Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Volkmar Nüssler: Die beste Medizin kommt aus der Küche

Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler ist Onkologe und leitet das Tumorzentrum in München. Das Buch ist eine Frucht der Projektgruppe „Ernährung und Krebs“, die das Manual für onkologisch tätige Medizinerinnen herausgibt. Zum Thema gesunde und umweltschonende Ernährung kam er über einen Kochkurs mit Hans Haas, in dessen Sterneküche nichts weggeworfen wird. Was Gesunden hilft, brauchen Patienten erst recht. Deshalb hat die Arbeitsgruppe an verschiedene Kliniken Küchen für nachhaltige Ernährung eingerichtet, welche die Genesung der Patienten unterstützt und nicht viel mehr kostet, weil man auf regionales und saisonales Essen achtet.

Schlüssel für eine gesunde Ernährungsweise ist die Reduzierung des Fleischkonsums. Wenn Fleisch gegessen wird, ist auf artgerechte und regionale Tierhaltung zu achten....

Boris Groys: Philosophie der Sorge

Wer sich der „Philosophie der Sorge“ des deutsch-russischen Philosophen und Kunstkritikers Boris Groys widmet, wird in Sphären „hoher Luft“ entführt. In zwölf Kapiteln überfliegt dieser Essay verschiedene Gedankenlandschaften von Nietzsche über Hegel, Foucauld, Kojève, Caillois, Heidegger, Arendt bis Bogdanov. Wie die Aufzählung schon erkennen lässt, sind die Diskurspartner bis auf Hannah Arendt männlich. Und so wundert es nicht, dass die konkrete, überwiegend weibliche Sorgepraxis in Krankenhäusern, Altenheimen und anderen sozialen Einrichtungen nicht in den Blick kommt. Selbst das 10. Kapitel mit der Überschrift „Unter dem Blick der Putzfrau“ wirft keinen Blick auf die Frauen am unteren Sockel der genderhierarchischen Sorgepyramide, sondern beschäftigt sich mit dem Museum als...

Carlo Leget: Wie wir erfüllt leben und gut sterben können

Wer bin ich und was will ich wirklich? Wie gehe ich mit dem Leiden um? Wie kann ich mich verabschieden? Wie schaue ich auf mein Leben zurück? Worauf kann ich hoffen? Hinter diesen Fragen stehen fünf große Lebensthemen: Autonomie, Leiden, Abschied, unerledigte Dinge und Hoffnung. Carlo Leget, seit 2012 Professor an der Universeit voor Humanistiek in Utrecht (Stifungslehrstuhl Palliative Care, finanziert von der Association Hospicezorg Nederland), setzt sich seit Jahren mit ihnen auseinander.

Leget ist von Haus aus katholischer Theologe, er promovierte an der Katholisch-Theologischen Universität in Utrecht mit einer Arbeit zu Thomas von Aquin; dessen Logik und systematische Durchdringung beeinflusst den Aufbau dieses hochinformativen Buches. Leget hat jahrelange Lehrtätigkeit als...

Franz Josef Wetz: Tod, Trauer, Trost

Sicherlich kennen viele den Kalauer: „Kommt ein Skelett zum Arzt, sagt der Arzt: Sie hätten früher kommen sollen!“ Der Mediziner-Witz weist mit makabrem Humor auf die vital unverzichtbare Vorsorgepflicht in körperlichen Belangen hin; für verantwortungsvoll-reifes Menschsein bedarf es darüber hinaus der weisen Vor-Sorge für die geistig-psychischen Perspektiven, vor allem im Blick auf die letzte Wirklichkeit des menschlichen Lebens: auf den eigenen Tod und den Tod der anderen. Diesem Problemkomplex gelten wesentlich Lehre und Veröffentlichungen des Philosophen und Ethikers Franz Josef Wetz (geb. 1958), der, u.a. nach langen Lehrjahren bei O. Marquard in Gießen, jetzt Philosophieprofessor an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd ist. Wetz sieht seine Aufgabe dabei nicht nur im...

Philipp Felsch: Wie Nietzsche aus der Kälte kam

Zwar sei das Bild der geldgierigen, von antisemitischen Obsessionen beherrschten Elisabeth Förster-Nietzsche, die ihren „geisteskranken Bruder“ vermarktet und verkauft hätte, „einer differenzierteren Einschätzung“ gewichen, schreibt Philipp Felsch. Aber der Autor zeigt in seiner Einleitung auch, wie es unter Elisabeths Einfluss dazu kommen konnte, dass seine Philosophie vom NS-Staat derart vereinnahmt wurde, dass der italienische „Duce“ 1943 eine Nietzsche-Gesamtausgabe mit der Widmung geschenkt bekam: „Adolf Hitler seinem lieben Benito Mussolini“.

Tatsächlich war es „die Schwester“, der es gelang, das Weimarer Nietzsche-Archiv völlig zu kontrollieren und zu einer „nationalen Pilgerstätte“ auszubauen. Mit der Publikation des „Willens zur Macht“ (1901) – nur ein Jahr nach Nietzsches Tod –...

Anna Puzio: Über–Menschen

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass wir in einer Epoche der Übertechnisierung leben. Technik schafft Verfügbarkeit und Macht und wer Macht hat, will immer noch mehr. Macht ist eine Art von Rauschgift. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Technisierung auch den Menschen erfassen würde, nicht in dem trivialen Sinn, dass wir über Brillen und Herzschrittmacher verfügen, sondern so, dass wir den Körper des Menschen technologisch aufrüsten, um ein effizienteres Modell des herkömmlichen Menschen herzustellen, als eine höhere Stufe der Evolution. Das ist die Idee des sog. Transhumanismus (TH) der, von den USA ausgehend, auch bei uns mehr und mehr von sich reden macht. Die Vorstellung ist, dass wir den Menschen technologisch aufrüsten könnten, um Krankheit, Alter und Tod zu besiegen.

 

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Oliver Schlaudt: Das Technozän

Die Welt, in der wir leben, ist in zunehmendem Maße durch die Anwendung von Techniken bestimmt, die immer weiter entwickelt werden. Das Leben in dieser „Technosphäre“ nimmt Oliver Schlaudt zum Anlass für eine Philosophie, die die Technik, deren Entwicklung (Evolution) und deren Folgen für den Menschen besonders in den Blick nimmt. Der Verfasser legt Wert darauf, den Menschen in seiner Bedingtheit etwa von physischen, gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten zu begreifen, ihn aber gleichzeitig als einen auf diese Bedingungen gestaltend Einwirkenden zu beschreiben. In der Entwicklungsgeschichte des Menschen als einem technischen Wesen, der der Hauptteil seines Buches gewidmet ist, wird der dort stattfindende Fortschritt an dem Grad der Komplexität technischen Verhaltens bemessen.

Un...

Omri Boehm: Radialer Universalismus

Theorien sind häufig falsch: Geboren werden sie als plausible Schlussfolgerung einer Zeit; überleben tun sie schließlich gegen besseres Wissen – als Weisheit unserer Vorfahren. Solche veralteten Theorien wirken zwar ein wenig verstaubt, sind aber regelrecht immun gegen Kritik; schließlich haben wir uns an sie gewöhnt und auch an unsere Wertschätzung ihnen gegenüber. Im Falle der vorliegenden Neuerscheinung heißt das: Wer würde es wagen, Kant zu kritisieren, den Meisterdenker der Moderne, dessen Philosophie hier als „intellektuelle Intervention“ (151) gegen das aktuelle Identitätsgehabe von links und rechts benutzt und dabei selbst aktualisiert, in puncto Universalismus ja sogar radikalisiert werden soll – Endstation: „universeller Humanismus“ (14) bzw. „aufgeklärter Humanismus“ (15).

Die...