Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Terry Eagleton: Opfer

Einer in dieser Hinsicht zutreffenden Rezension im Feuilleton einer großen deutschen Tageszeitung zufolge geht es dem britischen Literaturwissenschaftler Terry Eagleton, der eine Professur für Englische Literatur an der Lancaster University innehat, in seinem hier angezeigten Buch um die Suche nach einem Übergang von einem katholisch geprägten Christentum zu einem unorthodoxen Marxismus. Das neueste Werk des Autors zahlreicher, auch in deutschen Verlagen veröffentlichter Publikationen erschien in englischer Sprache im Jahr 2018 und in seiner deutschen Übersetzung zwei Jahre später im Wiener Promedia-Verlag. Möglicherweise kein amüsanter Zufall, denn im Jahr 2018 gab der 200. Geburtstag von Karl Marx Anlass zu einer Flut zahlreicher Veröffentlichungen und noch zahlreicherer Veranstaltungen...

Philippe Wampfler: Digitales Schreiben

„Was etwas Geschriebenes bedeuten mag, erfahren Menschen erst, wenn andere es lesen.“ Dieser Satz der Einleitung beschreibt gut, worum es in diesem Buch geht: Nämlich um das Schreiben an sich, wie es in den Unterricht eingebettet werden kann und vor allem welche Resonanzen es beim Leser und daraufhin auch beim Schreiber selbst hervorrufen kann. Dieser nicht unbedingt ganz neue Ansatz wird um das Feld der digitalen Möglichkeiten erweitert und erfährt so durchaus neue Perspektiven und Möglichkeiten.

Ein Schreiben als Ausdruck einer Kultur der Digitalität erstreckt sich auf verschiedene Ebenen (Schreiben im Netz, Schreiben mit Schreibsoftware, Schreiben mit digitalen Endgeräten) und nimmt unterschiedliche Funktionen wahr, eine psychische, eine soziale sowie eine kognitive Funktion. Analog zu...

Frauke Fischer / Hilke Oberhansberg: Was hat die Mücke je für uns getan?

 

Der dramatische Verlust von Biodiversität, welches als das größte massenhafte Aussterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier gilt, dürfte vielen bekannt sein. Aber das Wissen über die Ursachen und Folgen für das menschliche Leben ist nicht so verbreitet, wie es notwendig wäre. Und erst recht hat sich die Erkenntnis nicht im Handeln der Politik und der Bevölkerung niedergeschlagen. Klimawandel und Artensterben sind eng wechselwirkend miteinander verknüpft. Hier leisten die Biologin Frauke Fischer und die Umweltwissenschaftlerin Hilke Oberhansberg mit ihrem Buch nötige Aufklärung. Es ist fachlich solide und dennoch locker geschrieben, dass sowohl Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe als auch Vorstände es begreifen – wobei ich mir bei denen von Bayer/Monsanto nicht so sicher...

Martin Ramb / Holger Zaborowski (Hg.): Zeichnung und Verantwortung

 

Ausstellungskataloge sprechen eine bestimmte Klientel an: Menschen, die eine Ausstellung besucht haben, gerne besucht hätten oder dies beabsichtigen, Menschen, die die Künstler hinter den Werken bereits kennen und ihr Wissen vertiefen möchten oder auch eine breit interessierte Leserschaft, die – zufällig oder thematisch suchend – diesen 79-seitigen ansprechenden Katalog mit ca. 50 Seiten Abbildungen in die Hände bekommt. Der Ausstellungskatalog ist eine Würdigung ausgewählter Werke des zeitgenössischen, renommierten Künstler-Duos Alexandra Kardinar und Volker Schlecht mit Künstlernamen „Drushba Pankow“ (russisch, übersetzt in etwa: „Freundschaft in Pankow“).

Im Jahr 2020 gewannen sie den 3. Platz in der Kategorie „Book und Editorial Illustration“ des „European Design Award“ für ihre so...

Hans Peter Duerr: Diesseits von Eden. Über den Ursprung der Religion

Bekannt wurde der Ethnologe Hans-Peter Duerr (geb. 1943) durch sein Buch „Traumzeit. Über die Grenzen zwischen Wildnis und Zivilisation“ (1978). Ich hatte damals dieses Buch verschlungen und war entsprechend gespannt auf sein Alterswerk. Es umfasst 751 Seiten, 472 Seiten Text, 129 Seiten Anmerkungen und 142 Seiten Literaturangaben und andere Nachweise bzw. Register.

Vorweg: Bemerkenswert ist an dem Buch, dass der Untertitel „Über den Ursprung der Religion“, was eine begriffliche Aufarbeitung betrifft, eigentlich bedeutungslos ist. Vielleicht habe ich einige Seiten übersehen, aber im Hinblick auf eine begriffliche Auseinandersetzung mit Religionstheorie(n) im weitesten Sinne habe ich insgesamt ungefähr 21 Seiten mit einschlägigen, oft nur wenige Sätze umfassenden Argumentationen gefunden...

Friedrich Schorlemmer: Die schöne Kraft des Glockenseils. Gespräche mit Hans-Dieter Schütt

Friedrich Schorlemmer, geboren 1944, ist evangelischer Theologe, Schriftsteller, vielfach engagierter Bürgerrechtler und gehörte zu den prominentesten Protagonisten der Opposition, die in der DDR die Wende von 1989 herbeigeführt haben. Der Erziehung in einem evangelischen Pfarrhaus verdankt er seine christliche Prägung, die ihn in Widerspruch zur atheistischen Staatsdoktrin der DDR brachte. Er studierte Theologie, war Studentenpfarrer in Wittenberg, lehrte als Dozent am Evangelischen Predigerseminar und war Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg. Sein politisches Engagement zeigt er als Mitglied der Friedens-, Menschenrechts- und Umweltbewegung und wurde über die Grenzen der DDR hinaus bekannt durch seine Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“, bei der er anlässlich des Kirchentages 1983...

Uwe Birnstein „Hallelujah“, Leonard Cohen!

Zugegebenermaßen: Die ideenlose Umschlaggestaltung wie auch der Titel des Buchs lassen kritische Leser zurückweichen. Der Untertitel „Wie Leonard Cohen Gott lobte, Jesus suchte und unsere Herzen berührt“ klingt nach dem programmatischen Dreischritt jener christlichen Musikliteratur, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit christlicher Brille Biografien und Werke von Künstlern zu analysieren und dann eine Nähe zum Christentum zu attestieren, um eine gewisse (Selbst-)Bestätigung der Cohen‘schen Hörerschaft im christlichen Milieu zu evozieren. Alle anderen Hörer mögen angesichts dieses Titels, der bereits die kitschige Vereinnahmung und Nivellierung des Musikers vorwegzuschicken meint, das Buch stirnrunzelnd beiseitelegen. Der Titel der 2014 erschienenen Biografie von Liel Leibovitz wirkt...

Mouhanad Khorchide: Gottes falsche Anwälte

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“. Wie die beiden Zeilen aus Herrmann Hesses Gedicht „Stufen“ zeigt, scheint es eine Konstante im Menschen zu geben, die dazu führt, Anfänge zu idealisieren, vor allem, wenn man die Anfänge nicht selbst erlebt hat und aus einer bestimmten historischen Ferne auf sie schaut. Dann ist immer von der „guten alten Zeit“ die Rede, in der alles besser und schöner war als in der Gegenwart. Letztendlich können Anfänge zu ungeheuer großen Projektionsflächen werden, in denen alles das hineinreflektiert wird, was man in der Gegenwart schmerzlich zu vermissen meint. Dieser Befund der Idealisierung des Anfangs trifft besonders auf Religionen und ihre sogenannten Stifter zu.

Die nachfolgende historische Entwicklung wird...