Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Huub Oosterhuis: Alles für Alle

Ende der 1960er gab es eine Zeit, in der die Spätfolgen der lateinischen Liturgie behoben werden sollten. Dabei schossen pastorale „Übersetzer“ von Gebeten und Messtexten, Traktaten und Katechismen aus dem Boden und blühten. So entstand zwischen Bern und Amsterdam ein neuer Sound – und den lieben wir wie seine zahlreichen Autoren, ganz besonders aber Huub Oosterhuis. Kein Krankenbesuch, keine Andacht ohne das kleine Büchlein im Plastikeinband. Und die ganz Mutigen begannen selbst „kreative Liturgien“ zu erproben und „politische Nachtgebete“ zu organisieren.

Angesichts der überdeutlichen nachkonziliaren Defizite erregten Oosterhuis' Texte, wie etwa die Litanei von der Anwesenheit Gottes, die Hoffnung, näher an den Leuten zu sein. Und dann war da noch der besondere Sound of the sixties –...

Thomas Marschler / Klaus von Stoch (Hg.): Verlorene Strahlkraft

 

„Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“. Mit diesen Worten von Don Bosco schließt Martin Dürnberger seine Überlegungen zum „Leidenschaftlichen Zeugnis“ ab. Diese „unaufgeregte Haltung“, für die er wirbt, findet sich in den zehn Aufsätzen zum Glaubenszeugnis in unserer Zeit in unterschiedlichem Maße.

Angekündigt werden kontroverse Standpunkte, die sich um die Frage bewegen, ob die Zukunft des christlichen Glaubens eher in der Rückbesinnung auf die eigene christliche Identität besteht oder in einer Praxis, die entschiedener gesellschaftliche Pluralität und Individualität ernst nimmt. Neben zwei Beiträgen, die sich grundsätzlich mit der Thematik „Glauben“ und „Zeugnis geben“ befassen, thematisieren die übrigen jeweils das Verhältnis zum Islam bzw. zu nichtreligiösen...

Ingolf U. Dalferth: Wirkendes Wort

Ein für die evangelische Theologie dringend notwendiges Buch hat Ingolf U. Dalferth, emeritierter systematischer Theologe der Universität Zürich, geschrieben, das den Blick auf einen sehr sensiblen Punkt des evangelischen Glaubens lenkt. Mit sola scriptura (Allein die Schrift!) ist der Reformation ein Profil erwachsen, das heute kaum noch verstanden wird. Für die einen ist nach der historisch-kritischen Durchsicht der Bibel nur noch ein historisches, kulturell sicher sehr bedeutendes Dokument geblieben; ihnen kommt es sowieso im Glauben mehr auf die eigene persönliche religiöse Erfahrung als auf irgendwelche Bibelverse an. Andere wollen die Bibel erst gar nicht einer scheinbar zerstörerischen Wissenschaft ausliefern und klammern sich an Inspirationstheorien. Der Rückgang der Buchkultur und...

Michael Seewald: Dogma im Wandel

Der historische Wandel stellt für das Selbstverständnis der katholischen Kirche und ihre Dogmatik eine existenzielle Herausforderung dar. Seit dem 19. Jahrhundert versucht das römische Lehramt, die Institution Kirche und ihre Glaubensüberlieferung aus dem Werdegang der Geschichte herauszunehmen und als überzeitliche Gebilde zu promulgieren. Theologen, die in systematischer Form oder mit Blick auf Einzelfragen Wahrheit, Glaube, Evangelium und Dogma geschichtlich interpretieren, geraten unter „Modernismus“- oder „Relativismus“-Verdacht.

Der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald hat nun eine äußerst lesenswerte und zugleich lesbare Studie zum Thema Dogmenentwicklung und Dogmenverständnis vorgelegt. Er geht darin nicht nur dem Prozess des Verkeilens von Kirche und Moderne nach, sondern...

Nancy L. Eiesland: Der behinderte Gott

Der von Werner Schüßler übersetzte facettenreiche Titel „Der behinderte Gott“ fasst die zentrale Aussage der mittlerweile leider verstorbenen körperbehinderten Theologin und Bürgerrechtlerin für behinderte Menschen Nancy Eiesland zusammen: Das Symbol des „behinderten Gottes“ soll Menschen mit Behinderung ermöglichen, sich mit diesem Gott zu identifizieren und sich mit der Kirche zu versöhnen.

Jesus Christus fordert die Apostel auf, in den Wundmalen seiner Beeinträchtigung ihre eigene Verbundenheit mit Gott zu erkennen. Seine Wundmale offenbaren Jesus Christus als behinderten Gott. Der gebrochene Körper wird zum Sakrament und Ausgangspunkt ihrer Befreiungstheologie. „Ich erkannte den inkarnierten Christus im Bild jener, die als ‚nicht tragfähig’, als ‚arbeitsunfähig’, als ‚mit fragwürdiger...

Thomas Söding (Hg.): Führe uns nicht in Versuchung.

In dem von Thomas Söding herausgegebenen Band der „Reihe Theologie kontrovers“ geht es darum, wie die sechste Bitte des Vaterunsers „Führe uns nicht in Versuchung“ im Ganzen des Herrengebetes zu verstehen ist. 11 Beiträge namhafter Theologen gehen dieser Frage aus exegetischer, theologischer und pastoraltheologischer Sicht nach, um die Versuchungsbitte dem Menschen von heute in der aktuellen und kontrovers geführten Debatte neu zu erschließen.

Im ersten Beitrag „Um Himmels Willen“ befasst sich der Herausgeber mit der griechischen Textüberlieferung und kommt nach eingehender Prüfung des Begriffs der Versuchung (peirasmos) zu dem Ergebnis, dass es sich dabei nicht um irgendwelche marginalen Versuchungen, sondern um eine Anfechtung handelt, „in der die Liebe zu Gott auf dem Spiel steht und...

Volker Leppin: Franziskus von Assisi

Nach seiner weithin beachteten Monographie zu Martin Luther (12006, 32017) widmet sich Volker Leppin mit Franziskus von Assisi nun einer zweiten großen Gestalt der Kirchengeschichte. Konsequent verfolgt der Tübinger evangelische Kirchenhistoriker dabei den Blick auf die Person Franziskus, deren Lebensweg und ihre Ideale. Nur knapp wird der weitere Weg der franziskanischen Gemeinschaft nach dem Tod des Gründers tangiert. Leppin macht es sich zur Aufgabe, Franziskus in seinen vielen Facetten darzustellen, auch wenn aufgrund der schwierigen Quellenlage manche Leerstelle in dessen Biographie offenbleiben muss.

Den Lebensweg des berühmtesten Sohnes Assisis beschreibt Leppin in fünf klar gegliederten Kapiteln mit den Etappen Bruch, Aufbruch, Sendung, Ordnung und Rückzug. Am Beginn stehen die...

Rino Fisichella: Der erste moderne Papst. Paul VI. – Wie er wirklich war

Die Moderne ist reich an heiligen Päpsten. Allein im Pontifikat von Papst Franziskus sind drei Päpste der neuesten Kirchengeschichte zur Ehre der Altäre, zu Heiligen der Weltkirche erhoben worden, nämlich Johannes Paul II. sowie die Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI., dem dieses lesenswerte Buch gewidmet ist. Kardinal Rino Fisichella, der Präfekt des Rates für die Neuevangelisierung, stellt Giovanni Battista Montinis Persönlichkeit, seinen Lebens- und Glaubensweg in diesem Band knapp, kenntnisreich und sensibel vor.

Erzählt wird die Vorgeschichte des Pontifikats. Der Kirchendiplomat Montini fürchtete, nicht den Anforderungen des Bischofsamtes zu genügen, als er 1954 zum Erzbischof von Mailand berufen wurde. Er sammelte indessen wertvolle pastorale Erfahrungen. Am Kontakt zu den...