küche

Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler ist Onkologe und leitet das Tumorzentrum in München. Das Buch ist eine Frucht der Projektgruppe „Ernährung und Krebs“, die das Manual für onkologisch tätige Medizinerinnen herausgibt. Zum Thema gesunde und umweltschonende Ernährung kam er über einen Kochkurs mit Hans Haas, in dessen Sterneküche nichts weggeworfen wird. Was Gesunden hilft, brauchen Patienten erst recht. Deshalb hat die Arbeitsgruppe an verschiedene Kliniken Küchen für nachhaltige Ernährung eingerichtet, welche die Genesung der Patienten unterstützt und nicht viel mehr kostet, weil man auf regionales und saisonales Essen achtet.

Schlüssel für eine gesunde Ernährungsweise ist die Reduzierung des Fleischkonsums. Wenn Fleisch gegessen wird, ist auf artgerechte und regionale Tierhaltung zu achten....

Thea Caillieux: Eva und Adam – Adam und Eva. Das erste Paar in der Kunst

Schon der Titel von Thea Caillieux‘s Werk spricht Bände: Eva, die ewig Zweitgenannte, rückt vor Adam an die erste Stelle; Eva und Adam, links in roten Lettern gesetzt. Die klassische Reihung, Adam und Eva, in blauen Buchstaben rechts gefasst, verblasst daneben. Bilder bilden Bewusstsein. Wie Adam und Eva in der Kunst über nahezu eineinhalb Jahrtausende dargestellt wurden, bestimmte auch das gesellschaftliche Verhältnis von Mann und Frau.

Thea Caillieux‘s These: Der zweite Schöpfungstext mit der Erzählung vom Sündenfall stelle in der künstlerischen Darstellung den ersten bei Weitem in den Schatten. In einer kunstgeschichtlichen Zeitreise bringt die Autorin im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen, wie Eva als Sinnbild der Frau schlechthin immer stärker als jene Figur herausgearbeitet wird,...

Markus Hofer: Das Heilige und das Nackte

Nacktheit und Scham sind als kulturelle Phänomene gleich ursprünglich. Im Vergleich zu ihrer Umwelt sind die biblischen Texte des Alten und Neuen Testamentes eher desinteressiert am Sexuellen. Im Spiegel der abendländischen Kunst weisen marginale künstlerische Darstellungen von Nacktheit auf einen selbstverständlichen Umgang mit ihr in der Öffentlichkeit hin, während eine Dominanz des Nackten in der Kunst als Indiz für ihre gesellschaftliche Marginalisierung gelten kann.

Unter diesen drei Thesen lotet Markus Hofer das Verhältnis von Nacktem und Heiligem aus, wie es sich ihm in der Kunst zeigt, und liefert damit einen wichtigen Beitrag in der aktuellen Diskussion über die kirchliche Sexuallehre und -moral im Zuge des Synodalen Weges. Mit Humor und Leichtigkeit geschrieben, ist dieses Buch...