Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Tobias Frese: Bilder der Christophanie

Ambiguität gilt als ein Signum moderner Kunst – und die Behauptung, dass sie in spätantiken und frühmittelalterlichen Bildwerken keine Rolle gespielt hat, ist naheliegend. Überzeugende Gegenargumente liefert Tobias Frese in seiner überarbeiteten Habilitationsschrift. Darin analysiert er fünf zwischen 400 und 1.000 n.Chr. entstandene, besonders qualitätsvolle Bildwerke – drei Elfenbeinreliefs und zwei Buchmalereien – und arbeitet deren bewusst inszenierte Mehrdeutigkeit heraus. „Ambiguität“ definiert er als „antagonistisch-gleichzeitige Zweiwertigkeit“ (XVII).

Thematisch beschränkt sich der Kunsthistoriker – wie bereits der Titel anzeigt – auf „Bilder der Christophanie“; unter „Christophanie“ versteht er die Erscheinung des auferstandenen Jesus Christus; sie sei, so der Verfasser, eine...

Gerhard Mevissen: IM WEITER ZUHAUS 2

Unter den bildenden Künstlern der Gegenwart ist der in Monschau/Nord-Eifel lebende Gerhard Mevissen nicht zufällig einer der stillen, denn er wendet sich der mystischen „Stille hinter der Stille“ bewusst zu. Sie ist Thema seiner kontemplativen Werke und Movens seines Schaffens, das er als ein „Loslassen von Herangereiftem“ zum rechten Zeitpunkt schildert und vom gezielten Produzieren unterscheidet.

Der 1956 in Heinsberg geborene Künstler und fünffache Vater fand erst nach Theologiestudium und sozialpädagogischen sowie kunsttherapeutischen Ausbildungen 1999 zur freischaffenden Kunst. Bereits zwei Jahre später erhielt er den Kunstpreis des Deutschen Blindenhilfswerks: Mevissen entwickelte spezielle Druckverfahren, die den Druckstock als ein ertastbares Relief jeweils zu einem Teil des...

Maura Zátonyi OSB (Hg.): Das große Hildegard von Bingen Lesebuch

 

Das von Maura Zátonyi OSB vorgelegte Buch anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Erhebung der Hildegard von Bingen zur Heiligen und Kirchenlehrerin im Jahr 2012 ist eine Frucht von ganz unterschiedlichen Bemühungen um die Heilige, die Abtei in Eibingen und die dortige St. Hildegard-Akademie e. V. hinaus. Als Vorsitzende dieser Akademie, Benediktinerin der Abtei und Übersetzerin der Werke der hl. Hildegard legt die Herausgeberin ein Werk vor, das in seiner Konzeption in dieser Art kein Vorbild kennt: Vor der Darbietung und Kommentierung der Texte durch die Herausgeberin steht eine Einführung mit Wissenswertem zur hl. Hildegard. Die folgenden zwölf Kapitel bieten unter unterschiedlichen thematischen Überschriften einen Einblick in die Werke der hl. Hildegard mit Kommentar. Ein...

Hartmut Sommer: François Fénelon

Es ist die Zeit des Sonnenkönigs, der von Frankreich aus Maßstäbe setzt nicht nur für absolutistische Herrschaft, sondern für Weltdeutung und Lebensstil ganz noch im Zeichen selbstverständlichen Christseins: Versailles als Wahrzeichen und Vorbild für ganz Europa. Aber wer weiß noch, dass damals dort im Nordflügel einige Jahre lang ein faszinierender und vorbildlicher Glaubenslehrer als Prinzenerzieher tätig war und einen Zirkel frommer Frauen begleitete?

Mit dem Namen François Fénelon verbindet sich glaubensgeschichtlich ein höchst bedeutsamer Kirchenstreit, in dem es um die Mitte christlichen Glaubens und das Profil seiner Mystik ging – das letzte Mal übrigens, dass ein Glaubensthema unter den führenden Intellektuellen der Zeit wie z.B. dem Allrounder Leibniz in der europäischen...

Jan-Heiner Tück / Tobias Mayer (Hg.): Das vermisste Antlitz

Wenn ein Veranstalter heute Schriftsteller zu Vorlesungen über Literatur und Religion einlädt, erntet er ein Meinungsspektrum, das sich kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen lässt. Die beiden Herausgeber der vorliegenden Sammlung von Vorträgen, die 2019 und 2020 an der Universität Wien gehalten wurden, entnehmen ihren Titel dem gleichnamigen Beitrag von Uwe Kolb. Dieser 1957 in Ost-Berlin geborene Lyriker stellt seine Fragen an das zeitgenössische deutschsprachige Gedicht unter den Titel „Das vermisste Antlitz" und beklagt darin die „artifizielle Sprachakrobatik" vieler heutiger Gedichte, vermisst die Ansprache an ein persönliches Gegenüber und die Thematisierung grundlegender anthropologischer Fragen. Dabei weist er beiläufig auf eigene Erfahrungen der Marginalisierung hin, als er...

Marianne Heimbach-Steins / Michelle Becka / Johannes J. Frühbauer / Gerhard Kruip (Hg.): Christliche Soziallehre

Das neue Lehr- und Studienbuch „Christliche Sozialethik“ bietet aktualisierte Über- wie Einsichten in eine wichtige theologische Handlungswissenschaft: Denkweisen, Argumentationsmuster wie drängende Themen Christlicher Sozialethik werden vorgestellt. Der wissenschaftliche Anspruch des Fachs wird kontrovers präsentiert; aus der Geschichte von Kirche und Christentum werden ethisch-normative Leitideen entfaltet und Begründungszusammenhänge neu formuliert und die epochalen gesellschaftlichen Herausforderungen einer Sozialethik für das 21. Jahrhundert in kreativem und informativem Konzept präsentiert.

Die zehn Autorinnen und Autoren tragen Antworten zusammen, wie Gesellschaft im Kontext des christlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes gestaltet werden soll – lokal, national, kontinental und...

Hans Joas: Warum Kirche?

Der an der Berliner Humboldt-Universität lehrende Soziologe Hans Joas hat unter dem etwas irreführenden Titel „Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft“ eine Aufsatzsammlung vorgelegt, die einen guten Einblick in das Denken dieses über die Grenzen seines Fachbereichs hinaus bekannten Intellektuellen gibt. Das Buch wendet sich an einen breiten Leserkreis, ist ohne umfassende Kenntnisse soziologischer Theoreme verständlich und hat sich zum Ziel gesetzt, grundlegende Orientierung in der unübersichtlichen religiösen bzw. kirchenpolitischen Lage der Gegenwart zu bieten. Behandelt werden zum einen klassische religionssoziologische Fragestellungen. Joas zerlegt noch einmal geduldig die mit der klassischen Säkularisierungsthese einhergehenden Anschauungen in seine...

Jörg Lauster: Das Christentum

Die Kulturgeschichte des Christentums skizziert Jörg Lauster, evangelischer Professor für Systematische Theologie in München, komprimiert auf 128 Seiten. Das ist eine hohe Kunst, denn seine Ausführungen zeugen von einem profunden Wissen zu Personen, theologischen Positionen sowie Dogmen- und Kirchengeschichte und weisen vielschichtige Analysen und hilfreiche Systematiken auf, um auch aktuelle Zusammenhänge und Fragestellungen des Christentums und der Kirchen besser verstehen zu können. Dies alles in einer solchen Kürze und in verständlicher Sprache aufzuarbeiten, verdient Respekt. Das Format einer kurzen Einführung in der Reihe Beck Wissen bringt es mit sich, dass vieles nur angedeutet werden kann.

In den vier Kapiteln geht der Autor zunächst auf gut 50 Seiten auf die 2000-jährige...