Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Eugen Drewermann: An den Quellen des Lebens

 

Eugen Drewermanns perspektivreiches Denken richtet sich in seinem Kern weder auf den Menschen noch Gott allein, sondern auf das „Dazwischen“ – jene Beziehung zwischen Mensch und Mensch und Gott und Mensch, die das Individuum von seinen quälend-beklemmenden Kontingenzerfahrungen zu heilen vermag und ihm ein „Jenseits" aller irdischen Beschränkungen eröffnet. Ein wiederkehrendes Symbol für dieses lebensbedeutsame „Dazwischen“ ist bei Drewermann das Fenster. Denn er begreift das einzelne, auf sich selbst fixierte Leben als bloßes Dahinvegetieren in einem „unentrinnbaren Gefängnis", in dem der Mensch wie ein unschuldig zum Tode Verurteilter auf den Tag der Hinrichtung warte (39). Als Gefangener erscheint das Individuum bei Drewermann geradezu krankhaft verkapselt, abgeschnitten von der als...

Peter Kliemann: Glauben ist menschlich

„Glauben ist menschlich“: Fatal oder beabsichtigt: Wer denkt bei diesem Titel nicht an eine Verwechslung des Glaubens mit dem Irren? Einem banalen, Descartes-freien Verständnis nach würde das eine Provokation darstellen: Glaube bedeute, typisch menschlich an Fake Realities ausgeliefert zu sein, sei also mit Anselm: Torheit. „Torheit vom gekreuzigten Gott“, so spricht konsequent der Untertitel. Das klingt fast wie Paulus nach Moltmann oder Jüngel, ist es aber nicht und wäre so auch irreführend.

Und jetzt könnte es losgehen mit dem Theologisieren – was nicht geschieht. Denn die folgenden 350 Seiten handeln von etwas anderem, wie es der Klappentext und einige Fußnoten zu erklären versuchen. Das Buch handelt tatsächlich erstens von der überarbeiten Sammlung der Oberstufenkurse im Fach...

Stefan Alkier / Thomas Paulsen: Die Apokalypse des Johannes. Neu übersetzt

Der erste Band innerhalb des Projekts „Frankfurter Neues Testament“ (FNT) ist erschienen. Der Neutestamentler Stefan Alkier und der Altphilologe Thomas Paulsen (beide lehren an der Goethe-Universität Frankfurt am Main) leiten das Übersetzungsprojekt und haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 alle Schriften des NT neu zu übersetzen und mit Kurzkommentierungen zu zentralen Fragestellungen zu ergänzen. Dabei beginnen sie mit der letzten Schrift des NT, der Offenbarung an Johannes.

Wenn eine neue Übersetzung angefertigt wird, stellt sich die Frage nach den übersetzungstheoretischen Leitlinien, die die Autoren in einem einleitenden Essay diskutieren. Das FNT beansprucht, die erste deutsche Übersetzung zu sein, die sich konsequent am griechischen Urtext orientiert. Zu seinen philologischen...

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Leben und Glauben gemeinsam gestalten

„‚Inklusive Kirche‘ ist keine bloße Idee, sondern längst im Werden und vielerorts schon bereichernde Wirklichkeit.“ – schreibt Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, im Vorwort zu dieser Arbeitshilfe (6). Sie ergänzt das Bischofswort „unBehindert Leben und Glauben teilen“ (2003) mit Handlungsoptionen und Praxisbeispielen für die seelsorgliche Arbeit mit dem Ziel, „Lebensräume zu eröffnen, in denen behinderte und nicht-behinderte Menschen mit ihren jeweils eigenen Charismen ‚unBehindert‘ Leben und Glauben gestalten können“ (ebd.).

Das Besondere der Arbeitshilfe ist, dass an ihr behinderte und nicht-behinderte Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben. Zudem wird – auch ein Novum – jedem Abschnitt „Das Wichtigste in Leichter Sprache“...

Christiane Florin: Trotzdem! Wie ich versuche, katholisch zu bleiben

Christiane Florin, Jahrgang 1968, arbeitet beim Deutschlandfunk in der Redaktion Religion und Gesellschaft. Die kritische Beobachterin der katholischen Kirche hat 2019 den Maria-Grönefeld-Preis bekommen.

Als Schlüsselszene schildert sie die Pressekonferenz zur Vorstellung der Studie über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche am 25. September 2018. Sie darf die letzte Frage stellen und will wissen, ob einer der Bischöfe wegen der Schuld, die er auf sich geladen hat, auf den Gedanken gekommen sei, die Verantwortung des Amtes nicht mehr tragen zu können. Nach einem Blickwechsel mit Bischof Ackermann antwortet Kardinal Marx knapp: „Nein.“ „Tagesthemen“ und „Frontal“ hängen ihre Reportage an dieser Szene auf, Oliver Welke wird sie in der „heute-Show“ mit einer Anspielung auf...

Paul Deselaers / Robert Verholt: Tod und Auferstehung

Mit „Tod und Auferstehung. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments“ nehmen sich Paul Deselaers, Alttestamentler, Priester und Spiritual, sowie Robert Verholt, Neutestamentler an der Universität Luzern, ein fundamentales und zentrales Themenfeld des christlichen Glaubens an. Der Aufbau des Buches ist – wie bei dieser Reihe üblich und gewohnt – dreigeteilt: Zuerst werden wesentliche Texte und Perspektiven aus dem Alten Testament und anschließend aus dem Neuen Testament vorgestellt und besprochen. In einem abschließenden „Dialog“ werden sodann alt- und neutestamentliche Perspektiven des Themenfeldes Tod und Auferstehung zusammengeführt und Brücken zwischen den beiden Teilen der christlichen Bibel herausgearbeitet. Es steht außer Frage, dass bei einem Umfang des Buches von gut 160 Seiten...

Mattȃ Al-Maskȋn: Die Erfahrung Gottes im Leben des Gebets

Das vorliegende Buch verdankt sich einer ganzen Reihe „göttlicher Zufälle“. Bevor der Verfasser Mattȃ Al-Maskȋn (1919-2006) – damals noch mit Namen Yusuf Iskander – 1948 seine Apotheke verkaufte, das Geld den Armen schenkte und Kairo verließ, um in einem entlegenen Wüstenkloster koptisch-orthodoxer Mönch zu werden, nahm er noch Abschied von einem guten Freund. Dieser gab ihm ein maschinengeschriebenes Manuskript von 122 Seiten mit auf den Weg, welches er von einem englischen Jerusalem-Pilger erhalten hatte. Yusuf nahm es zusammen mit der Heiligen Schrift zunächst ungeöffnet mit in seine Einsamkeit und entdeckte dort bald den Reichtum der Notizen, die vor allem aus Väterzitaten der orthodoxen Tradition Russlands bestanden. Das „einzige Erbe aus der Welt“ (366) wird für Mattȃ Al-Maskȋn zur...

Michel de Certeau: Täglich aufbrechen zu den anderen …

Wer in Gott eintaucht, taucht beim Nächsten auf – und wer sich wirklich auf den Anderen und Fremden als Nächsten einlässt, ist schon von Gott ergriffen. Diese mystisch-politische Grunddynamik des biblischen Hauptgebotes spiegelt sich vielfarbig in Glaubensbiografien, bisweilen gar abbildlich in deren Lebenshälften. Dass z.B. der jetzige Papst sich derart politisch und ökologisch äußert, dass es die verbürgerlichten Kirchen Deutschlands eher verschreckt als ermutigt, hat tiefe Quellen in seiner ignatianischen Prägung und jesuitischen Geschichte: Die stets höhere Ehrung Gottes und das Wohl der Erde gehören zusammen. Auch im Leben und Wirken seines Ordensbruders Michel de Certeau (1925-1986), einem der Lieblingstheologen von Papst Franziskus, zeigt sich diese Spannung von Gottes- und...