Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Klaus Wengst: Wie das Christentum entstand

„Wie das Christentum entstand“, sollte uns nach 2.000-jähriger Geschichte und den Erkenntnissen, die wir mit Hilfe historisch-kritischer Analysen der biblischen und außerkanonischen Schriften erlangt haben, doch annähernd bekannt sein. Warum also lohnt es sich, darüber ein weiteres Buch zu verfassen oder zu lesen?

Der evangelische Neutestamentler Klaus Wengst nimmt jedenfalls an, dass selbst in kirchlichen Kreisen nicht immer klar sei, dass Jesus Jude und nicht „der erste Christ“ war und dass es mindestens mehrere Jahrzehnte gedauert hat, bis die an Jesus Glaubenden ein Bewusstsein und Selbstverständnis als eigene religiöse Gruppierung neben dem Judentum entwickelt haben. Dieser These geht er in seiner „Geschichte mit Brüchen im 1. und 2. Jahrhundert“ in einer dreistufigen Annäherung...

Georg Lämmlin (Hg.): Gesellschaftlicher Zusammenhalt in der postsäkularen Gesellschaft

Mit dem zur Rezension vorliegenden Band sollen gleich mehrere Anliegen eingelöst werden. Zuvorderst versammelt der Band Tagungsbeiträge, die zum titelgebenden Thema zusammengetragen wurden. Darunter die zwei sozial- und bildungswissenschaftlichen Keynotes der Tagung von Ferdinand Sutterlüty „Kirchen zwischen Gesellschaftskritik, Affirmation und Eskapismus: Zur Rolle religiöser Ideen“ und von Monika Jungbauer-Gans zu „Bildung und soziale Integration – wie hat sich die Bildungsbeteiligung im Zeitverlauf verändert“. Zudem greift der Band unter der Überschrift „Texte des Sozialwissenschaftlichen Instituts“ weitere Beiträge im Umfeld des Themas auf: Einen Beitrag des Herausgebers zu „Ekklesiologischen Innovationen“, den der Verfasser pandemiebedingt nicht auf einer einschlägigen Tagung...

Jürgen Werbick: Gegen falsche Alternativen

Jürgen Werbicks neues Buch beinhaltet in acht etwa gleich langen, thematisch und systematisch miteinander verknüpften Kapiteln Ausführungen über zentrale Themen des christlichen Glaubens. Der Autor gibt zunächst (3-16) einen konzisen Überblick über die unterschiedlichen Aspekte einer teilnehmenden, teilenden Theologie, die in den folgenden Kapiteln (17-226) anschaulich entfaltet werden. Das Buch schließt mit einem sehr klaren Ausblick (227-230): Der Theologe plädiert dafür, im Vertrauen auf Gottes Lebensbegleitung, seine Gnade, das Verurteilen hinter sich zu lassen und so konkret wie möglich etwas miteinander anzufangen.

Das 1. Kapitel kennzeichnet die Perspektive der folgenden: Statt sich auf ein dualistisches Entweder-oder zu fixieren, geht es darum, über wichtige gemeinsame Erfahrungen...

Kurt Kardinal Koch: Wohin geht die Ökumene?

Um den heutigen Stand des ökumenischen Anliegens in der Welt zu beurteilen, bedarf es eines größeren Überblicks. Wer könnte ihn auf katholischer Seite qua Amt besser haben als der jetzige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen Kurt Kardinal Koch? Es war sicher zu erwarten, dass der Kardinal eine eher konservative Sicht und Einschätzung der Situation vorlegen würde. Das ist auf keinen Fall zu bemängeln. Die Ökumene steht immer in der Gefahr, Einheit zu verkündigen, wo in Wahrheit noch keine besteht. Das für den evangelischen Rezensenten tiefere Problem dieses Buches liegt darin, dass die konservative Sicht der Ökumene sich in der Weise kundtut, dass die katholische Wahrheit als den theologischen Einsichten der anderen Kirchen überlegen angesehen und bisweilen...

Kurt Erlemann: Wunder. Theorie – Auslegung – Didaktik

An Büchern über die Wunder der neutestamentlichen Überlieferung besteht in der Exegese – anders als in der systematischen Theologie – kein Mangel. Erwähnt seien nur die zahlreichen Beiträge von Bernd Kollmann und das von Ruben Zimmermann herausgegebene zweibändige „Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen“, in dem sich die Vielfalt bibelwissenschaftlich reflektierter Zugänge gut widerspiegelt. Auch Kurt Erlemann ist im vorliegenden, eng an sein Buch „Kaum zu glauben. Wunder im NT“ (2016) anschließenden Opus dieser Vielfalt verpflichtet. Entsprechend seiner Konzeption als Fach- und Lehrbuch enthält es exegetische, hermeneutische und besonders auch didaktische Fragestellungen, wobei sich Auswahl und Analyse einzelner Wundertexte an den Kerncurricula für den Evangelischen...

Stefan Böntert / Winfried Haunerland / Julia Knop / Martin Stuflesser (Hg.)

 

Im Vorwort des vorliegenden Bandes heißt es, dass die Frage nach Macht in der Kirche noch lange nicht beantwortet sei, was ebenfalls durch die Beiträge nicht eingeholt werden könne. Dennoch zeigen die verschiedenen Autorinnen und Autoren die große Bandbreite dieser Fragestellung auf. In fünf Kapiteln wird sich dem Themenkomplex von Gottesdienst, Macht und Klerikalismus aus verschiedenen Perspektiven angenähert.

Beginnend mit den Symbolen von Macht und deren Inszenierung zeigt Julia Knop die „systemische Hervorhebung des Klerikers“ auf. So sei der liturgische Leitungsdienst den Männern „auf den Leib zugeschrieben“. Die Repräsentation Christi werde auf die Person im Sinne der Gestalt Jesu (vor seinem Tod), nicht auf die Rolle (des Auferstandenen) bezogen (29). Daran anschließend zeigt...

Heinrich Timmerevers / Thomas Arnold: Gefährliche Seelenführer?

 

Diese Publikation enthält die auf dem Kongress unter gleichnamigem Titel in der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen gehaltenen Vorträge. Das Themenheft bietet einen sehr guten Überblick über Vielfalt und Mehrdimensionalität des sog. geistigen und geistlichen Missbrauchs. Bischof Heinrich Timmerevers verweist auf die Verpflichtung, sich als Kirche umfassend zu sensibilisieren, um sie so als sicheren Ort einer gemeinsamen Glaubenserfahrung gestaltbar zu machen. Hierfür gilt als Voraussetzungen eine präzise Analyse von Mechanismen und Umständen, die einen geistlichen Missbrauch zulassen. Im Weiteren stellt er fest, dass geistiger und geistlicher Missbrauch dem sexuellen vorausgehen. Eine vermeintliche, missbräuchlich im Voraus geschaffene Vertrauens- und Glaubensbeziehung wird...

Charles de Foucauld: Allen ein Bruder

Der selige Charles de Foucauld, der von 1858 bis 1916 lebte, zeigte in seinem Denken und Glauben mögliche Wege geistlicher Vertiefung auf. Aufrichtig demütig zu sein, war sein Ziel. Er suchte den „letzten Platz“ in dieser Welt und wollte – in der Nachfolge Christi – ein „Unbekannter“ sein, „zu den Verlassensten“ sich begeben, nach Marokko und Nordafrika.

Die Menschen dort begegnen ihm sehr offen und mit großem Vertrauen. Er bewundert die Schönheit der Natur, die Schöpfung, das Heilige Land und den Nahen Osten. In jedem Lächeln, das ihm geschenkt wird, erkennt er Gottes Spuren. 1897 schreibt Charles eine kleine Betrachtung in Nazareth: „Jeder Arme, jeder Bedürftige, jeder Betrübte, jeder Leidende ist Jesus!“ Mit zärtlicher Emphase sieht er das Antlitz Christi in seinem Nächsten. Mit...