Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
Fotos: © Filmwelt Verleihagentur GmbH/Katholisches Filmwerk GmbH

»A black Jesus« im Religionsunterricht

Vorbehalte gegenüber dem Fremden und Verhaftetsein in Stereotypen: Beides thematisiert der im Mai 2021 in Deutschland erschienene Film »A black Jesus«. Wim Wenders produzierte den Dokumentarfilm unter Mitarbeit seiner Nichte Hella Wenders

In dem sizilianischen Dorf Siculiana, das unter
der Abwanderung seiner jungen Einwohner aufgrund
mangelnder Zukunftsperspektiven leidet
und daher teilweise von Leerstand und Zerfall geprägt
ist, werden seit 2014 in einer ehemaligen, mittlerweile
leerstehenden Hotelanlage am Dorfrand Geflüchtete –
überwiegend vom afrikanischen Kontinent stammend
– untergebracht. Deren Anwesenheit löst – auch unter
dem Eindruck der rechtspopulistischen Äußerungen
des damaligen italienischen Innenministers (2018–
2019) Matteo Salvini – im Dorf Proteste aus und führt
zu einer Spaltung der Bevölkerung in ihrer Haltung
zu den Fremden. Geprägt ist Siculiana aber auch von
einer großen Volksfrömmigkeit; insbesondere in der
Verehrung einer schwarzen Christusfigur. Zu deren
Herkunft erzählt eine im Dokumentarfilm aufgegriffene
Legende, dass ein Fremder vor vielen Jahren auf
der Durchreise in Siculiana eine große Kiste zurückgelassen
habe. Der Legende nach setzte sich ein Blinder
hierauf, um auszuruhen, und konnte von diesem
Moment an wieder sehen. Nach dieser wunderbaren
Heilung wurde die Kiste geöffnet und man fand einen
schwarzen Christuscorpus am Kreuz darin, der fortan
in der Kirche Siculianas verehrt und einmal im Jahr in
einer großen Prozession durch das Dorf getragen wird.

Die große Frömmigkeit und die Verehrung einer
schwarzen Jesusfigur auf der einen Seite und die
gleichzeitig ablehnende Haltung gegenüber den Geflüchteten,
die in Siculiana untergebracht sind – überwiegend
People of Color – auf der anderen Seite greift
der Dokumentarfilm als Paradox auf und erzählt,
wie es auf den Wunsch des 19-jährigen Edward aus
Ghana hin in einem längeren und durchaus kontroversen
Prozess gelingt, dass drei jungen Männern aus
der Geflüchtetenunterkunft die ehrenvolle, eigentlich
den Einheimischen vorbehaltene Aufgabe übertragen
wird, gemeinsam mit den Einheimischen die Jesus-
Statue in der alljährlichen Prozession tragen zu
dürfen. Der gemeinsame Glaube ermöglicht auf diese
Weise schließlich eine Gemeinschaft von Einheimischen
und Fremden und die schwarze Christusfigur
wird im Film gleichsam zum Symbol für diese Gemeinschaft
und die Überwindung von Fremdenfeindlichkeit.

Der Film endet allerdings ernüchternd. Zehn Tage
nach der Prozession wird die Geflüchtetenunterkunft
»Villa Sakania« aufgelöst und der angestoßene Integrationsprozess
findet einen jähen Abbruch.

Impulse für die Arbeit mit dem Film

Im Religionsunterricht kann der Film einerseits
hinsichtlich ethischer Herausforderungen
im Umgang mit Geflüchteten
und Fremdenfeindlichkeit und den diesbezüglichen
Implikationen einer christlichen
Ethik auch in einem fächerübergreifenden
Unterricht ab Klasse 9/10 sinnvoll eingesetzt
werden, andererseits stößt der Film
eine Auseinandersetzung mit stereotypen
Christusdar- und -vorstellungen an.

Zur Erhebung der Lernausgangslage werden
zu Beginn einer Unterrichtsreihe zur
Christologie (z. B. Q1) verschiedene Bilder
bzw. Darstellungen Jesu aus unterschiedlichen
Kulturen und Entstehungszeiten
ausgelegt. Jede Schülerin und jeder Schüler
wählt ein Bild. In Vierergruppen findet
ein Austausch über folgende Fragen statt:
Warum habe ich dieses Bild gewählt? Was
spricht mich besonders an? Entspricht dies
meinem eigenen Jesus-Bild oder gibt es Unterschiede?
Zudem sind die Schülerinnen
und Schüler (SuS) aufgefordert, die eigene
Vorstellung von Jesus begründet darzustellen.
Wenn die Lerngruppe nicht zu groß ist,
kann dieser Austausch im Plenum in Form
eines Stuhlkreises geschehen.

Eine Auswertung erfolgt dann in zweierlei
Hinsicht: Zunächst werden Themen bzw.
Fragestellungen gesammelt, die im Rahmen
einer Unterrichtsreihe über Jesus Christus
relevant sind. Dazu schreiben die SuS auf
vorbereitete Karten je ein Thema/eine Frage.
Möglich ist zudem eine digitale Abfrage
z. B. über flinga oder oncoo. Die Karten werden anschließend
gesammelt und thematisch in Form einer
Mindmap geclustert, die zum Leitfaden für die Unterrichtssequenz
zur Christologie wird und den Lernfortschritt
durchgehend visualisiert.

Auf einer Metaebene werden die SuS aufgefordert,
mögliche Ursachen für die unterschiedlichen Darstellungen
Jesu zu benennen. Und die Jugendlichen
erklären, warum sie sich jeweils von verschiedenen
Darstellungen angesprochen gefühlt haben. Die gemeinsame
Reflexion im Unterrichtsgespräch sollte
verschiedene Ursachen verdeutlichen: Eine zeitgenössische,
realitätsnahe Darstellung Jesu existiert
nicht, vielmehr haben unterschiedliche Künstler aus
unterschiedlichen Kulturen zu unterschiedlichen
Zeiten Jesus unterschiedlich dargestellt. Dabei geht
es nicht um objektive und realistische Darstellungen
Jesu, sondern um den Ausdruck von Glaubensaussagen
zu Jesus Christus wie »Jesus behütet wie ein
guter Hirte«, »Jesus ist den Leidenden nahe« ... An
dieser Stelle tritt im Unterricht erstmals die Unterscheidung
zwischen »historischem Jesus« und »Christus
des Glaubens« auf. Dass das Bild von Jesus also
dialogisch aus der jeweiligen Situation und Haltung
des einzelnen und dem biblischen Zeugnis über Jesus
entsteht, macht erklärbar, dass die SuS sich jeweils
von unterschiedlichen Darstellungen – abhängig von
ihren eigenen Vorstellungen und Erfahrungen – angesprochen
fühlen.

Vertiefend zu dieser ersten Unterrichtseinheit und
um sie für die Thematik der interkulturell diskutierten
Darstellung Jesu zu sensibilisieren, bearbeiten die
SuS das Material zur Frage: »Warum wir uns Jesus als
Europäer vorstellen – und das ändern sollten?« (M1).
Ebenso besteht die Möglichkeit, anhand des Filmtrailers und ggf. weiterer auf der Website
dargebotener Hintergrundinformationen im
Anschluss die Frage zu erörtern, ob die Darstellung
in Milo Raus »Das neue Evangelium
« eine angemessene moderne Jesus-Darstellung
bietet.

Nach Durchführung der Reihe zur Christologie
bzw. christlichen Ethik kann am
Ende des Halbjahres die Auseinandersetzung
mit dem Film »A black Jesus« eine aktualisierende
und vertiefende Anwendung
des Gelernten ermöglichen. Im Religionsunterricht
wird hierbei der Schwerpunkt auf
den biblischen Motiven im Film, der Frage
nach Frömmigkeit und einem Handeln konkret
im Umgang mit Geflüchteten, das dem
Ethos Jesu und der Botschaft vom Reich
Gottes entspricht, wie sie zuvor erarbeitet
wurden, liegen.

»Die Verehrung einer schwarzen
Jesusfigur und die gleichzeitig
ablehnende Haltung gegenüber
Geflüchteten ist ein Paradox«

Ute Lonny-Platzbecker

Die Szene zu Beginn des Films (0:03:04),
bei der sich zwei Flüchtlinge beim Spaziergang
am Strand über die schwarze Jesusfigur
in der Kirche von Siculiana unterhalten,
erweckt dabei einen kognitiven Konflikt:
»Das Komische ist«, meint einer von ihnen,
»dass die Einheimischen keine Schwarzen
mögen, aber sie lieben diesen schwarzen Jesus. Sie
lieben ein schwarzes Stück Holz, aber keine Schwarzen
aus Fleisch und Blut. Der Jesus ist eine Figur, aber
die sind Menschen. Soll mir mal einer erklären.«

Wird an dieser Stelle der Film angehalten, ergeben
sich verschiedene Fragestellungen, die festgehalten
und als Beobachtungsaufträge arbeitsteilig bei der
Gesamtschau des Films verfolgt werden (M2). Leitend
dabei sind die von den SuS ausgehend von dem kognitiven
Konflikt aufgeworfenen Fragen, etwa: Warum
wird in Siculiana ein schwarzer Korpus am Kreuz verehrt,
aber Schwarze Geflüchtete abgelehnt?

Der Film sollte dann als Ganzes geschaut
werden, um der Ästhetik seiner Bilder gerecht
zu werden. Nach der Sammlung von spontanen
Eindrücken und Reaktionen sollte durch einen
Bildimpuls ein Rückbezug auf den eingangs
aufgeworfenen kognitiven Konflikt erfolgen.
Die Lerngruppe kann ihre spontanen Beobachtungen
hinsichtlich der Eingangsfrage zusammentragen.
Daraufhin werden diese mit einem
Zitat des Regisseurs Luca Lucchesi3 konfrontiert, der
die Volksfrömmigkeit der Bewohner Siculianas auf
der einen Seite und ihre ablehnende Haltung gegenüber
den Geflüchteten auf der anderen Seite als paradoxen
Widerspruch bezeichnet. Diese Aussage des Regisseurs,
der selbst aus Siculiana stammt, soll bei der
Analyse des Films überprüft werden. Dazu fließen die
Ergebnisse der zuvor erteilten Beobachtungsaufträge
mit ein. An welchen Stellen im Film ist dieses Paradox
erkennbar? Inwiefern besteht ein Widerspruch zwischen
dem christlichen Glauben, dessen zentrale Inhalte
ja im vorangegangenen Schulhalbjahr erarbeitet
wurden (Reich Gottes Botschaft, Ethik Jesu, Erlösung
durch Tod und Auferstehung Jesu …) und dem Umgang mit den Geflüchteten in Siculiana? Welche Bedeutung
kann der christliche Glauben für den Umgang mit Geflüchteten
haben? Welche alternativen Handlungsoptionen
ergeben sich aus dem Glauben des Christentums
und wo scheinen solche im Film auf?

Wichtig ist es hierbei, nicht durch eine vorschnelle
Verurteilung der Bewohner Siculianas mit erhobenem
Zeigefinger ein undifferenziertes Urteil zu fällen. Vielmehr
sollte im Unterricht das Exemplarische dieses
konkreten Beispiels – etwa in der Angst und Abgrenzung
vor dem Fremden – herausgearbeitet, differenziert
analysiert und auf der Folie der zur Christologie
erarbeiteten Inhalte kritisch reflektiert werden. Dass
im Film außer dem Namen des 19-jährigen geflüchteten
Protagonisten Edwards und seiner Mitstreiter
Peter und Samuel keine Namen genannt werden, verweist
als filmisches Gestaltungsmerkmal auf die Verallgemeinerbarkeit
des Geschehens. Bezogen auf die
konkrete Lerngruppe, die Lebensverhältnisse vor Ort
und die aktuellen gesellschaftspolitischen Ereignisse
sollte eine Korrelation zu Erfahrungen und Zugängen
der SuS etwa mit Blick auf Alltagsrassismus, Umgang
mit Geflüchteten unterschiedlicher Herkunft vor Ort,
eigene Erfahrungen im Umgang mit Fremdem … hergestellt
werden, um die Komfortzone des bloßen – moralisch
überlegenen – Beobachters des Geschehens in
Siculiana zu verlassen!

»Der gemeinsame Glaube
ermöglicht eine Gemeinschaft von
Einheimischen und Fremden«

Ute Lonny-Platzbecker

Verschiedene Szenen bieten sich vor dem Hintergrund
der Leitfrage nach dem Paradox im Film zur
Analyse an, wobei die SuS jeweils das von ihnen arbeitsteilig
während der Filmvorführung Beobachtete
einbringen: Zum Ende der ersten Filmszene (0:02:15)
wird am Strand ein verlassenes Boot der Geflüchteten
gezeigt, das den aufgemalten Namen »Allah« trägt.
Ohne dass dies im Film eigens thematisiert wird, gehört
auch die den katholisch sozialisierten Dorfbewohnern
Siculianas fremde Religionszugehörigkeit vieler Geflüchteter zum Islam – so darf vermutet
werden – mit zu der Fremdheit, die
Skepsis und Vorurteile bei ihnen hervorrufen.
Da der Film selbst sich jedoch auf die
Geschichte des gläubigen Christen Edward
aus Ghana konzentriert, sollte die interreligiöse
Thematik nicht vertieft bearbeitet
werden. Vielmehr liegt der Fokus auf der
Bedeutung des christlichen Glaubens für
den Umgang mit Geflüchteten. Allerdings
kann bei fortschreitender Interpretation
des Films die interreligiöse bzw. interkulturelle
Thematik aufgegriffen werden, indem
das Symbol des »Engels der Kulturen« von
den SuS erarbeitet und ggf. kreativ gestaltet
wird. Dies bietet sich beispielsweise nach
der Analyse der Filmszene mit der Fragerunde
in der Schulklasse oder des Friseurbesuchs
des Sprachenlehrers an, wo ja die
Vorbehalte gegenüber Fremdem hervortreten.
Das Symbol des »Engels der Kulturen«
regt den Gedanken an, dass fremde Kulturen
und Religionen, wenn sie in einen gleichberechtigten
Dialog miteinander treten, ohne
die Unterschiede zu verwischen, segensreich
zusammenwirken können (M3).

Es gibt zahlreiche biblische Bezüge zu
den Themen »Verlassen der Heimat« und
»Flucht« (Abraham, Moses und der Zug
durch die Wüste, Flucht nach Ägypten). Die
im Film dargebotene szenische Darstellung
der Herbergssuche (0:54:22–0:56:46) wird
von den Dorfbewohnern mit großer Frömmigkeit
und aufwändig inszeniert, jedoch
zunächst nicht mit der Situation der am
Dorfrand untergebrachten Geflüchteten in
Verbindung gebracht.

Auch das Gespräch des Sprachenlehrers
mit dem Friseur, der Katholik ist (0:34:04–
0:37:22), wirft eine Parallele zwischen der
aktuellen Situation der Geflüchteten in Siculiana
und der atl. Exodusgeschichte auf.
Einerseits vertritt der Sprachlehrer die Auffassung,
dass »alle nur zu Gast« im verheißenen
Land sind, andererseits beharrt der Friseur auf seiner Skepsis, ob die Aufnahme
der Fremden nicht eine Benachteiligung und
Überforderung der Dorfbewohner mit sich
bringt.

In einer Sequenz sind Flüchtlinge zu einer
Fragerunde zu Gast in einer Schulklasse
(0:56:47–1:01:54), wo es zu einer zögerlichen
Annäherung kommt. Im Gespräch werden
die Vorbehalte der Kinder vor dem Fremden
thematisiert und der anwesende Sprachlehrer
ermutigt sie, ihre Ängste zu überwinden
und die Begegnung mit dem Fremden als
Chance und Bereicherung zu sehen. Anknüpfend
an diese Sequenz kann die am Gleichnis
vom barmherzigen Samariter erarbeitete
Botschaft vom Reich Gottes zur Folie für ein
Handeln im Ethos Jesu sein. Im Gleichnis
ist es ja gerade der Fremde, dessen Umgang
gemieden wird, der den Bedürftigen als
Nächsten erkennt und über alle Konventionen
hinweg aus Nächstenliebe handelt.
Vertiefend könnte hier eine Auseinandersetzung
mit der Predigt von Papst Franziskus
am 08.07.2013 auf Lampedusa nach verheerenden
Bootsunglücken von Geflüchteten
auf dem Mittelmeer anschließen, die u. a.
ebenfalls auf das Gleichnis des barmherzigen
Samariters rekurriert. Die SuS können
die Argumentation des Papstes erarbeiten,
deren Konsequenzen benennen und persönlich
dazu Stellung beziehen.

Der schwarze Christuscorpus erhält in
dem Film eine zentrale symbolische Bedeutung.
Daher sollen die im Film erkennbaren
religiösen Vorstellungen, die mit dieser
Figur verbunden sind, thematisiert und
kritisch hinterfragt werden. Dazu eignet
sich die Szene, in der die Friseurin vor dem
Kreuzfest einer Kundin die Haare frisiert
und sich beide über die Bedeutung der Jesusfigur
und ihrer schwarzen Farbe austauschen
(1:08:12–1:11:07). Zunächst sammeln
die SuS Begriffe und Redewendungen, die
mit der Farbe »schwarz« verbunden sind (z.
B. schwarzsehen, schwarzfahren …) und diskutieren, inwiefern die Farbe dabei negativ konnotiert
ist. Anschließend betrachten sie den Filmausschnitt,
in dem die Kundin zunächst darlegt, die Jesusfigur sei
zunächst weiß gewesen und habe sich erst aufgrund
der Sünden der Menschen schwarz verfärbt, was von
der Friseurin angezweifelt wird. Erst danach wird die
Legende der Blindenheilung durch das Kreuz in der
Kiste von der Kundin angesprochen. Die Lerngruppe
erörtert die unterschiedliche Bedeutung der beiden
Legenden und diskutiert kritisch die Konsequenzen
der negativen Assoziationen zu der schwarzen Farbe
auch im Umgang mit den Schwarzen Geflüchteten.

Eine besondere Bedeutung kommt im Film dem
Wunsch des Protagonisten Edward zu, aktiv als
Kreuzträger an der Prozession in Siculiana teilzunehmen
(0:33:00ff.; 1:03:33–1:08:11), die mit seiner
persönlichen Verehrung der schwarzen Christusfigur
in Zusammenhang steht, aber von ihm mit dem
Argument gestützt wird: »Jesus ist für alle da!« Diesem
Wunsch wird schließlich zugestimmt, weil der
Ortspfarrer diesen als ganz im Sinne der christlichen
Botschaft unterstützt. Die aktive Teilnahme an der
Prozession bedeutet einen wesentlichen Schritt zu Integration
und Anerkennung, wobei Alltagsrassismus
(Nach einem kleinen Fehler während der Prozession:
»Sie sind Zulus. Was hast du erwartet?«) und Berührungsängste
natürlich nicht schlagartig überwunden
sind (1:16:00–1:23:11). Dennoch sieht der als Produzent
an »A black Jesus« beteiligte deutsche Regisseur
Wim Wenders die hier– wenn auch unauffällig
unspektakuläre, dennoch authentisch berührende –
Klimax des Films:

Wenders: »Wenn die drei Protagonisten, nachdem
sie das Kreuz mitgeschleppt haben, beim Nachhauseweg
ins Heim wieder alleine durch die Straßen gehen
und von einer besseren Zukunft in Siculiana träumen,
von Aufenthaltsgenehmigung und Arbeit, da treffen
sie plötzlich einen Einheimischen und der bleibt stehen
und fragt: ‚Na, war das nicht toll? Und ist es nicht
wahnsinnig schwer, das Ding?‘ Auf einmal ist hier
ein spontaner freundlicher Kontakt, und die jungen
Ghanaer können auch ein bisschen besser Italienisch
als bisher. Für einen kleinen utopischen Moment gibt
es dieses: ‚Okay, heute seid ihr ein Teil von uns.‘«

Möglicherweise kann diese Szene in den Fokus genommen werden, indem die Lerngruppe
– ihren eigenen Sehgewohnheiten und -erwartungen
vermutlich entgegenlaufend –
selbst den filmischen Höhepunkt begründet
bestimmen soll. Ihre eigene Einschätzung
wird dann mit dem Zitat von Wenders in einen
Zusammenhang gebracht und die SuS
erörtern, inwiefern sie die Einschätzung des
Produzenten teilen.

Das Ende des Dokumentarfilms, das den
Beschluss zur Auflösung der Geflüchtetenunterkunft
»Villa Sakania« thematisiert
(1:23:12–1:28:09), bewahrt einerseits vor einer
romantisierenden Vorstellung der nun
gelösten Probleme hinsichtlich von Fremdenfeindlichkeit
und Geflüchtetenproblematik.
Der in der Dokumentation angestoßene
Prozess der Integration wird abrupt abgebrochen.
Andererseits kann er gemeinsam
mit den SuS als bleibende Anforderungssituation
gedeutet werden. Unter Rückgriff
auf die Eingangsfrage wird das im Film
dargestellte Paradox zwischen Frömmigkeit
und Fremdenfeindlichkeit erörtert und über
das konkrete Beispiel Siculianas gefragt:
Wie könnte die Integration Geflüchteter gelingen?
Wie kann die Überforderung einzelner
Länder und Kommunen dabei vermieden
werden? Welchen Beitrag leisten hier kirchliche
und andere Organisationen? Die Handlungskompetenz
der Lerngruppe könnte dabei
durch eine authentische Begegnung mit
Vertretern entsprechender Organisationen
vor Ort oder durch ein Projekt zur Unterstützung
einer entsprechenden Einrichtung
gefördert werden. In diesem Themenfeld
bietet sich eine Kooperation mit dem Fach
Politik/Sozialwissenschaften an.

Die Einbindung des Films »A black Jesus«
in den Religionsunterricht ermöglicht so einerseits
das kritische Hinterfragen stereotyper
Christusvorstellungen und andererseits
die exemplarisch konkrete und handlungsorientierte
Auseinandersetzung mit
den Konsequenzen einer christlichen Ethik angesichts der in einer durch Globalisierung
geprägten Welt bleibend aktuellen Herausforderung
durch Fluchtbewegungen unterschiedlichster
Ursachen.