Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Christian Lehnert: Gebete der Menschheit

Philosophie und Theologie reden überGott, das Gebet zu Gott. Es ist ein Vollzug – alleine im persönlichen Gebet oder gemeinsam in der Liturgie. Das weiß der evangelische Theologe, Librettist und preisgekrönte Lyriker Christian Lehnert, dessen Sammlung „Gebete der Menschheit“ in keinem theologischen Verlag, sondern in der bibliophilen „Insel-Bücherei“ erschienen ist. Ihm geht es um den „semantischen Raum“ bzw. den „Biotop“ (127), in dem das Gebet seinen Ort hat, sowie um seine Nähe zum Gedicht, sind doch „beide an der Grenze der vertrauten Sprache unterwegs und erkunde[n] Räume, wo die Worte noch fehlen“ (128f). In zehn Abschnitte gliedert Lehnert seine ebenso subjektive wie anregende Auswahl von 60 Gebeten aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Zeiten (9-101); hinzu kommen als...

Jan-Heiner Tück / Tobias Mayer (Hg.): Die Kunst umspielt das Geheimnis

 

Kaum ein Ereignis hat in den vergangenen Monaten die weltweite Kunst- und Literaturszene so sehr aufgewühlt, wie die Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Dezember 2019 an Peter Handke. Während das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung mit Handke einen der einflussreichsten Schriftsteller Europas nach dem Zweiten Weltkrieg lobte, der „das Ungesehene einfängt und uns zum Teil davon macht“, regte sich auf Grundlage einer Vielzahl politischer Texte Handkes, in denen er sich in apologetischem Modus zu den Gräueltaten des Jugoslawienkrieg äußerte, oder diese gar leugnete, ebenso vehementes Unverständnis und Kritik für diese Entscheidung. Mit seinen Texten polarisierte Handke schon immer – mit dem ihn nun bekleidenden Nobelpreis wird er es unaufhörlich weiter tun.

Für Jan-Heiner Tück...

Knut Wenzel: Poesie des aufgegebenen Worts

Das Werk eines Fundamentaltheologen und Dogmatikers der Katholischen Theologie – diesen Fachrichtungen ist die Professur Knut Wenzels an der Universität zu Frankfurt zugeordnet – ist gemeinhin ein Kompendium zu philosophisch möglichst stringent begründeten theologischen Theoremen oder Glaubensgewissheiten. Der Titel seines neuen, seit 2019 vorliegenden Buches verweist aber auf eine interdisziplinär ausgreifende Thematik und erzeugt zudem eine erste Irritation mit dem doppeldeutigen Partizip in der Formulierung „des aufgegebenen Worts“: Es beschreibt einerseits die Aufgabe im Sinne der zu erfüllenden Arbeit, Bestimmung oder Pflicht, die mit dem Wort verbunden sein mag, andererseits aber ihr vordergründiges Gegenteil, das resignierte Aufgeben und Fallen- oder Gehenlassen desselben. Eine...

Martin Mosebach: Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Martyrer

Ein bemerkenswerter, aber nur selten thematisierter Aspekt von „Weltoffenheit“ besteht darin, dass die Offenheit gegenüber fremden Einstellungen und Gepflogenheiten häufig umso größer ist, je weiter die betreffende Kultur räumlich oder mental entfernt liegt. So verfolgt der aufgeklärte westliche Tourist mit Neugier und Interesse die Gesänge und Zeremonien der buddhistischen Mönche in dem Bergkloster, an dem er auf seinem Himalaya-Treck vorbeikommt, während er gegebenenfalls im heimischen Umfeld die religiösen Ausdrucksformen seiner christlichen Mitbürger als zu überwindendes Relikt aus der Kindheitsphase der Menschengattung empfindet und dies nach außen bekundet, ohne die Befürchtung hegen zu müssen, der Intoleranz geziehen zu werden. Auch innerhalb christlicher Kreise selbst lässt sich...

Theo Buck: Géricaults „Floss der Medusa" 1819 - 2019

Die angesichts von sinkenden Flüchtlingsbooten im Mittelmeer dramatische Aktualität von Géricaults Bildmotiv Floss der Medusa veranlasst Theo Buck, Professor für Neuere Deutsche Literatur, sich mit dem Künstler und dessen Bildmotiv zu befassen. Nicht nur die Entstehungsgeschichte des Werkes ist detailliert beschrieben, auch dessen Einfluss auf die Gegenwartskunst wird mit zahlreichen Abbildungen belegt. Die Wiederaufnahme von Géricaults Gemälde im aktuellen künstlerischen Dialog wirft die Frage auf: Was vermögen die „Schönen Künste" im ungeschönten Diskurs mit der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Realität? Diese Frage zieht sich leitmotivisch durch Bucks Schrift im Rückgriff auf Peter Weiss‘ Roman Die Ästhetik des Widerstands (1975).

Weit mehr noch als die Biographie des allzu früh...

Thomas Quartier: Lebenslieder

Wörtlich bezeichnet der englische Begriff „Soundtrack“ die Tonspur eines Films, die meist losgelöst von ihrem jeweiligen Werk – z.B. als Audio-Datei zur DVD – veröffentlicht wird. Ein Soundtrack kann sowohl neue Kompositionen als auch bereits existierende Musikstücke umfassen. Charakteristisch ist, dass eine funktionale Verbindung zwischen den akustischen und szenischen Sequenzen besteht. Das Klangliche unterstützt und verstärkt das Visuelle et vice versa.

Ähnlich verhält es sich mit dem vorliegenden Buch von Thomas Quartier, Benediktinermönch der Abtei St. Willibrord in Doetinchem (Niederlande). Keine Filmmusik, aber nichts weniger als einen „Soundtrack der Gottsuche“ wollen seine „Lebenslieder“ zu Gehör bringen. Der Inhalt des 220 Seiten starken Buches ist durchkomponiert: 10 Kapitel,...

Michael Köhlmeier / Konrad Paul Liessmann: Der werfe den ersten Stein

Der Untertitel dieses Buches – „Verdammungen“ – und das Inhaltsverzeichnis – „Betrug, Lüge, Eifersucht …“ – könnten den Eindruck erwecken, hier ginge es um strenge moralische Verurteilungen. Wer aber aufgrund eines solchen Missverständnisses das Buch aus der Hand legt, bringt sich um ein ebenso unterhaltsames wie anregendes Lesevergnügen. Denn hier haben zwei Autoren zusammengefunden, die beide das Schwierige mit scheinbar leichter Hand zu vermitteln vermögen. Der eine Schriftsteller, der andere Philosoph. Der Schriftsteller Michael Köhlmeier ist bekannt für seine freien Nacherzählungen von Sagen, Märchen und biblischen Geschichten. Diese werden so vorgetragen, dass sie in einem zeitlosen Raum zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schweben scheinen, aber in Stil und Diktion sich deutlich...

Thomas Möllenbeck / Ludger Schulte (Hg.: Präsenz. Zum Verhältnis von Kunst und Spiritualität

Die Herausgeber sammeln neunzehn Beiträge anlässlich eines Studientags der PTH Münster aus dem Jahr 2017, um das Verhältnis von Kunst und Spiritualität zu reflektieren. Dies geschieht anhand verschiedener Kunstgattungen in der Sicht unterschiedlicher theologischer und außertheologischer Disziplinen unter dem Leitmotiv „Präsenz“ als Erscheinung eines Objektes für ein Subjekt in Raum und Zeit. Dabei wird Kunst als Repräsentation ihrer selbst als Kunst oder eines durch sie repräsentierten Inhaltes verstanden, durch den sich ein Subjet anhand eines Objektes zu sich selbst und der Wirklichkeit als ganzer in ein Verhältnis setzt, um ihnen Bedeutung beizusprechen. Kunst setzt also ein Sich-Verhalten zur Welt aus der Vergangenheit in einer Gegenwart präsent, in der sie stets neu bedeutet. Präsenz...