Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Roland Knillmann / Michael Reitemeyer (Hg.): Menschliche Gesellschaft 4.0

 

Eine Welt, in der die Digitalisierung alles und der Mensch nichts mehr selbst bestimmen muss, schildern Knillmann und Reitemeyer direkt zu Beginn; dabei bedienen sie sich eines Auszuges aus QualityLand, dem Buch von Marc-Uwe Kling, das eine dystopische Welt aufzeigt. Die Herausgeber des Sammelbandes betrachten dies als Warnung und nehmen daher die menschliche Gesellschaft 4.0 in den Blick. Grundlage für die im Buch enthaltenen Aufsätze ist eine Fachtagung, die im Juli 2019 vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V. und dem Ludwig-Windhorst-Haus, der Katholischen Sozialen Akademie des Bistums Osnabrück, initiiert wurde. Dabei sollte das Zentrum der Tagung (und damit des Buches) die Frage sein, wie Christen mit den digitalen Perspektiven umgehen und sich hierzu beraten lassen. Vier...

Die konvivialistische Internationale: Das zweite konvivialistische Manifest

Den Begriff „Konvivialität“ hat der Philosoph und vormalige Jesuit Ivan Illich in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts im Zusammenhang mit seiner Technikkritik geprägt. Er führt damit ein Bewertungskriterium für technologische Errungenschaften ein: Sie dürfen ein Gemeinwesen nicht systematisch überfordern, die Souveränität der Gesellschaft gegenüber der Technik nicht gefährden. Genau in diesem Sinne wurde der Begriff in den letzten Jahren, vor allem im Zusammenhang der Degrowth-Bewegung, wiederentdeckt und entscheidend weiterentwickelt. Andrea Vetter zum Beispiel arbeitet in ihrer ebenfalls im transcript Verlag erschienenen Dissertation („Konviviale Technik“) eine entsprechende Kriteriologie aus: Beziehungsqualität, Verbundenheit mit allem Lebendigen, Zugänglichkeit,...

Jürgen Moltmann: Auferstanden in das ewige Leben

Michel de Montaigne hat 1580 in einem bekannten Essay über den Tod nachgedacht. Philosophieren heiße, so der Denker, sterben lernen. Verschafft die Philosophie eine Art geistigen Schutz gegenüber der Angst vor dem Tod? Der christliche Glaube lädt ein, der Hoffnung zu vertrauen, die über den Tod hinausreicht. Dennoch muten viele Worte über das ewige Leben schal an. Oft schenkt die theologisch versierte Rede den Hinterbliebenen nur wenig Trost.

Über Hoffnung hat der evangelische Theologe Jürgen Moltmann oft nachgedacht. Abstrakt und schwerblütig, wie aus einem Oberseminar, klingt die Frage: „Gibt es ein Leben nach dem Tod?“ Behutsam wie eindringlich präzisiert Moltmann darum: „Nachfrage: Nach wessen Tod?“ So grenzt er sich von der philosophischen Denkweise ab, die zu einer gewissen...

Sibylle Lewitscharoff / Heiko Michael Hartmann: Warten auf. Gericht und Erlösung: Poetischer Streit im Jenseits

„Unser keiner lebt sich selbst, und niemand stirbt sich selber.“ Der dezidierte Vers aus dem Römerbrief (14,7) steht am Eingang dieses Dialogbuches, und man darf in ihm einen Schlüssel sehen für alles, was folgt. Denn bekanntermaßen sind Leben und Tod, Zeit und Ewigkeit, Leib und Seele, sicherlich auch Schuld und Sühne samt der Idee der Gerechtigkeit irdisch inkommensurabel. Nur die Zusatzannahme Gott eröffnet eine Dimension, die auf eine Aufhebung dieser Gegensätze, auf ihre Versöhnung hoffen lässt. Die christliche Kunde von der Trinität wagt sich hier weit voran, wenn sie davon spricht, dass Gott „in“ Jesus Christus Mensch wurde; dass in Jesu Auferstehung der garstige Todesgraben zu einem Hoffnungszeichen wurde. Christen halten an dieser Kunde fest, daran, dass sie nach diesem Leben der ...

Thomas Hieke / Konrad Huber (Hg.): Bibel falsch verstanden

In der Arbeit mit Studierenden, deren schulischer Religionsunterricht rein altersmäßig nicht allzu weit zurück liegt, ist der Rezensent mitunter sehr verwundert, wie lang die Halbwertszeit mancher bibeltheologischer und exegetischer Fehldeutungen ist. Oder anders formuliert: Der von Thomas Hieke und Konrad Huber herausgegebene und aus insgesamt 33 (…eine bewusst gewählte Zahl?) Beiträgen evangelischer und katholischer Exegetinnen und Exegeten bestehende Band ist letzten Endes ein Kaleidoskop dessen, was in den zurückliegenden Jahrzehnten kirchlich und exegetisch-theologisch gelehrt wurde und auch heute zum Teil noch zu lesen und zu hören ist und sich ins Gedächtnis tief eingegraben hat. Gleichzeitig zeigen die Beiträge indirekt auf, welche Folgen es zeitigt, wenn biblische Texte ohne...

Jens Schröter: Jesus. Leben und Wirkung

Unvergleichliche Faszination, Inspiration und Irritation seit zweitausend Jahren: Mit diesen Begriffen umreißt Jens Schröter, Professor für Neues Testament und antike christliche Apokryphen an der Humboldt-Universität Berlin, die immense Wirkung Jesu von Nazareth. Angesichts dieser Wirkungsgeschichte, aber auch der unzählbaren vorhandenen Jesus-Bücher ist es eine Kunst für sich, so knapp, präzise und in verständlicher Sprache über das historisch Gesicherte zum Leben Jesu zu informieren. Der Autor legt dabei vorab wohltuend die Selektivität und Perspektivität einer jeglichen historischen Darstellung offen. Dazu gehört Transparenz hinsichtlich seiner eigenen Verortung als (west)europäischer Wissenschaftler zu Beginn des 21. Jahrhunderts, der auf der Grundlage historisch-kritischer...

Walter Homolka: Der Jude Jesus

Das Buch ist mehr als nur eine Bestandsaufnahme und Kommentierung der verschiedenen christlichen und jüdischen Auseinandersetzungen mit der Person Jesu. Dem Autor geht es darum, alte Vorbehalte abzubauen und neue Wege der Aussöhnung aufzuzeigen. Diese können aber erst dann beschritten werden, wenn die tiefe Verortung des Jesus von Nazareth im Judentum den Christen deutlicher gemacht wird. Der Leser ist zunächst erstaunt, wenn er die vorangestellte Widmung liest. Sie gilt Christian Stückl, dem Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele. Eine solche Ehrung ist außergewöhnlich, waren es doch gerade die Passionsspiele, die sich seit ca. 300 Jahren eines subtilen und teilweise sogar offenen Antijudaismus bedient haben. Rabbiner Homolka, der Christian Stückl den Abraham-Geiger-Preis 2020 für...

Michael Blume: Verschwörungsmythen

In dem Film „Fletchers Visionen“ von 1997 deckt Jerry Fletcher (Mel Gibson) zusammen mit der Staatsanwältin Alice Sutton (Julia Roberts) eine ungeheure Verschwörung auf: Die CIA hat Menschen mit Hilfe von illegalen Experimenten zur Bewusstseinskontrolle gezielt zu Mördern ausgebildet, die in ihrem Auftrag unliebsame Zeitgenossen töten. Jerry Fletcher ist einer dieser Killer. Was den Film sehr spannend macht, ist nicht nur seine rasante Handlung, sondern auch, dass Jerry Fletcher in dem Film glaubhaft weiteren Verschwörungstheorien einen hohen Wahrheitsgehalt verleihen kann, die als moderne Sagen oder Legenden im kollektiven Bewusstsein gespeichert sind, wie z.B. die Versetzung des Trinkwassers mit Drogen durch die Regierung oder die Chemtrails.

Was dem Film „Fletchers Visionen“ einen...