Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hans-Joachim Höhn: Experimente mit Gott

Die gängigen Methoden theologischen Denkens führen bei den Studierenden zu Langeweile und Lustlosigkeit. Deshalb will der Autor sich den zentralen Themen des christlichen Glaubens auf einem anderen, dem experimentellen Weg unter dem Motto „Versuch’s doch mal!“ nähern. Ihm liegt daran, nicht nur die Vernunft, sondern auch die Anschauung und die Kreativität einzubeziehen, um für die Sache zu begeistern.

Das 1. Kapitel lädt zum Experimentieren ein. Gegen die dogmatische Sperrformel „Mit dem Glauben experimentiert man nicht“ steht die Tatsache, dass Jesus sich auf Versuche und Experimente einlässt. Gleichnisse mit ihren ungewöhnlichen Szenen zielen auf die Vorstellungsmöglichkeiten seiner Zeitgenossen und leiten ein Umdenken ein. Dieses Vorbild greift die von Höhn skizzierte experimentelle...

Hans Joas: Im Bannkreis der Freiheit. Religionstheorie nach Hegel und Nietzsche

Als Jürgen Habermas im Jahre 2019 sein umfängliches Alterswerk „Auch eine Geschichte der Philosophie“ vorlegte, reagierte der Religionssoziologe Hans Joas in der Süddeutschen Zeitung mit einer würdigenden und gleichzeitig schneidenden Kritik. Der Philosoph und Soziologe Habermas hatte in seinem Werk die Leitfrage „Was ist Philosophie?“ im Sinne einer genealogischen Rekonstruktion durchbuchstabiert und in der Menschheits- und Philosophiegeschichte eine soziale Evolution hin zu einem nachmetaphysischen Denken, also hin auf die kommunikative Vernunft, entdeckt bzw. konstruiert. Hans Joas kritisiert genau diesen teleologischen Wurf, denn das Verhältnis von Glauben und Wissen sei zu eindimensional beschrieben und Habermas wiederhole mit seiner sozialen Evolution die Fortschrittsgeschichte...

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Sünde, Schuld und Vergebung aus Sicht der evangelischen Anthropologie

Das Sündersein jedes Menschen ist wohl die anstößigste Botschaft des Christentums. Gottes Liebe wird gerne verkündigt und gehört, aber selbst als Sünder dastehen zu sollen, erscheint in unserer modernen Gesellschaft wie ein archaisches Ansinnen, das alte Opfervorstellungen und Bußriten hervorruft. Dagegen hält man es besser mit dem realistischen gegenseitigen Zugeständnis, dass jeder neben seinen Stärken auch Fehler und Schwächen habe. Diese entspannte Ansicht verflüchtigt sich aber bekanntermaßen schnell, wenn man die Fehler der anderen genauer in den Blick nimmt. Da heißt es, den Finger in die Wunde zu legen, vor der der andere die Augen verschließen will. Überhaupt hat unsere Mediengesellschaft das Richteramt auf ungeahnte Weise demokratisiert und jeder ist befugt und fühlt sich...

Eugen Drewermann / Martin Freytag: Gott, wo bist du? Eugen Drewermann antwortet jungen Menschen

 

„Gott, wo bist du?“ Die Titelfrage des neuen Interviewbandes von Eugen Drewermann und Martin Freytag, der an den Vorgänger „Das Geheimnis des Jesus von Nazareth“ (Patmos Verlag, 2018) anknüpft, stellt sich im Erfahrungsraum aktueller (Natur-)Katastrophen noch einmal ganz neu. Es ist eine Frage, in der sich im Grunde sämtliche Fragen des Buches konzentrieren wie in einem Brennglas: die Kernfrage der Theodizee, die Drewermann als „Infragestellung der gesamten Schöpfungsordnung“ versteht (51). Zusammen mit seinem Interviewpartner Martin Freytag, Religionslehrer am Gymnasium Remigianum in Borken, möchte er seinen Zeitgenossen – gläubigen, suchenden, zweifelnden und atheistischen Menschen – argumentierend, kontextualisierend und illustrierend das Wagnis des Glaubens erschließen, den er als...

Hans Schwarz: Luther für Nichtlutheraner

 

„Luther für Nichtlutheraner“ – wer sollte sich hier ausgeschlossen fühlen? Auch ein den zentralen Erkenntnissen des Reformators verbundener Christ würde für sich die Bezeichnung „Lutheraner“ eher meiden. Die Unterschiede zwischen Reformierten und Lutheranern werden hierzulande von den meisten evangelischen Christen weithin, wenn überhaupt, nur noch als historisch wahrgenommen. Das Buch von Hans Schwarz reiht sich in die Schar von Lutherdarstellungen ein, die den Reformator und sein Denken größeren Leserkreisen zugänglich machen möchte, und dürfte für jeden, der seine schemenhaften Kenntnisse von Luther erweitern möchte, gewinnbringend sein. Es ist eingängig geschrieben und blendet hin und wieder aktuelle Bezüge ein. Schwarz versteht es, wichtige theologische Einsichten des Reformators...

Thomas Quartier: Rituale Leben

Nach „Das Kloster im eigenen Leben. Monastische Spiritualität als Provokation“ (2016), „Heilige Wut. Mönch sein heißt radikal sein“ (2018) und „Lebenslieder. Ein Soundtrack für Klosterspiritualität“ (2019) erkundet der Benediktinerpater Thomas Quartier, Mönch der Abtei Keizersberg und Professor für Monastische Studien an der Katholischen Universität Leuven (BE), mit dem vorliegenden Band abermals die Relevanz von Klöstern für unsere heutige Gesellschaft. Grundmelodie dieser Suchbewegung ist die Frage nach Ritualen, die in Krisen- und Übergangszeiten Halt und in den Vollzügen des Alltags Struktur geben können.

Die Überlegungen gliedern sich in 10 Kapitel, die jeweils mit einer Schwarz-Weiß Fotographie eröffnet werden, die mehr als bloß schmückende Beigabe sind. Dem Kapitel „Zeit für...

Tomáš Halík: Die Zeit der leeren Kirchen

Die Abwendung von der Kirche ist nicht nur in Westeuropa ein bekanntes Phänomen. Der Prozess lief und läuft auch in den ehemals kommunistischen Ländern des Ostens ab. Zu beklagen ist damit nicht in erster Linie ein Verlust an Einfluss und Macht, sondern, viel tragischer, eine intellektuelle Auszehrung der Institution. Es sind ja gerade die redlich auf der Höhe der Zeit fragenden und suchenden Menschen, die sich mit den verfassten Kirchen Osteuropas, ihren mit der modernen Kultur fremdelnden Hierarchen, deren politischer Positionierung und letztlich deren Art zu denken und zu sprechen nicht mehr anfreunden können.

Der tschechische Theologe Tomáš Halík bemüht sich in seiner an der Touristenmeile gelegenen Prager Akademischen Pfarrgemeinde darum, gerade dieser Gruppe von Menschen ein...

Monika Neugebauer-Wölk: Kosmologische Religiosität am Ursprung der Neuzeit 1400-1450

Eine vertraute, durch Aufklärungsoptimismus und Fortschrittsglaube geprägte Lesart unserer Vergangenheit lautet ungefähr so: Ist im Mittelalter der Blick auf das in analoger Erkenntnis erfahrbare Wesen der in Gott fundierten Wirklichkeit bezogen, so verändert sich mit dem Beginn der Neuzeit die Perspektive. Die Naturbetrachtung wendet sich von der Wesensbeschreibung ab und zur Empirie hin, deren Gesetzmäßigkeiten für sich relevant werden. Das 15. und das beginnende 16. Jahrhundert sind etwa das Zeitalter großer geographischer, technischer und astronomischer Entdeckungen. Dann kommt die Aufklärung: Kritische Vernunft will sich von sich aus in den Kosmos einordnen. Sie betrachtet sich nicht mehr als durch göttliche Vernunft im Universum geborgen, sie will sich vielmehr selbst, wenn überhaupt...