Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Peter Handke: Mein Tag im anderen Land. Eine Dämonengeschichte

 

„In meinem Leben gibt es eine Geschichte, die ich noch keinem Menschen erzählt habe." Mit diesem Satz beginnt die „Dämonengeschichte“ von Peter Handke und fesselt den derart vertrauensvoll angesprochenen Leser mit sofort geweckter Neugier an der Lektüre. Und schon in den folgenden Zeilen irritiert der Ich-Erzähler mit der Aussage: „Die Geschichte hier: Ich habe sie in Fleisch und Blut erlebt, aber ich weiß von ihr allein vom Hörensagen.“ (9) Der Gedankenschluss liegt nahe, dass hier Einer erzählt, der phasenweise nicht bei sich selbst ist, an gespaltener Persönlichkeit leidet.

Durch den Erzählanfang verwirrt, findet der Leser beim Zurückblättern das vielleicht überlesene und der Geschichte vorangestellte Zitat des griechischen Lyrikers Pindar (5. Jh. v. Chr.): „Ich Idiot, ins...

Thomas Menges / Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hg.): Horst Sakulowski

Im Angesicht des gefolterten Jesus von Nazareth soll ausgerechnet der Statthalter Pontius Pilatus, ein Funktionär der römischen Besatzungsmacht in Jerusalem – damals Teil der Provinz Syria – „Siehe da, der Mensch!“ ausgerufen haben, bevor er ihn zur Kreuzigung verurteilte. Der hellsichtige Erkenntnismoment des Römers verhinderte die staatlich exekutierte Gewalttat nicht – und stimmte nicht einmal die Basis, die jüdische Menschenmenge, zur angebotenen Begnadigung um. Dennoch begründete der Blick auf das menschliche Leiden einen Perspektivwechsel, der die christliche und humanistische Sicht auf den Menschen initiierte.

Mit dem Titel „ECCE HOMO“ umreißen die drei Herausgeber das malerische, graphische und zeichnerische Werk des 1943 in Saalfeld/Thüringen geborenen Künstlers Horst Sakulowski...

Peter Kliemann: Glauben ist menschlich

„Glauben ist menschlich“: Fatal oder beabsichtigt: Wer denkt bei diesem Titel nicht an eine Verwechslung des Glaubens mit dem Irren? Einem banalen, Descartes-freien Verständnis nach würde das eine Provokation darstellen: Glaube bedeute, typisch menschlich an Fake Realities ausgeliefert zu sein, sei also mit Anselm: Torheit. „Torheit vom gekreuzigten Gott“, so spricht konsequent der Untertitel. Das klingt fast wie Paulus nach Moltmann oder Jüngel, ist es aber nicht und wäre so auch irreführend.

Und jetzt könnte es losgehen mit dem Theologisieren – was nicht geschieht. Denn die folgenden 350 Seiten handeln von etwas anderem, wie es der Klappentext und einige Fußnoten zu erklären versuchen. Das Buch handelt tatsächlich erstens von der überarbeiten Sammlung der Oberstufenkurse im Fach...

Stefan Alkier / Thomas Paulsen: Die Apokalypse des Johannes. Neu übersetzt

Der erste Band innerhalb des Projekts „Frankfurter Neues Testament“ (FNT) ist erschienen. Der Neutestamentler Stefan Alkier und der Altphilologe Thomas Paulsen (beide lehren an der Goethe-Universität Frankfurt am Main) leiten das Übersetzungsprojekt und haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 alle Schriften des NT neu zu übersetzen und mit Kurzkommentierungen zu zentralen Fragestellungen zu ergänzen. Dabei beginnen sie mit der letzten Schrift des NT, der Offenbarung an Johannes.

Wenn eine neue Übersetzung angefertigt wird, stellt sich die Frage nach den übersetzungstheoretischen Leitlinien, die die Autoren in einem einleitenden Essay diskutieren. Das FNT beansprucht, die erste deutsche Übersetzung zu sein, die sich konsequent am griechischen Urtext orientiert. Zu seinen philologischen...

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Leben und Glauben gemeinsam gestalten

„‚Inklusive Kirche‘ ist keine bloße Idee, sondern längst im Werden und vielerorts schon bereichernde Wirklichkeit.“ – schreibt Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, im Vorwort zu dieser Arbeitshilfe (6). Sie ergänzt das Bischofswort „unBehindert Leben und Glauben teilen“ (2003) mit Handlungsoptionen und Praxisbeispielen für die seelsorgliche Arbeit mit dem Ziel, „Lebensräume zu eröffnen, in denen behinderte und nicht-behinderte Menschen mit ihren jeweils eigenen Charismen ‚unBehindert‘ Leben und Glauben gestalten können“ (ebd.).

Das Besondere der Arbeitshilfe ist, dass an ihr behinderte und nicht-behinderte Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben. Zudem wird – auch ein Novum – jedem Abschnitt „Das Wichtigste in Leichter Sprache“...

Paul Deselaers / Robert Verholt: Tod und Auferstehung

Mit „Tod und Auferstehung. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments“ nehmen sich Paul Deselaers, Alttestamentler, Priester und Spiritual, sowie Robert Verholt, Neutestamentler an der Universität Luzern, ein fundamentales und zentrales Themenfeld des christlichen Glaubens an. Der Aufbau des Buches ist – wie bei dieser Reihe üblich und gewohnt – dreigeteilt: Zuerst werden wesentliche Texte und Perspektiven aus dem Alten Testament und anschließend aus dem Neuen Testament vorgestellt und besprochen. In einem abschließenden „Dialog“ werden sodann alt- und neutestamentliche Perspektiven des Themenfeldes Tod und Auferstehung zusammengeführt und Brücken zwischen den beiden Teilen der christlichen Bibel herausgearbeitet. Es steht außer Frage, dass bei einem Umfang des Buches von gut 160 Seiten...

Thomas Hieke / Konrad Huber (Hg.): Bibel falsch verstanden

In der Arbeit mit Studierenden, deren schulischer Religionsunterricht rein altersmäßig nicht allzu weit zurück liegt, ist der Rezensent mitunter sehr verwundert, wie lang die Halbwertszeit mancher bibeltheologischer und exegetischer Fehldeutungen ist. Oder anders formuliert: Der von Thomas Hieke und Konrad Huber herausgegebene und aus insgesamt 33 (…eine bewusst gewählte Zahl?) Beiträgen evangelischer und katholischer Exegetinnen und Exegeten bestehende Band ist letzten Endes ein Kaleidoskop dessen, was in den zurückliegenden Jahrzehnten kirchlich und exegetisch-theologisch gelehrt wurde und auch heute zum Teil noch zu lesen und zu hören ist und sich ins Gedächtnis tief eingegraben hat. Gleichzeitig zeigen die Beiträge indirekt auf, welche Folgen es zeitigt, wenn biblische Texte ohne...

Jens Schröter: Jesus. Leben und Wirkung

Unvergleichliche Faszination, Inspiration und Irritation seit zweitausend Jahren: Mit diesen Begriffen umreißt Jens Schröter, Professor für Neues Testament und antike christliche Apokryphen an der Humboldt-Universität Berlin, die immense Wirkung Jesu von Nazareth. Angesichts dieser Wirkungsgeschichte, aber auch der unzählbaren vorhandenen Jesus-Bücher ist es eine Kunst für sich, so knapp, präzise und in verständlicher Sprache über das historisch Gesicherte zum Leben Jesu zu informieren. Der Autor legt dabei vorab wohltuend die Selektivität und Perspektivität einer jeglichen historischen Darstellung offen. Dazu gehört Transparenz hinsichtlich seiner eigenen Verortung als (west)europäischer Wissenschaftler zu Beginn des 21. Jahrhunderts, der auf der Grundlage historisch-kritischer...