Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Jörg Lauster: Das Christentum

Die Kulturgeschichte des Christentums skizziert Jörg Lauster, evangelischer Professor für Systematische Theologie in München, komprimiert auf 128 Seiten. Das ist eine hohe Kunst, denn seine Ausführungen zeugen von einem profunden Wissen zu Personen, theologischen Positionen sowie Dogmen- und Kirchengeschichte und weisen vielschichtige Analysen und hilfreiche Systematiken auf, um auch aktuelle Zusammenhänge und Fragestellungen des Christentums und der Kirchen besser verstehen zu können. Dies alles in einer solchen Kürze und in verständlicher Sprache aufzuarbeiten, verdient Respekt. Das Format einer kurzen Einführung in der Reihe Beck Wissen bringt es mit sich, dass vieles nur angedeutet werden kann.

In den vier Kapiteln geht der Autor zunächst auf gut 50 Seiten auf die 2000-jährige...

Stefan Kiechle: Gott die Ehre

Der Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola (1491-1556), verfasste als Frucht seiner persönlichen Erfahrungen eine Sammlung geistlicher Übungen (im spanischen Original mit dem Titel „ejercicios espirituales“), die als Klassiker in die Spiritualitätsgeschichte des Christentums eingegangen sind. Das lateinische Wort „exercitium“ bedeutet „Übung“. Wie ein Sportler trainieren muss, um seine Fertigkeiten zu entwickeln, so ist es auch im geistlichen Leben. Wer Exerzitien macht, übt sich darin, das eigene Leben zu ordnen, neu auszurichten und aufmerksam zu werden für das, was sich an inneren Regungen zeigt. Geistliche Exerzitien kennen keinen Leistungsdruck, sie sind eine Zeit der Unterbrechung des Gewohnten, sie weiten den Blick für Ungeahntes, sie leben vom Loslassen und Sich-Einlassen,...

Jürgen Werbick: Theologie anthropologisch gedacht

In seiner viel beachteten Abhandlung „Der Nachmittag des Christentums. Eine Zeitansage“ entwirft der tschechische Theologe und Soziologe Thomás Halík einen methodologischen Zugang, der das Verhältnis von Glaube und Kultur zu fassen versucht, und nennt diesen Kairologie. Diese theologische Hermeneutik, so Halik, ermögliche den christlichen Anspruch, die Zeichen der Zeit wahrnehmen, deuten und entsprechende Konsequenzen aus ihnen ziehen zu können. Notwendigerweise bedarf eine solche theologische Konzeption einer interdisziplinären akademischen Zusammenarbeit: „Die Theologie ist der Dienst am Glaube; der christliche Glaube hat jedoch in der Kultur und Gesellschaft Gestalt angekommen, und wenn wir ihn verstehen und ihm dienen wollen, müssen wir ihn in seinem Kontext wahrnehmen und auch diesen...

Markus Zimmermann: Gewalttätiger Gott – gewalttätiger Glaube?

 

Zu den besonders erschreckenden Gewalttaten, von denen aus beinahe jedem Krieg berichtet wird, gehört die Tötung von Kindern. Sie ist das Kriegsverbrechen, das die Emotionen am stärksten erregt und gegen die Aggressoren aufbringt. Umso schlimmer, wenn eine solche Gewalttat von Gott selbst befohlen wird – wie in 1 Sam 15: Durch Samuel gibt er Saul den Befehl, alle Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder, Schafe, Kamele und Esel der Amalekiter zu töten. Da Saul den Befehl nicht exakt ausführt, sind seine Tage auf dem Thron gezählt.

Für Markus Zimmermann, Fundamentaltheologe und Dogmatiker an der Päpstlichen Universität Gregoriana, ist diese Stelle ein Beispiel für die religionshistorisch vielfach belegte „Gewalt ad extra“. Auch die „Gewalt ad intra“ entdeckt Zimmermann in der...

Werner Schüßler: Vom Ich, der Liebe und dem Tod

 

Mensch zu sein und immer mehr zu werden, impliziert auch, ein Ich sein zu können, in Beziehung zu leben und mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu sein. Die philosophische Frage nach dem Ich, nach der Liebe und nach dem Tod behandelt der Autor in den drei miteinander verknüpften Kapiteln seiner klar gegliederten, nuancierten Darstellung.

Von Karl Jaspers‘ existenzphilosophischer Analyse grundiert, umkreist das erste Kapitel zentrale anthropologische Aspekte der Frage nach dem Individuum. Der Autor wehrt sich gegen rationalistische Einseitigkeiten hinsichtlich des Ichs. Er setzt sich deshalb anschaulich mit kybernetischen Verengungen auseinander. Das Leben des Einzelnen manifestiert sich in unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Seinsschichten. Der rationalistischen...

Martin Hoffmann: Protestantische Ethik

 

Es herrscht kein Mangel an Lehr- und Handbüchern der evangelischen Ethik. Warum also noch ein neues zur Hand nehmen? Antwort: Weil hier ein Autor schreibt, der in zwei sehr differenten kirchlich-theologischen Milieus und ihren Sprachen zuhause ist und diese Milieus zu einem ungewöhnlichen, ja: eigensinnigen Entwurf zusammenbindet. Der Verfasser, mit einer Arbeit über den lutherischen Theologen Hans-Joachim Iwand promoviert (Bezeugte Versöhnung, 1988), war Gemeindepfarrer und Rektor der (evang.-luth.) Predigerseminare in Bayreuth und Nürnberg. Seit zehn Jahren aber lebt er in Costa Rica und lehrt an der Universidad Bíblica Latinoamericana (San José).

Ganz im Sinne kontextueller Theologien beginnt Hoffmann zunächst in Teil I mit einer Beschreibung der sozial-religiösen Situation in...

Rainer Enskat: Aufklärung – Wissenschaft – Religion

 

In seinem in einem essayistischen Format gehaltenen Buch diagnostiziert Rainer Enskat ein neuzeitliches Spannungsfeld, das an eine Zerreißprobe grenzt. Anhaltspunkte dafür sieht er in der Selbstüberschätzung des Aufgeklärtseins, dem grenzenlosen wissenschaftlichen Fortschrittsoptimismus sowie im Heilsversprechen des Konsumismus. Die Themen Aufklärung, Wissenschaft und Religion markieren hierbei die zum Verständnis der Struktur des Spannungsfeldes entscheidenden Größen. Zur Erfassung dieser Struktur muss geklärt werden, ob innerhalb von Wissenschaft Aufklärung vollständig geleistet werden kann, und, wenn Religion angesichts von Wissenschaft und Aufklärung überhaupt eine Rolle spielen kann, welche das dann sein soll.

Enskat wählt zur Erklärung der Genese des Spannungsfeldes drei...

Michael Quante: Der unversöhnte Marx

Bei der Fülle der Marx-Publikationen, die anlässlich des 200. Geburtstages des Trierer Philosophen auf den Markt kamen, konnte man diesen schmalen, aber inhaltlich gehaltvollen Essay-Band leicht übersehen. Umso verdienstvoller ist es, dass sich der Verlag nun zu dieser gründlich überarbeiteten Auflage entschloss. Der Münsteraner Philosoph Michael Quante setzt bei seinen Lesern allerdings einiges an Kenntnis voraus. Für diese Zielgruppe der „Kenner“ aber bietet er eine Lesart an, die Marx‘ bleibende Aktualität weit über die oberflächlichen Aktualisierungen hinaus begründet. Im einleitenden langen Essay „Die Philosophie des Karl Marx“ entfaltet der Autor seine beiden Hauptthesen. Die übrigen Kapitel des Bandes beleuchten diese nochmal von einer besonderen Perspektive her.

Der Kern des...