Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Otfried Höffe: Was hält die Gesellschaft noch zusammen?

Der Grandseigneur der deutschen politischen Philosophie, Prof. Dr. Otfried Höffe, emeritierter Ordinarius für Philosophie an der Universität Tübingen, trägt in einem wissenschaftlichen Essay seine Sichten auf Dynamik und Konflikte unserer aktuellen Gesellschaft zusammen. Der Philosoph Höffe mit seinen Forschungsschwerpunkten in der klassischen griechischen Philosophie und zu Denkern der Aufklärung, vorrangig Immanuel Kant, spannt in seinen Überlegungen einen großen menschheitsgeschichtlichen Bogen zur Erklärung seiner drei Leitfragen: Welche Faktoren halten die westlichen Demokratien trotz erheblicher Gegenkräfte noch zusammen? Welche Faktoren gefährden den Zusammenhalt? Wie überwinden westliche Demokratien die einschlägigen Gefahren?

Zunächst beschreibt Höffe die vormoderne Gesellschaft...

Andreas Batlogg: Jesus begegnen

Andreas Batlogg hat ausgehend von der Jesus-Meditation der ignatianischen Exerzitien ein sehr persönliches Buch geschrieben über die Möglichkeit, Jesus in diesem Leben zu begegnen. Worum es geht?

Der Buchtitel suggeriert drei Hauptteile. Aber der Autor macht etwas anderes: In 33 Kapiteln kommen unterschiedliche Erfahrungsfelder zur Sprache, mal geht’s um Suchbewegungen, mal um Finderglück und mal um Bekennermut. Andreas Batlogg, geboren 1962, ist seit 1985 Jesuit, und das Erbe des Ignatius von Loyola (1491-1556), der Jesuitenorden mit seiner besonderen Betonung der „Gesellschaft Jesubilden den Raum, in dem er sich bewegt. Batlogg versteht das Ordenssymbol IHS – Iesus Habemus Socium – nicht exklusiv, sondern über die Konfessionsgrenzen hinaus als Einladung an alle, die sich auf Jesus...

Joel F. Harrington: Meister Eckhart

 

Anzuzeigen ist eine neuere Biographie über Meister Eckhart, geschrieben von einem amerikanischen Historiker für europäische Geschichte speziell des 16. Jahrhunderts, gut beworben und mit großen Absichten; dargestellt werden soll „Der Mönch, der die Kirche herausforderte und seinen eigenen Weg zu Gott fand“.

Fragen wir zunächst, was wir vom Meister Eckhart kennen. Texte, mehr nicht, nicht einmal eine ungebrochene Tradition seiner Werke. Texte können etwas bedeuten. Was können wir über einen solchen Text sagen? Etwa wie er entstanden ist: Ein Spitzentheologe und Verwaltungsspezialist hält um 1300 eine Predigt im Deutsch seiner Zeit. Eine Zuhörerin schreibt mit, so genau, dass selbst sprachliche Feinheiten wie Dialoge, völlige Neuschöpfungen, philosophische Spitzensätze, selbst „Wendungen...

Volker Leppin: Ruhen in Gott. Geschichte der christlichen Mystik

Um es vorwegzusagen: Wer sich bündig und qualifiziert über christliche Mystik in ihrer Geschichte informieren will, ist hier bestens bedient; flüssig geschrieben, kenntnisreich und trotz konventioneller Gliederung nicht ohne Originalität, schlicht ein Lesegewinn und zudem ein Reader zum Nachschauen. Hier liegt in der Kürze der Zeitraffung von ganzen 2000 Jahren die Würze eines lichten Durchblicks durch viele Räume und nicht wenige Fenster. (Für eine ausführliche Gesamtdarstellung bleibt freilich Bernhard McGinns mehrbändiges Werk „Die Mystik im Abendland“ einschlägig.) Nun mehr im Detail.

Alles hängt natürlich vom leitenden Vorverständnis von „Mystik“ ab – einem Abstraktum, das erst im 17. Jahrhundert in Umlauf kam und heutzutage mit dem bestimmten Artikel als freischwebende,...

Wilhelm Vossenkuhl: Ethik und ihre Grenzen

Wilhelm Vossenkuhl ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität München. Er legt mit diesem Band eine Reflexion über das gesamte Feld der Ethik vor und betont die erzählerische Herangehensweise, die sich aus zwei Quellen speist: die alltäglichen Fragen und Sorgen der Menschen und die lange Geschichte der ethischen Reflexion. Schon ein Blick ins Personenregister zeigt, dass es vor allem die Metaphysik der Sitten des Immanuel Kant ist, an der der Autor sich abarbeitet: Während Kant seine Rechtslehre und Tugendlehre allerdings in systematischer Gliederung aus den zugrunde gelegten Prinzipien der praktischen Vernunft herleitet, fragt Vossenkuhl nach den Grenzen der Ethik und reiht ohne Systembildung Überlegungen zu relevanten Begriffen aneinander: Sorge, Tugenden, Scham,...

Frido Mann / Christine Mann (Hg.): Im Lichte der Quanten

Nicht weniger als ein neues Weltbild wird im Untertitel dieses von Frido und Christine Mann herausgegebenen Bandes angekündigt. Mit den Mitteln der Quantenphysik sollen die ungeklärten Fragen nach der Entstehung des Bewusstseins und der leib-seelischen Einheit beantwortet werden, um die Grundlage für ein ganzheitliches Menschenbild zu schaffen. In kritischer Auseinandersetzung mit dem deterministischen Physikalismus will das Autorenteam insbesondere die Willensfreiheit des Menschen verteidigen. Das ist ein höchst wichtiges Vorhaben angesichts der aktuell wirkmächtigen Neurophilosophie, die den Menschen zu einem biologischen informationsverarbeitenden System ohne Sinn und Wert herabwürdigt.

Grundlage für die im Band versammelten Beiträge ist die Theorie von Thomas Görnitz, einem...

Peter Handke: Das zweite Schwert

Der „Maigeschichte“ von Peter Handke ist ein Bibelzitat aus dem Lukasevangelium (Lk 22,36-38) vorangestellt, das im Kontext der Passionsgeschichte Jesu überliefert und mit dem eschatologischen Verweis überschrieben ist: „Die Stunde der endzeitlichen Entscheidung". Jesu Anweisung an seine Jünger, für den Erlös eines Mantels ein Schwert zu kaufen, mag bei seinen Gefolgsleuten die irrige Annahme erhärten, dass der Errichtung des messianischen Reiches eine mit Waffen auszutragende Entscheidungsschlacht vorangehen werde. Als die Jünger Jesus darauf hinweisen, dass sie im Besitz von zwei Schwertern seien, antwortet ihr Rabbi: „Genug davon!“ (Übersetzung: Jerusalemer Bibel, Freiburg 12. Aufl. 1985.) In der Einleitung zu Handkes Erzählung wird der Lukasvers mit den Worten: „Das genügt!" übersetzt...

Michaela Kopp-Marx, Martin W. Ramb und Holger Zaborowski (Hg.): Die Christus-Trilogie zwischen Bibel, Traum und religiöser Erfahrung

Ein Geheimtipp! So wurde 1991 der erste Band der Christustrilogie von Patrick Roth, die Novelle „Riverside“, unter christlichen Lesern und Leserinnen weitergegeben. Mittlerweile, 30 Jahre später, gibt es eine breite Roth-Rezeption im deutschen Sprachraum und speziell in der Theologinnenwelt – nicht zuletzt dank der vielfältigen Initiativen von Martin Ramb, Holger Zaborowski und dem Eulenfisch. Die Anziehungskraft Roths liegt aber auch darin begründet, dass der gebürtige Karlsruher, der lange Jahre in Los Angeles gelebt hat und nun wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist, ein ungemein sympathischer Mensch ist, der sich mit Offenheit und Neugier auf Tagungen und Lesungen dem Gespräch aussetzt, wie man aufgrund des lebendigen Fotos auf dem Cover des vorliegenden Buches ahnen kann. Wenn man...