Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Martin Mosebach: Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Martyrer

Ein bemerkenswerter, aber nur selten thematisierter Aspekt von „Weltoffenheit“ besteht darin, dass die Offenheit gegenüber fremden Einstellungen und Gepflogenheiten häufig umso größer ist, je weiter die betreffende Kultur räumlich oder mental entfernt liegt. So verfolgt der aufgeklärte westliche Tourist mit Neugier und Interesse die Gesänge und Zeremonien der buddhistischen Mönche in dem Bergkloster, an dem er auf seinem Himalaya-Treck vorbeikommt, während er gegebenenfalls im heimischen Umfeld die religiösen Ausdrucksformen seiner christlichen Mitbürger als zu überwindendes Relikt aus der Kindheitsphase der Menschengattung empfindet und dies nach außen bekundet, ohne die Befürchtung hegen zu müssen, der Intoleranz geziehen zu werden. Auch innerhalb christlicher Kreise selbst lässt sich...

Jörg Phil Friedrich: Der plausible Gott

Der Unternehmer und Kolumnist Jörg Phil Friedrich (geboren 1965 in Wolgast, Studium der Physik, der Meteorologie und der Philosophie) befasst sich in diesem Buch mit der seit geraumer Zeit wieder vermehrt publizierten Gottesfrage aus nicht-theologischer und in diesem Fall explizit nicht-gläubiger Perspektive. Er will damit „vor allem für Toleranz werben“ (11) mit dem Argument, dass eine religiöse Weltsicht ebenso plausibel sei wie eine atheistische, ganz im Sinn von Kants erkenntnistheoretischem Grunddilemma (das allerdings an keiner Stelle erwähnt wird), dass die Existenz Gottes weder beweisbar noch widerlegbar sei. Dabei versteht der Verfasser sein Vorgehen weniger apologetisch, schon gar nicht in Bezug auf einen christlichen Gottesglauben, als vielmehr fragend. In den – lesenswerten,...

Peter Neuner: Der lange Schatten des I. Vatikanums

Das Zweite Vatikanische Konzil wurde vor wenigen Jahren festlich begangen und gefeiert. Über 50 Jahre nach dessen Abschluss wird noch immer von progressiv gesinnten Christen der „Geist des Konzils“ als belebender Impuls beschworen. Das Erste Vatikanische Konzil, das 1870 wegen des Ausbruchs des Deutsch-Französischen Krieges abgebrochen, nicht abgeschlossen wurde, wird seitens der Systematischen Theologie heute eher kritisch bis negativ beurteilt.

An dessen 150. Wiederkehr erinnert der emeritierte Münchner Dogmatiker Peter Neuner. Fundiert und präzise schildert er die Vorgeschichte wie die Abläufe der Kirchenversammlung. Bedacht ist Neuner insbesondere darauf, die Rezeptionsgeschichte pointiert zu kommentieren. Das Konzil habe die katholische Kirche in ein „idealisiertes Mittelalter“...

Romy Jaster / Peter Schulte (Hg.): Glaube und Rationalität

Schon der Titel dieser Sammlung von Aufsätzen weist darauf hin, dass Glaube und Rationalität nicht einfach konträre Begriffe sind, sondern, dass Glaube mit der Vernunft gemäßen Mitteln zu betrachten ist. Aus den Texten wird ersichtlich, dass hier eine schon fortgeschrittene Diskussion um die Thematik Theismus – Atheismus fortgeführt wird, in der bereits Thesen und Repliken ausgetauscht wurden. Die Fragestellung wird in der Einleitung dahingehend präzisiert, dass der Begriff „Glaube“ als Zustimmung zu dem Satz „Gott existiert“ und erläuternd „Gott“ als „Höheres Wesen“ verstanden wird, das mit den Bestimmungen „allmächtig, allwissend und allgütig“ ausgestattet ist.

Der Bezugsrahmen und der Anlass der vorliegenden Diskussion sind die Ausführungen Ansgar Beckermanns in seinem Buch „Glaube“,...

Gerd Neuhaus. Glückskekse vom lieben Gott?

Einen Religionsunterricht, der „Glückskeksweisheiten“ vermittelt, braucht nun wirklich niemand. Ein schulischer Religionsunterricht dagegen, der Spagat zwischen rationaler Glaubensverantwortung und Lebensweltorientierung gelingt, schafft eine ganz besondere Chance für einen Dialog der Kirche mit der Welt von heute und ist selbst primärer locus theologicus. Diese These vertritt Gerd Neuhaus in seiner Monografie und plädiert davon ausgehend nicht nur für ein Bewusstsein der notwendigen gegenseitigen Befruchtung eines Austausches zwischen akademischer Theologie und Religionsunterricht, sondern stellt heraus, welche große Chance Religionsunterricht gegenüber einem neutralen Religionskundeunterricht bietet.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: Im ersten Teil, das mit „Erfahrungen“...

Tim Crane: Die Bedeutung des Glaubens

„Gott – eine überholte kosmologische Hypothese“, „religiöse Überzeugungen – nicht nur falsch, sondern irrational“ oder „Religion – die Hauptursache für Leid und Gewalt in der Welt“ sind zentrale Thesen des Neuen Atheismus. Mit diesem Terminus bezeichnet der Verfasser religionskritische Autoren wie Richard Dawkins (*1941), Daniel Dennett (*1942), A.C. Grayling (*1949), Christopher Hitchens (1949-2011) oder Sam Harris (*1967) und stellt fest, dass deren Darlegungen wenig Zustimmung, aber vehemente Kritik gefunden haben. Sind religiöse Menschen tatsächlich so verblendet, dass sie Argumenten nicht zugänglich sind, oder ist vielleicht die ganze Argumentation schief? Letzteres ist die Überzeugung des britischen Philosophen und dezidierten Atheisten Tim Crane (*1962) und das liege vor allem...

Renate Dürr, u.a. (Hg.): Religiöses Wissen im vormodernen Europa

Für Sammelbände gilt das berühmte Diktum „Wer vieles bringt, wird vielen etwas bringen“ nicht. In der Einleitung grenzen sich die Herausgebenden deshalb zu Recht von „locker miteinander verbundenen Aufsätzen“ (1) in Buchform ab. Und sie grenzen sich nicht nur ab, sondern halten ihr Versprechen, es anders zu machen, indem sie einen außerordentlich methodisch reflektierten Band mit einzelnen Untersuchungen vorlegen, die sich nahezu alle (manchmal endet die „Vormoderne“ recht spät) an dem Themenhorizont wirklich orientieren.

Thema ist das religiöse Wissen im vormodernen Europa und dieses religiöse Wissen wird gefasst als: „... die jeweiligen historisch rekonstruierbaren kulturell-gesellschaftlichen Ausgestaltungen einer Kommunikation über Gott und das Göttliche, aber auch mit Gott oder dem...

Erwin Dirscherl / Markus Weißer: Dogmatik für das Lehramt

„Früher war mehr Dogmatik!“, so könnte man Loriot variieren – und sich auch in diesem Falle jenes ominöse „Früher“ nicht zurückwünschen. Denn die Lehrbücher „nach den Grundsätzen des heiligen Thomas“, die ein Studium der katholischen Theologie bis in die 1960er-Jahre hinein prägten, explizierten selbstbewusst ein mächtiges Satzgebäude, sahen jedoch kaum Platz für Fragen und Glaubensnöte des modernen Menschen vor (umso mehr für die zu widerlegenden „Irrtümer“). Das hat sich mittlerweile gründlich geändert, und die „Dogmatik für das Lehramt“ steht dafür ein.

Die Verfasser Erwin Dirscherl und Markus Weißer lehren in Regensburg Theologiestudenten, die heute zum großen Teil „Schule“ als ihren künftigen Wirkungsort anstreben. Das legt nahe, die wissenschaftliche Darlegung so auszurichten, dass...