Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
Arbeitszimmer von Oswald von Nell-Breuning in Sankt Georgen als Video-Projektion von Laas Koehler in der Kunstausstellung „LebensWertArbeit“. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Museums am Dom Trier. Foto: Rudolph Schneider, Trier, 2018

War der Papst Marxist geworden?

Ein fiktives Interview

Diese Frage warf Pater Oswald von Nell-Breuning SJ (1890-1991) an der Goethe-Universität
Frankfurt auf – im brodelnden Jahr 1967, als gefeiert wurde, dass 100 Jahre
zuvor der erste Band des „Kapitals“ von Karl Marx (1818-83) erschienen war. Zwei
Jahre zuvor hatte der Jesuitenpater in einem ZDF-Interview bereits gesagt: „Wir alle stehen
auf den Schultern von Karl Marx“. Erst in der Diskussion um den Beschluss „Kirche und Arbeiterschaft“
der Würzburger Synode (1971-75) sollte dieses katholisch-sozialethische Diktum
seine ganze Brisanz entfalten.

Aus Anlass des 200. Geburtstags von Karl Marx werden hier einschlägige Textabschnitte
aus der Rede wieder abgedruckt, die Oswald von Nell-Breuning 1967 am Frankfurter
Institut für Politikwissenschaft hielt und in der der „Nestor“ seines Fachs und – mit ihm –
die katholische Soziallehre Karl Marx ihren Respekt zollten. Diese werden im Folgenden zu
einem fiktiven Interview mit den beiden Trierern Marx und Nell-Breuning kompiliert. Dabei
legen wir Marx Sätze in den Mund, die strenge Marx-Exegeten sicherlich als völlig abwegig
zurückweisen werden.

Beide Männer wirkten in unterschiedlichen Jahrhunderten und konnten sich selbstverständlich
nie begegnen. Sie beschäftigten aber ähnliche Fragen, auch wenn sich die Antworten
erheblich unterschieden. Angenommen Marx und Nell-Breuning wären sich begegnet,
angenommen auch Marx brächte ein Wissen über die Entwicklung von Theologie und Kirche
bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts mit, und angenommen sie hätten beiderseitig
ein Interesse gehabt, sich auf ideengeschichtliche Fragen einzulassen, dann (und nur
dann) könnte folgendes fiktives Interview nachvollziehbar werden.

Deutlich wird dabei, wie die christliche Sozialethik im Nachdenken über die moderne
Gesellschaft und die soziale Frage mit Marx ihr Begriffsinstrumentarium erweiterte und
über Marx zu einem modernen, bis in die Bundesrepublik hinein plausiblen Gesellschaftsverständnis
gelangte.

Herr Marx, wenn Sie auf das 20. Jahrhundert zurückblicken, was hat die katholische Kirche –
eine Ihrer Widersacherinnen – von Ihnen lernen können?

Wir diagnostizierten die industrielle Gesellschaft als Klassengesellschaft und haben
die unterdrückte und ausgebeutete Klasse, das Proletariat, deutlich gegen die herrschende
Klasse, die Kapitalisten, abgegrenzt und in Stellung gebracht. Für die kirchlichen Kreise,
die damals mit ihren Vereinen weitgehend auf Armen-Fürsorge setzten, war unser Vokabular
etwas völlig Neues und von Grund auf verdächtig. Wie alles Neue lehnte man es zunächst
einmal ab. Erst in den 1920er Jahren wurden unsere Begriffe aufgenommen und
von Sozialethikern wie Gustav Gundlach (1892-1963) und Oswald von Nell-Breuning in die
päpstliche Sozialverkündigung eingeführt. Plötzlich war in katholischen Kreisen ziemlich
unverhohlen von Klasse, Klassenkampf und Klassengesellschaft die Rede. Ich würde sagen,
das ist schon ein ziemlich unerhörter Vorgang gewesen.

Sie müssen sich vor Augen führen, dass damals die Milieus extrem geschlossen waren.
Die Sozialisten hatten ihre Zeitungen, ihre Gewerkschaften, ihre Wirtshäuser usw. Katholische
Proletarier wie katholische Kapitalisten fühlten sich über jeden Klassengegensatz
erhaben und konnten von der Wiege bis zur Bahre ihre Milieuverbundenheit pflegen. Sozialismus
und Katholizismus waren wie Feuer und Wasser.

Ich würde sagen, dass die Aufnahme unserer Begriffe in den katholisch-sozialen Jargon
für den Katholizismus ein erster Schritt war, ein Verständnis von der modernen Gesellschaft
überhaupt zu bekommen und den idealistisch-feudalständischen Verblendungszusammenhang,
wenn auch nicht ganz hinter sich zu lassen, so doch langsam aufzubrechen.
Diese unsere Begriffe wurden zweifellos so umgebogen, dass sie einigen von uns nur noch
als entstellte Begriffe erschienen.

Eine zweite große Auseinandersetzung mit unserer Theorie erfolgte seitens der Theologie
und Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65). In Lateinamerika beschäftigte
sich die Befreiungstheologie und in Europa Teile der Neuen Politischen Theologie mit ihr
und den marxistischen Fortschreibungen. Ich spreche von zwei Theologieansätzen, die für
die Theologie in den 1970er- und 80er Jahren insgesamt wohl ziemliche Innovationsmotoren
waren. Angesichts dieser Theologien und einer subversiven kirchlichen Praxis hätte
ich meine Religionskritik womöglich anders formuliert.

Pater von Nell-Breuning, wie schätzen Sie den Theoriesupport für die katholische Soziallehre
ein, wenn sie auf die Theorie von Karl Marx blicken?

Es war schon eine Sensation, als Papst Pius XI. Marx´sche Begriffe in seinen Wortschatz
aufnahm und sie für alle schwarz auf weiß in der Sozialenzyklika Quadragesimo anno (1931)
zu lesen waren. War der Papst Marxist geworden, fragten einige Zeitgenossen verwundert.

Wir waren damals vor die Aufgabe gestellt, einen Lernprozess zu vollziehen und schlicht
und einfach anzuerkennen, dass einer gesellschaftlichen Gruppe, einer Minderheitsgruppe
der Produktionsmitteleigentümer, eine andere, zahlenmäßig sehr viel größere gesellschaftliche
Gruppe gegenübersteht, die nichts außer ihrer Arbeitskraft besitzt, die sie verkaufen
muss, um ihr Auskommen zu sichern. Diese Gruppe haben wir die Nurlohnarbeiter genannt.

Das alles mussten wir uns zu Bewusstsein führen. Modernisierungsschübe in Kirche
und Theologie werden langsam vorbereitet. Ein wichtiger Impuls waren auch die Worte
von dem Apostolischen Nuntius Eugenio Pacelli (1876-1958), dem späteren Papst Pius XII.,
auf dem Freiburger Katholikentag von 1929, auf dem er sagte, wir müssten uns aus der
Auseinandersetzung zwischen den Klassen zur einträchtigen Zusammenarbeit der Stände
emporarbeiten. Das war eine von Gundlach eingefädelte Steilvorlage, um die harmonische
Ständefiktion aufzubrechen und die Soziallehre voranzubringen.

Ganz gleich welchen Grad der Richtigkeit wir den Ergebnissen der Marx´schen Analyse
im Einzelnen zuerkennen, auf jeden Fall hat sie uns gelehrt, den Strukturen und Institutionen
die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Das bedeutet, einerseits ihr ungeheures
Gewicht in Rechnung zu stellen, andererseits aber auch ihre weitgehende, von uns unterstellte
Gestaltbarkeit zu nutzen. Damit haben wir von Marx nicht nur in Institutionen zu
denken gelernt, sondern, was noch mehr ist, geschichtlich zu denken gelernt. In diesem
Sinne sage ich: „Wir alle stehen auf den Schultern von Karl Marx“. Natürlich hat die Wirtschaftswissenschaft
und haben alle einschlägigen Sozialwissenschaften im letzten Jahrhundert
ungeheure Fortschritte gemacht. Vieles wissen wir heute besser als Marx es wusste
und wissen konnte. Das ist für uns kein Grund zur Überheblichkeit, eher zur Bescheidenheit:
Auf keinen Fall darf es uns hindern, in Bezug auf das, was wir von ihm übernommen
haben, uns ehrlich zu seiner Urheberschaft zu bekennen. Die katholische Soziallehre sieht
in Marx ihren großen Gegner; sie bezeugt ihm ihren Respekt.

Herr Marx, gehen wir etwas näher auf die Klassengesellschaft ein? Was verstanden Sie darunter?

Wir verstanden die Klassenlage erst einmal rein ökonomisch. Die Klassenlage war das
notwendige Ergebnis der Produktionsverhältnisse. Doch wenn die Produktionskräfte bereits
über das Maß dessen, was in deren Rahmen Platz findet, hinauswachsen, dann wird
diese Entwicklung ihren eigenen Rahmen sprengen. An die Stelle der Zwei-Klassen-Gesellschaft
tritt nach einer Übergangsphase die klassenlose Gesellschaft.

Die Klassengesellschaft ist als solche unmenschlich und gemeinwohlwidrig. Sie muss
verschwinden. Damit tritt die Menschheit in die Phase ihrer Vollendung, aus der Vorgeschichte
in ihre wirkliche Geschichte. Solange noch Klassen bestehen, ist ihr Gegensatz
absolut. Ein übergeordnetes gemeinsames Interesse kann es nicht geben. Folglich ist der
Klassenkampf selbst absolut und ein ebenso absolutes Gebot des revolutionären Ethos.

Pater von Nell-Breuning, was sagen Sie aus der Sicht der katholischen Sozialethik dazu?

Die Soziallehre sieht und anerkennt den Interessengegensatz in seiner ganzen Härte,
wie Marx ihn herausgearbeitet hat. Wenn manche katholische Autoren sich da einer Verniedlichung
schuldig gemacht haben, so trifft das auf Papst Pius XI. gewiss nicht zu.

Jedoch sieht er auch die übergeordnete Interessenverbundenheit: Vor der Verteilung des
Sozialprodukts steht seine Erzeugung. Dazu sind beide Produktionsfaktoren, der menschliche
und der sachliche, also Arbeit und Kapital, erforderlich. Wenn beide von verschiedenen
Gruppen gestellt werden, müssen diese beiden zwangsläufig kooperieren. Sie müssen
einen Weg und eine Ordnung finden, bei der sowohl diese Zusammenarbeit selbst als auch
das, was dabei herauskommt, für beide zufriedenstellend sind. Erst dann kann die Rede davon
sein, wie das gemeinsam erstellte Produkt zu verteilen ist, damit beide erhalten, was sie
brauchen oder was ihnen nach irgendeinem vernünftigen Maßstab zukommt. Wenn dem so
ist, dann sind die beiden gesellschaftlichen Klassen keine unverbundenen Blöcke, sondern
Teile eines sie umgreifenden Ganzen.

Herr Marx, wie verstehen Sie die angesprochene Zusammenarbeit von Kapital und Arbeit?

Bis in die 1920er Jahre hinein und mit der sogenannten Berufsständischen Ordnung sogar
darüber hinaus haben sich viele katholische Autoren natürlich einer gewissen Verniedlichung
schuldig gemacht. Sie waren ständisch-harmonisch eingestellt und Konsens bedacht,
haben weniger an unüberbrückbare Interessengegensätze als an sozialpartnerschaftliche
Arrangements gedacht. Das Standesdenken war weit verbreitet und tief eingelassen in
die Denkstrukturen des Katholizismus. Schauen Sie einmal, wie lange es gedauert hat, bis
die christlichen Gewerkschaften anerkannt wurden; eine halbe Ewigkeit. Teile der Kirche
haben versucht, mit Arbeiterstandesvereinen die gewerkschaftliche Schlagkraft zu schmälern.
Man hat einen Einheitsbrei über offensichtliche, tief in die Produktionsverhältnisse
eingelassene Konflikte gegossen. Und auch der Satz, den wir gerade gehört haben: Von der
Auseinandersetzung zwischen den Klassen zur einträchtigen Zusammenarbeit der Stände,
hat nichts mit meinem Theorieansatz zu tun. Es kann keine einträchtige Zusammenarbeit
in einer Konfliktsituation geben. Meine Theorie setzt auf ein logisches „Entweder-oder“,
Nell-Breuning und andere Soziallehrer setzen auf ein „Sowohl-als auch“.

Der große Hemmschuh der revolutionären Bewegungen waren immer die kompromissbereiten
Seiten: Die Seiten, die alles daran setzten, ein – wie auch immer geartetes – soziales
Band zur gegnerischen Klasse zu spannen und das letzte Fitzelchen Solidarität mit dieser
zu suchen. Die Klasse, die auf der Sonnenseite sitzt, ist aber immer bestrebt, den bestehenden
Zustand zu konservieren, wenn nicht gar frühere Zustände, bei denen sie noch mehr
begünstigt waren, zu restaurieren.

Pater von Nell-Breuning, wie schätzen Sie das Geschilderte ein? Waren der soziale Katholizismus
und die christliche Arbeiterbewegung zu handzahm?

Unsere erste Antwort auf die soziale Frage war tief eingelassen in paternalistische
Fürsorgevorstellungen, die man zwar heute immer noch hat, die aber vielen zunehmend als
verdächtig erscheinen. Unser Problembewusstsein ist heute ein ganz anderes.

Ebenfalls ist klar: Wo Interessen im Spiel sind, genügen noch so gute Argumente allein
nicht. Mit bloßen Begründungen – und seien sie noch so überzeugend – erreicht eine benachteiligte
gesellschaftliche Gruppe nichts. Dazu
muss sie Macht entfalten, Druck ausüben. Erst
wenn der Machtdruck stark genug wird, hört
die Öffentlichkeit oder Allgemeinheit, hört insbesondere
die Gegenseite auf die Argumente.

Darf die benachteiligte gesellschaftliche
Gruppe sich dieser ihrer Klassenlage bewusst
werden, ein Klassenbewusstsein pflegen und –
vor allem – darf sie sich als Machtkörper konstituieren,
um die von ihr aufgebaute Macht
beim Ringen um die Verbesserung ihrer Lage ins Spiel zu bringen? Darf sie für ihre legitimen
Interessen kämpfen? Lässt ein solcher Kampf sich grundsätzlich rechtfertigen? Wenn ja, an
welche Kampfregeln hat er sich zu halten? Genau das ist der Fragestand, zu dem von kirchlicher
Seite Pius XI. als erster Stellung bezogen hat. Das tat er, nachdem ein katholischer Sozialwissenschaftler
– Gustav Gundlach – die Marx´sche Diagnose im Staatslexikon aufgegriffen
und wesentliche Bestandstücke derselben als zutreffend anerkannt hatte. Aus der Einsicht
heraus, dass sich eine gerechte gesellschaftliche Ordnung nur gegen den Widerstand der gesellschaftlichen
Gruppen, sich also nur kämpferisch unter Machtdruck durchsetzen lässt, anerkennt
Pius XI. nun den Klassenkampf als um des Gemeinwohls willen erforderlich und aus
diesem Grunde gerechtfertigt. Es hat lange gebraucht, aber irgendwann kam diese Einsicht.

Jedoch in eben dieser Begründung seiner Berechtigung liegt auch seine Begrenzung. Es
geht nicht darum, die gegnerische Klasse zu „liquidieren“, sondern mit ihr um eine sinnvolle
Gestaltung des Ganzen zu ringen, mit der alle zufrieden sein können. Gelingt es, alle – seien
es einzelne, seien es gesellschaftliche Gruppen – sinnvoll in das Ganze einzugliedern, dann
haben die Klassen sich selber aufgehoben, haben einer neuen Gesellschaft Platz gemacht,
einer Gesellschaft ohne Klassen.

Herr Marx, wie können wir uns die klassenlose Gesellschaft vorstellen, die nach der Überwindung
des Kapitalismus kommt?

Wir haben in unserem Modell der klassenlosen Gesellschaft zum Beispiel eine eindeutige
Entscheidung über die Produktionsmittel getroffen. Wir legen sie in die Hand der
Gesellschaft. Diese Frage lassen wir nicht offen. Die Neugestaltung der Gesellschaft, in
der es keine Ausbeutung der Menschen durch den Menschen mehr geben wird, ist nicht
anders vorstellbar. In der Entscheidung über die Produktionsmittel liegt der entscheidende
Schlüssel, ob der Ausbeutung ein Ende bereitet werden kann. Die Zusammenballung der
Produktionsmittel als privates Eigentum einer gesellschaftlichen Minderheit kommt an ihr
Ende – und muss zwangsläufig an ein solches kommen.

Pater von Nell-Breuning, welches Gesellschaftsbild schwebt der katholischen Soziallehre vor?

Zuerst einmal sprechen wir nicht von klassenloser Gesellschaft, sondern von klassenfreier
Gesellschaft. Die katholische Sozialethik hat immer abweichende, neue Wörter kreiert
– obgleich diese viel weniger gehört wurden –, um den Einflusswörtern von Marx etwas
entgegenzusetzen. Das, was Marx mit vielen Begriffen gelungen ist, nämlich ihnen eine
Begriffskarriere zu bereiten, ist uns vielleicht nur mit den Begriffen „Solidarität und Subsidiarität“
in vergleichbarer Weise gelungen, aber auch mit diesen Vorstellungen haben wir
natürlich zu kämpfen, weil sie gerne missverstanden werden. Nichts für ungut: Klassenfrei
ist auf jeden Fall wieder so ein Versuch.

Von ihrer Tradition her liebäugelt die Sozialethik mit einer breiten Streuung privaten
Eigentums. Anfangs sollte der Entproletarisierung des Proletariats – ganz kleinbürgerlich –
durch das Eigenheim mit Garten in Arbeiterhand der Weg gewiesen werden. Auch Vergesellschaftung
wird keinesfalls ausgeschlossen. Aufs Ganze gesehen lässt das Modell der klassenfreien
Gesellschaft die Frage, wessen Eigentum die Produktionsmittel sein sollen, offen.

Wirklich wesentlich erscheint der katholischen Soziallehre die Überwindung der Klassengesellschaft
durch eine andere Art der rechtlich abgesicherten, gesellschaftlichen Gruppenbildung,
indem gesellschaftliche Gruppen sich also zusammenfinden je nach gemeinsamen
Aufgaben, die sie zum Gemeinwohl leisten. Das, was die deutschen Gewerkschaften
unter dem Stichwort »Überbetriebliche Mitbestimmung« anstreben, dass sie nämlich in
wirtschaftspolitischen Belangen mitentscheiden, deckt sich in wesentlichen Stücken mit
dem gesellschaftlichen Ordnungsbild, wie es bereits Pius XI. vorschwebte. Demnach hat
der Klassenkampf im Sinne der katholischen Soziallehre ganz wie bei Marx zum Ziel, die
Klassenlage und damit die Klassengesellschaft selbst aufzuheben.

Wer auf den Kampf um eine solche Neugestaltung der Gesellschaft, in der es keine Ausbeutung
des Menschen durch den Menschen mehr geben soll (ich sage „soll“, nicht – wie
Marx und seine Epigonen – „wird“!), das emotional belastete Wort Klassenkampf nicht anwenden
will, der mag, ähnlich wie wir der Verdeutlichung halber statt „klassenlose“ lieber
„klassenfreie“ Gesellschaft sagen, so hier von Klassenauseinandersetzung sprechen, Auseinandersetzung
gewiss an erster Stelle im Ringen mit geistigen Waffen, aber – solange
Menschen keine reinen Geistwesen sind – im Ausmaß des sachlichen Erfordernisses auch
mit Einsatz aller übrigen zu Gebote stehenden ehrenhaften Kampfmittel.