Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Ludmila Peters: Religion als diskursive Formation

Unbestreitbar kennt der Dialog von Religion und Literatur vielfältige Facetten. Entgegen dem vermeintlich unaufhaltsamen Dahinschmelzen des Religiösen durch Säkularisierungsprozesse ist ein weit verbreitetes und beständiges Interesse der Gegenwartsliteratur an religiösen Motiven, Fragestellungen und Konstellationen zu beobachten. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass die Untersuchung religiöser Sujets vornehmlich und breit von einer literaturinteressierten Theologie betrieben wird, während sich die literaturwissenschaftliche Seite bislang eher verhalten an diesem Dialog beteiligte.

Ludmila Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn, bearbeitet dieses Desiderat mit einer überaus anregenden...

Ivan Ivanji: Hineni. Roman

„Hineni“ lautet der Titel des Abraham-Romans von Ivan Ivanji. Das aus dem Hebräischen übersetzte „Hier bin ich“ ist nach biblischer Überlieferung die Antwort des Ahnvaters auf den Anruf Gottes und Beginn eines langen, intensiven Dialogs. In Ivanjis Roman ist das „Hier bin ich“ weniger Antwort als verzweifelte Selbstvergewisserung eines den nächtlichen Sternenhimmel betrachtenden Ratlosen. Der Autor lässt aus dem Mund Avrams, wie er den Ahnvater alttestamentlich nennt, dessen Lebensgeschichte als Konstruktion seines Selbstentwurfs erzählen. Gott bleibt für Avram ein Schweigender, ein Unergründlicher. Vielleicht ist dies den eigenen Erfahrungen des 1929 geborenen jüdischen Autors, einem Überlebenden der Shoa, geschuldet.

Der Anlass, diesen Roman zu schreiben, war für Ivanji ein Erlebnis,...

Karl-Siegfried Melzer: Den 1. Johannesbrief heute lesen

Dieser (Kurz-)Kommentar zum 1. Johannesbrief des pensionierten Pfarrers Karl-Siegfried Melzer ist eine gelungene Hinführung in exegetische und bibeltheologische sowie religionskritische Fragestellungen für Religionslehrerinnen und -lehrer in der Sekundarstufe I und II. „Im Vorfeld“ werden einige einleitungswissenschaftliche (Er-)Klärungen zum 1. Johannesbrief – ohne Angabe des Verfassers und des Adressaten bzw. der Gemeinde wegen der „johanneischen Gemeinschaft im Ganzen“ (79) – kurz und prägnant gegeben, die der Rezensent ebenso teilt wie zum Beispiel die, dass die „Offenbarung ‚des Johannes‘“ nicht zu den johanneischen Schriften gehört. Diese Schrift greift der Autor nach einer 65-seitigen Durchsicht des 1. Johannesbriefes nochmals auf, um auf die eingangs kurz angeschnittenen Thesen...

Hans Kessler: Auferstehung?

Auferstehung – was soll das bedeuten? Die Auffassungen gehen weit auseinander: Was nicht wenige für reines Wunschdenken halten, gilt anderen als eine historische Tatsache; während gelegentlich bestritten wird, dass Jesus überhaupt am Kreuz gestorben ist, sehen manche in der Auferstehung ein psychologisch bedeutsames Hoffnungssymbol. Derartig widerstreitende Ansichten haben Hans Kessler veranlasst, sich noch einmal eingehend mit dem Thema zu befassen. Dazu ist er wie kaum ein Zweiter qualifiziert, hat er doch unter dem Titel „Sucht den Lebenden nicht bei den Toten“ 1985 ein Standardwerk über die Auferstehung Jesus Christi veröffentlicht, das in der 1995 ergänzten Neuauflage auf über fünfhundert Seiten angewachsen ist. Nun hat der inzwischen emeritierte Systematische Theologe unter...

Stefan Alkier / Thomas Paulsen: Die Evangelien nach Markus und Matthäus

1988 erschien mit dem Münchener Neuen Testament (MNT) eine Übersetzung, die den Grundsatz verfolgte: „So griechisch wie möglich, so deutsch wie nötig“, und die einen Weg zum Original erschließen wollte. Ziel war es, durch Verfremdung der bekannten Texte neue Aufmerksamkeit für den biblischen Text zu gewinnen. Das Frankfurter Neue Testament (FNT) von Stefan Alkier und Thomas Paulsen, Professoren für Neues Testament und Gräzistik an der Universität Frankfurt, dessen zweiter Band mit Neuübersetzungen des Markus- und Matthäusevangeliums nun erschienen ist, verfolgt ein ähnliches Ziel. Das Projekt steht in der lutherischen Tradition und will „nicht kirchlichen Übersetzungstraditionen“ folgen, sondern dem griechischen Text. Die philologisch-kritische Übersetzung hat die Grundsätze: „So wörtlich...

Muna Tatari / Klaus von Stosch: Prophetin – Jungfrau – Mutter

Was haben die Marienverehrung der katholischen Kirche und das Marienbild des Korans gemeinsam? Kann Maria, die einzige Frau im Koran, die namentlich genannt wird, für den interreligiösen Dialog eine Mittlerin, eine „Brückenfigur“ sein?

Dass Maria, die Mutter Jesu, für Christen und Muslime ein theologisch fruchtbares Gesprächsthema ist, veranschaulicht der vorliegende Band auf höchstem Niveau. Die namhafte Paderborner Forschergruppe Klaus von Stosch, Professor für Katholische Theologie und Vorsitzender des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften, und Muna Tatari, Juniorprofessorin für Islamische Systematische Theologie und Mitglied des Deutschen Ethikrates, betrachten die „Mutter der Glaubenden“ nicht aus unterschiedlichen Perspektiven, vom Resümee am Ende des Buches...

Jörg Lauster: Der Heilige Geist

Dass die Entwicklung des christlich-theologischen Denkens nicht geradlinig verläuft, sondern immer wieder von Rückschritten geprägt ist, die mitunter die Größe und Weite früheren Denkens weit hinter sich zurücklassen, zeigt beispielhaft die Entwicklung des Konzepts der Schriftinspiration. Den Begriff der göttlichen Inspiration setzte der griechische Kirchenvater Origenes im dritten Jahrhundert n. Chr. ein, um einen weiten Verständnishorizont der biblischen Texte zu ermöglichen. Origenes sah deutlich, dass ein wörtliches Verständnis der Bibel zu vielen Widersprüchen führt. Wenig überraschend für ihn, versucht doch immer ein endlicher Mensch mit endlichen Worten die unendliche Weisheit Gottes auszudrücken. Deshalb gilt es, die Texte weit ab vom wörtlichen Verständnis zu begreifen – die...

Martin Dürnberger: Basics Systematischer Theologie

Gut verständliche und zugleich der Sache angemessene Einführungswerke in die Systematische Theologie sind wichtige Werke. Sie können den Appetit anregen, sich mit der systematischen Theologie zu beschäftigen. So wird deutlich, dass systematische Theologie kein Glasperlenspiel ist, sondern notwendigerweise zu einem Glauben dazugehört, der auch vor der Vernunft verantwortet sein will.

Diesem Anspruch wird die vorliegende Einführung von Martin Dürnberger voll und ganz gerecht. Der Umfang des Buches sollte nicht abschrecken, schließlich bietet Dürnberger eine Einführung in die meisten Themen der Fundamentaltheologie und auch der Dogmatik. Auch wenn in den zwanzig Kapiteln immer wieder Rückverweise auf Vorhergehendes vorkommen, so können die Kapitel einzeln für sich gelesen werden. Durch die...