Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Charles de Foucauld: Allen ein Bruder

Der selige Charles de Foucauld, der von 1858 bis 1916 lebte, zeigte in seinem Denken und Glauben mögliche Wege geistlicher Vertiefung auf. Aufrichtig demütig zu sein, war sein Ziel. Er suchte den „letzten Platz“ in dieser Welt und wollte – in der Nachfolge Christi – ein „Unbekannter“ sein, „zu den Verlassensten“ sich begeben, nach Marokko und Nordafrika.

Die Menschen dort begegnen ihm sehr offen und mit großem Vertrauen. Er bewundert die Schönheit der Natur, die Schöpfung, das Heilige Land und den Nahen Osten. In jedem Lächeln, das ihm geschenkt wird, erkennt er Gottes Spuren. 1897 schreibt Charles eine kleine Betrachtung in Nazareth: „Jeder Arme, jeder Bedürftige, jeder Betrübte, jeder Leidende ist Jesus!“ Mit zärtlicher Emphase sieht er das Antlitz Christi in seinem Nächsten. Mit...

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Sünde, Schuld und Vergebung aus Sicht der evangelischen Anthropologie

Das Sündersein jedes Menschen ist wohl die anstößigste Botschaft des Christentums. Gottes Liebe wird gerne verkündigt und gehört, aber selbst als Sünder dastehen zu sollen, erscheint in unserer modernen Gesellschaft wie ein archaisches Ansinnen, das alte Opfervorstellungen und Bußriten hervorruft. Dagegen hält man es besser mit dem realistischen gegenseitigen Zugeständnis, dass jeder neben seinen Stärken auch Fehler und Schwächen habe. Diese entspannte Ansicht verflüchtigt sich aber bekanntermaßen schnell, wenn man die Fehler der anderen genauer in den Blick nimmt. Da heißt es, den Finger in die Wunde zu legen, vor der der andere die Augen verschließen will. Überhaupt hat unsere Mediengesellschaft das Richteramt auf ungeahnte Weise demokratisiert und jeder ist befugt und fühlt sich...

Thomas Quartier: Rituale Leben

Nach „Das Kloster im eigenen Leben. Monastische Spiritualität als Provokation“ (2016), „Heilige Wut. Mönch sein heißt radikal sein“ (2018) und „Lebenslieder. Ein Soundtrack für Klosterspiritualität“ (2019) erkundet der Benediktinerpater Thomas Quartier, Mönch der Abtei Keizersberg und Professor für Monastische Studien an der Katholischen Universität Leuven (BE), mit dem vorliegenden Band abermals die Relevanz von Klöstern für unsere heutige Gesellschaft. Grundmelodie dieser Suchbewegung ist die Frage nach Ritualen, die in Krisen- und Übergangszeiten Halt und in den Vollzügen des Alltags Struktur geben können.

Die Überlegungen gliedern sich in 10 Kapitel, die jeweils mit einer Schwarz-Weiß Fotographie eröffnet werden, die mehr als bloß schmückende Beigabe sind. Dem Kapitel „Zeit für...

Tomáš Halík: Die Zeit der leeren Kirchen

Die Abwendung von der Kirche ist nicht nur in Westeuropa ein bekanntes Phänomen. Der Prozess lief und läuft auch in den ehemals kommunistischen Ländern des Ostens ab. Zu beklagen ist damit nicht in erster Linie ein Verlust an Einfluss und Macht, sondern, viel tragischer, eine intellektuelle Auszehrung der Institution. Es sind ja gerade die redlich auf der Höhe der Zeit fragenden und suchenden Menschen, die sich mit den verfassten Kirchen Osteuropas, ihren mit der modernen Kultur fremdelnden Hierarchen, deren politischer Positionierung und letztlich deren Art zu denken und zu sprechen nicht mehr anfreunden können.

Der tschechische Theologe Tomáš Halík bemüht sich in seiner an der Touristenmeile gelegenen Prager Akademischen Pfarrgemeinde darum, gerade dieser Gruppe von Menschen ein...

Monika Neugebauer-Wölk: Kosmologische Religiosität am Ursprung der Neuzeit 1400-1450

Eine vertraute, durch Aufklärungsoptimismus und Fortschrittsglaube geprägte Lesart unserer Vergangenheit lautet ungefähr so: Ist im Mittelalter der Blick auf das in analoger Erkenntnis erfahrbare Wesen der in Gott fundierten Wirklichkeit bezogen, so verändert sich mit dem Beginn der Neuzeit die Perspektive. Die Naturbetrachtung wendet sich von der Wesensbeschreibung ab und zur Empirie hin, deren Gesetzmäßigkeiten für sich relevant werden. Das 15. und das beginnende 16. Jahrhundert sind etwa das Zeitalter großer geographischer, technischer und astronomischer Entdeckungen. Dann kommt die Aufklärung: Kritische Vernunft will sich von sich aus in den Kosmos einordnen. Sie betrachtet sich nicht mehr als durch göttliche Vernunft im Universum geborgen, sie will sich vielmehr selbst, wenn überhaupt...

Gerhard Lohfink: Ausgespannt zwischen Himmel und Erde

„Ausgespannt zwischen Himmel und Erde“: Der Titel dieses Buches des bekannten Neutestamentlers Gerhard Lohfink umschreibt treffend nicht nur den grundlegenden Standpunkt eines jeden Glaubenden zwischen der Erfahrung des Himmlischen und der festen Verwurzelung in allem Irdischen. Er passt zur inhaltlichen Weite der insgesamt siebzig kleinen Beiträge zu oft prominenten biblischen Texten, die über mehrere Jahre hinweg in verschiedenen Kontexten entstanden sind.

Der Autor bündelt die Vielfalt der angesprochenen Aspekte unter drei großen Überschriften: Teil I („Grundlegendes“) entfaltet die Eckpfeiler des christlichen Welt- und Menschenbildes auch vor dem aktuellen pandemischen Hintergrund von COVID-19 im Bogen von Schöpfung, Geschichte und Vollendung, von Gottes- und Christuserfahrung, von...

Uwe von Seltmann: Wir sind da! 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Das Buch lässt sich am besten als eine Collage biografischer Skizzen beschreiben. Das Namensverzeichnis hat etwa 200 Positionen; es geht um Juden und einige wenige Menschen, die in Beziehung zum Judentum stehen. Die Lebensgänge werden im Zuge der Kapitel geschildert, einigen Kurzbiografien sind grafisch hervorgehobene Boxen gewidmet, viele Juden werden im Porträt gezeigt. Schließlich sind im Buch Boxen enthalten, die zentrale Begriffe des Judentums, zum Beispiel die Bedeutung des Schabbats und die Unterschiede zwischen Sephardim und Aschkenasim, kurz und durch Illustrationen unterstützt vorstellen. Markige Zitate werden an vielen Stellen farbig und in Großschrift zum Memorieren angeboten. Das Buch ist grafisch gelungen; es lädt dazu ein, bei einem Bild, einem Satz einzusteigen, um...

Ludmila Peters: Religion als diskursive Formation

Unbestreitbar kennt der Dialog von Religion und Literatur vielfältige Facetten. Entgegen dem vermeintlich unaufhaltsamen Dahinschmelzen des Religiösen durch Säkularisierungsprozesse ist ein weit verbreitetes und beständiges Interesse der Gegenwartsliteratur an religiösen Motiven, Fragestellungen und Konstellationen zu beobachten. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass die Untersuchung religiöser Sujets vornehmlich und breit von einer literaturinteressierten Theologie betrieben wird, während sich die literaturwissenschaftliche Seite bislang eher verhalten an diesem Dialog beteiligte.

Ludmila Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn, bearbeitet dieses Desiderat mit einer überaus anregenden...