Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
Illustration: Thomke Meyer

Heiliger Kevin, heilige Sabine, heilige Lena

Die Zusage Gottes lautet: Jeder Mensch ist heilig und ist etwas Besonderes. Davon lässt sich Kindern in der Grundschule am Beispiel der Heiligen anschaulich erzählen

Wenige Tage vor Allerheiligen erzählt die Religionslehrerin
in der dritten Klasse einer
Grundschule von den ersten christlichen
Gemeinden, sie erzählt von Paulus, seinen Briefen an
die Gemeinden und von der Anrede, mit der Paulus die
Christinnen und Christen ansprach: „Ihr Heilige von
Korinth“, „Ihr Heilige von Rom“. Das ist heute ungewohnt,
verbinden doch viele Menschen mit dem Wort
„heilig“ häufig „besonders fromm“, „besonders viel betend“
oder „sich aufopfernd“.

Der Ursprung des Worts liegt im Hebräischen und
meint – kurz gesagt – „getrennt sein“, „anders sein“
sowie „besonders sein“ oder „gesegnet sein“. Das Wort
„Kiddusch“, vom hebräischen Wort „kadosch“ (heilig),
heißt wörtlich übersetzt „Heiligung“ und bezeichnet
den Segensspruch über einen Becher Wein, mit dem
der Sabbat und die jüdischen Feiertage begonnen werden
– und der hinüberführt von der hektischen Woche
in die Ruhe des Schabbat. Bei der jüdischen Hochzeit,
die aus der Verlobung und der Hochzeit selbst besteht,
wird die Verlobung als „kidduschin“, als „Heiligung“
bezeichnet, weil Braut und Bräutigam einander
„etwas Besonderes“ sind. „Heilig“ erinnert daran, dass
der Mensch – jeder Mensch – etwas Besonderes ist.

Zurück zur Unterrichtssituation: Die Religionslehrerin
erzählt den Kindern von Paulus und seiner Anrede
an die Christen, und plötzlich sagt ein sehr verhaltenskreativer
Junge: „Dann sind wir ja auch ‘heilig’“.
Und er fängt an, alle Kinder aufzuzählen: „Heiliger
Kevin, heiliger Rolf, heilige Sabine, heilige Dominique
...“ Als der Junge nur noch sich selbst hätte nennen
müssen, stockt er. Die Lehrerin unterstützt ihn und
sagt: „Ja, auch du.“ Der Junge zögert, bis er es zaghaft
versucht: „Heiliger Frank.“ Und dann immer wieder:
„Heiliger Frank, heiliger Frank ...“ Der Unterricht geht
weiter, die Kinder hören von der Botschaft und der
Einladung Jesu, so zu leben wie er, ihm nachzufolgen
und selbst „besonders“ zu sein.

Biblisch: Es sei daran erinnert, dass das Wort „heilig“
sowohl im Alten bzw. Ersten Testament für Gott und
für das Volk Gottes als auch im Neuen Testament – parallel
dazu – für Jesus und für die Menschen, die Jesus
nachfolgen, verwendet wird. Zum Nachlesen seien
exemplarisch genannt: Dtn 7,6 und Ex 19,5-6 und Lev
22,31-32 und Jes 30,12.15 sowie Mk 1,24 und 1 Petrus
1,15. Immer steht im Mittelpunkt „unterschieden, anders,
besonders sein“.

Jüdisch: Der Begriff „Kiddusch Haschem“, die „Heiligung
des Namens (Gottes)“, ist ein Kernbegriff im
Judentum. Es meint das „Festhalten am Glauben“
durch die Lebensführung, durch Gebet und Rituale,
aber auch durch das Martyrium. Das Gegenteil wäre
die „Entweihung des Namens (Gottes)“. Die „Heiligung
des Namens (Gottes)“ wird sichtbar, indem Menschen
nach den Weisungen Gottes leben. Das heißt konkret:
ehrlich, verlässlich, respektvoll und aufmerksam im Umgang untereinander sowie alle anderen
Grundhaltungen, die den Zehn Weisungen
entsprechen.

Zu „Kiddusch Haschem“ gehört auch das
Märtyrertum, die Bereitschaft, im Extremfall
auch sein Leben für den Glauben einzusetzen.
„Rambam sagte: Wenn ein Jude unter
Androhung des Todes aufgefordert wird,
eine Mizwa nicht zu halten (zum Beispiel
etwas zu essen, das nicht koscher ist), dann
soll er sich für das Überschreiten der Mizwa
entscheiden. Das Leben ist wichtiger. Sollte
es hingegen so sein, dass ein Jude in einer
Situation ist, in der er auf lange Sicht genötigt
wird, zu morden, sich heidnischen Praktiken
oder sexueller Sittenlosigkeit hinzugeben,
dann sei es ratsamer, den Märtyrertod
zu wählen …“

Christlich: Auch die Zeit, in die Jesus hineingeboren
wurde, war eine Krisenzeit. Das
jüdische Land war besetzt, der jüdische
Tempel entweiht, es gab Gewalt und Willkür.
Juden warteten darauf (und warten bis heute),
dass der Messias endlich kommt und die
Welt richtet und machtvoll verändert. Jesus
hingegen bringt die Botschaft, dass Gott
schon in der Welt da ist, wenn Menschen
einander zugewandt sind, einander stärken
und füreinander sorgen. Jesus, der Jude,
macht deutlich: Die Erde ist der Ort, wo der
Himmel bereits erfahrbar ist, wenn Menschen
so leben wie Jesus. Menschen können
manchmal „den Himmel auf Erden haben“
oder es kann „die Hölle sein“3.

Jesu Botschaft will den Namen Gottes
heiligen, indem Menschen so leben wie Jesus
und so das Gesicht der Welt verändern.
In vielen Gleichnissen und Heilungserzählungen
Jesu wird diese Qualität der Begegnung
sichtbar. Für Kinder eignet sich z.B. die
Begegnung mit Zachäus, das Gleichnis vom
Vater mit den beiden Söhnen. Wenn Christinnen
und Christen leben wie Jesus, dann
sind sie vermutlich „anders“, sie richten sich
– hoffentlich – nach Werten wie „Mitgefühl“, „Achtsamkeit“,
„Nächstenliebe“, „Solidarität“, „Bewahrung
der Schöpfung“ und „Nachhaltigkeit“. Aber auch die
Klarheit gehört zu Jesus, seine manchmal radikalen
Worte, die herausfordern und einfordern, Position zu
beziehen, sich kenntlich zu machen, wofür man einsteht
und wogegen man Widerstand leistet. Bis heute
ist es eine Herausforderung und wohl auch eine Zumutung,
den Glauben zu leben wie Jesus, oder anders
gesagt: „Kiddusch Haschem“ – „Heiligung des Namens
Gottes“. Vielleicht sind Menschen, die sich das trauen,
„besondere Menschen“. Paulus würde sagen: „Heilige“.

Leben wie Jesus – nicht ganz einfach

Es ist nicht ganz einfach, so zu leben wie Jesus. Denn
zum Christlichen gehören die Vielfalt und die Zumutung,
selbst zu entscheiden, was im Hier und Jetzt,
was in der einzelnen Situation zu tun richtig ist. Im
Neuen Testament findet sich dazu im Lukasevangelium
die Beispielerzählung vom barmherzigen Samariter
(Lk 10,25-37), und direkt im Anschluss folgt
der Besuch Jesu bei Martha und Maria (Lk 10,38-42).
Diese beiden Stellen können zusammengehörend gelesen
werden. Einem Gesetzeslehrer, der durch intellektuelles
Fragen und Reden sich davor schützen will,
sich wirklich einzulassen, die Weisungen Gottes zu
leben. Ihm wird durch die Erzählung gesagt: „Handle
nach den Weisungen Gottes! Mach dir die Hände
schmutzig, schau hin, wo du gebraucht wirst, lass die
Menschen neben dir nicht im Stich.“ In der folgenden
Szene, wenn Jesus im Gespräch ist mit den beiden
Schwestern Martha und Maria, hört Martha eine andere
Ermutigung: „Genug gearbeitet, setzt dich hin,
gönn‘ es dir, einfach da zu sein.“

Es ist nicht ganz einfach,
so zu leben wie Jesus.

Helga Kohler-Spiegel

Es ist nicht einfach, immer wieder neu zu entscheiden,
was heute, was hier und jetzt, was in der jeweiligen
Situation richtig ist zu tun. Auch mit Kindern ist
es möglich, zu überlegen und zu besprechen, was im
konkreten Moment zu tun richtig ist – in der Schule, in der Familie und beim Spielen. Kinder in der zweiten
Hälfte der Grundschule können auch überlegen, was es
in ihrem Alltag heißt, richtig zu handeln, und woher
wir wissen, was richtig und was falsch ist. Und was
passiert, wenn wir uns richtig oder falsch verhalten?
Das Kinderbuch „böse“ von Lorenz Pauli und Kathrin
Schärer kann eine gute Gesprächsanleitung sein. Ohne
gleich alle Aspekte von ethischer Erziehung, Gewissensbildung
und Versöhnung aufnehmen zu müssen.

Praktische Impulse für das Grundschulalter

Wie immer zuerst die Erwachsenen. Ich gehe davon
aus, dass es für Kinder wichtig ist, zu sehen und zu
erleben, was den Erwachsenen wichtig und wertvoll
ist. Es gilt für Eltern und Lehrpersonen, darin
„glaub-würdig“ zu sein. Der Religionspädagoge Fulbert
Steffensky sagte: „Lehren heißt zeigen, dass man
etwas liebt; zumindest heißt es, zeigen, dass man etwas
schön und menschenwürdig findet. Lehrer sein
heißt also, sich vor jungen Menschen kenntlich machen.
Es setzt Stolz auf die eigene Sache voraus.“5 Erwachsene
sind Vorbilder, sind Modelle für die Kinder,
mehr in ihrem Tun als in ihren Worten. Haltungen
werden an Vorbildern gelernt, an konkreten Personen,
an Menschen vor unserer Zeit und in unserer Zeit, die
imponieren, die nachahmenswert erscheinen, die eine
wichtige Haltung konsequent leben oder gelebt haben.
Interessant ist, dass dabei vor allem die nahen Vorbilder
wichtig sind, also Eltern, Geschwister, Großeltern,
Anverwandte, Lehr- und Erziehungspersonen,
Freundinnen und Freunde … Von ihnen und mit ihnen
zusammen lernen Kinder, wie das Leben funktioniert
und wie sie leben können. Von Karl Valentin stammt
der Spruch: „Kinder muss man nicht erziehen – sie
machen einem sowieso alles nach.“

Ideen für den Religionsunterricht

Heilige – besondere Menschen: So können Heilige
der Region oder des Jahreskreises, bekannte und weniger
bekannte Heilige, ebenso wie alle „besonderen
Menschen“ Vorbilder sein, indem ihr Lebensweg, ihre
Erfahrungen und ihre Entscheidungen erzählt werden.
Im Erwachsenenalter kann ich überlegen, wer
für mich in Kindertagen ein „besonderer Mensch“ war,
wer für mich wichtig war, ein Vorbild war. Mit Kindern
kann überlegt werden, wer für sie ein Vorbild ist,
an wem sie sich orientieren, bei wem sie Halt, Zuwendung,
Sicherheit und Rat finden. Als Lehrperson kann
ich die Biografien von bekannten Heiligen nachlesen,
sehr viel Information, Geschichten und Bilder finden
sich im „Ökumenischen Heiligenlexikon“ (www.
heiligenlexikon.de). Die Geschichten der „besonderen
Menschen“ sind selten geradlinig, „Heilige“ früher
und all die „besonderen Menschen heute“ wissen
um die Herausforderungen und die Brüche im Leben.
Meist mussten sie erleben, wie vielfältig das Leben
sein kann, wie fordernd und wie schön, ohne zu vergessen,
dass die Zusage Gottes lautet: Jeder Mensch,
du und ich, ist „heilig“, ist „etwas Besonderes“. Davon
können wir bereits Kindern erzählen.

Didaktisch bieten sich die lokalen Heiligen in der
Region an, die Namenstage der Kinder oder die bekannten
Heiligen im Jahreskreis, v.a. Martin, Elisabeth,
Barbara, Nikolaus und Lucia. Und immer wieder
sind Kinderbücher anregend für das Erzählen durch
die Lehrperson oder für die gemeinsame Arbeit mit
den Kindern.

Jedes Kind – ein besonderer Mensch: Neben den
Erzählungen zu den Heiligen sollen diese bereits in
der Grundschule zum Nachdenken anregen. Wenn
Kinder sich mit den zentralen Eigenschaften des heiligen
Martin, der heiligen Elisabeth und anderer Heiligen
auseinandersetzen, dann soll dies die Kinder
vor allem dazu anregen, über ihre eigenen zentralen
Eigenschaften nachzudenken: Was macht mich aus?
Was mache ich besonders gern? Was kann ich besonders
gut? Welche Eigenschaften kennzeichnen mich?
Welche meiner Eigenschaften kann ich gut in meine
Familie, in meine Schulklasse oder in eine andere Gemeinschaft
einbringen? Auch die Arbeit zum „Heiligen
Geist“ kann damit verbunden werden, dass die Geistesgaben
und die „Eigenschaften“ des Heiligen Geistes
dem christlichen Leben im Alltag dienen sollen. Impulse
und konkretes Download-Material für die Arbeit
zum Heiligen Geist im Religionsunterricht sind in den
Katechetischen Blättern (Heft 2/2014) zu finden.

Etwas Besonderes sein: Sie können die eingangs
beschriebene Übung mit den Kindern machen. Die Lehrkraft erläutert, was „heilig“ heißt, und die Kinder
können einüben: Ich bin besonders, ich bin „heilig“.
Im Anschluss daran kann den Kindern ein gelber
Papierstreifen gegeben werden, auf den sie schreiben
können: „Ich, NAME, bin von Gott geliebt.“ Kinder, die
noch nicht schreiben können, schreiben meist ihren
eigenen Namen dazu. In einer Religionsstunde wurde
mit diesen gelben Papierstreifen ein Sternenkranz am
Boden gebildet – mit einer Kerze oder einem Bild in der
Mitte. Die Kinder konnten einen Dank oder eine Bitte
äußern oder einfach ihren Satz nochmals vorlesen.
Nach dieser Unterrichtstunde kam die große Pause
und die Kinder baten die Lehrerin, den gelben Streifen
mit dieser Botschaft auf dem Pausenhof als Stirnband
tragen zu dürfen. Die Lehrerin erlaubte es, ein Klebeband
machte in kürzester Zeit aus den Papierstreifen
Stirnbänder. Schön war, dass nach der großen Pause
die anderen Lehrpersonen mit der Bitte der anderen
Kinder konfrontiert waren, auch solche „Stirnbänder“
machen zu dürfen. Und auch auf dem Heimweg waren
die Stirnbänder auf den Köpfen der Kinder.

Achtsam sein gegenüber sich selbst und zur Ruhe
kommen: Einfache Übungen können bereits Kindern
helfen, auf sich und auf andere zu schauen. Die Kinder
laufen im Raum herum, schauen einander an, und
dann sind sie wieder ganz auf sich selbst konzentriert,
gehen wieder in Kontakt miteinander und sind
erneut bei sich selbst. Die Übungen zur Stille und zur
Präsenz eignen sich, die Achtsamkeit für sich selbst
zu entwickeln. Ich kann mit Kindern einen Apfel riechen
oder ein Stück Brot, gebrannte Mandeln, eine
frische Tomate oder Mandarinen, wir können Gerüche
und Geräusche erraten. Ich kann das Ausatmen üben
wie ein Frosch, mit dicken Backen, damit er genügend
Energie hat für den Winter. Oder alle anderen Atemübungen,
die Sie kennen …

Mich selbst mögen: Ich kann aufschreiben, was ich
an mir mag, ich kann einen guten Gedanken formulieren,
ein Kraftwort für den Tag. Die Kinder können diesen
Gedanken oder dieses Kraftwort auf einen kleinen
Zettel schreiben und ihn in der Hosentasche mit sich
tragen. Oder dieser Gedanke kann groß an der Tafel
geschrieben stehen und ins „Heft der guten Worte“ übertragen werden – ein buntes Heft, in dem Schülerinnen
und Schüler alle für sie wichtigen Worte sammeln
dürfen. Grundschulkinder im ersten Schuljahr
werden ein „Heft der guten Bilder“ brauchen, in dem
sie immer wieder zeichnen können, was gut ist – für
sie selbst, für andere, was ihnen gelingt, was manchmal
auch schwierig ist …

Gefühle wahrnehmen: Alle Übungen zu den Gefühlen
sind, so wissen wir, hilfreich für die Entwicklung
des Selbstkonzeptes. Die Selbstwahrnehmung besteht
kognitiv aus dem Wissen über uns selbst, emotional
aus dem Selbstwertgefühl, der Gesamtheit der Bewertungen
über uns, sowie der Fähigkeit, sich selbst
immer wieder als wirksam zu erleben. Neben den primären
Bezugspersonen sind für Grundschulkinder
die Lehrpersonen eine zentrale Quelle direkter und
indirekter Prädikatenzuschreibungen. Das bedeutet,
es ist für die Entwicklung des Selbstbewusstseins
und der Selbstsicherheit für Kinder von großer Bedeutung,
was die Lehrpersonen vom Kind denken und
zum Kind sagen. Und es ist für das Selbstwertgefühl
ebenso wichtig, die eigenen Gefühle wahrnehmen,
benennen und ausdrücken zu können. Es ist von zentraler
Bedeutung für Kinder, immer wieder unterstützende
positive Zuschreibungen und Rückmeldungen
von ihren Bezugspersonen in der Familie und in der
Schule zu bekommen. Zum emotionalen Lernen können
Gefühlskarteien oder Bücher über Gefühle, das
Pantomime-Raten von Gefühlen u. ä. hilfreich sein.

Es gilt für Eltern und
Lehrpersonen, glaub-würdig
zu sein.

Helga Kohler-Spiegel

Den Rhythmus finden: Den Glauben im Alltag konkret
zu leben, hat mit der Rhythmisierung von Zeit zu
tun, des Tages, der Woche und des Jahres. Der Religionspädagoge
Hubertus Halbfas leitet bereits sieben-,
achtjährige Kinder an, ihre Erfahrungen im Alltag
mit Gott in Verbindung zu bringen. Am Morgen: Jeder
Tag hat ein anderes Gesicht. Es gibt lachende und traurige Tage, manchmal langweilige und hoffentlich
viele Sonnentage. Stolper nicht gedankenlos in den
Morgen. Nimm dir die Zeit, alles, was kommen mag,
auf Gott zu richten. Am Abend: Wir schauen auf den
Tag zurück. Nimm dir ein paar Minuten Zeit. Geh in
Gedanken noch einmal durch den Tag. Manches war
gut, anderes nicht. Was kannst du morgen besser machen?
– Dann leg den Tag in Gottes Hände. Er schaut
dich an und sagt: „Fühl dich geborgen. Ich liebe dich.
Nun schlafe gut.“9 Kinder – und hoffentlich auch Erwachsene
– lernen auf diese Weise, dass jeder Tag sein
eigenes Gesicht hat, dass die Tage nicht beliebig sind,
dass wir ihnen Farbe geben. Auch das kann helfen, bewusst
den Tag zu gestalten und so den Glauben zu
leben.

Achtsam sein zu anderen Menschen: Zum Geburtstag
eines Kindes ist es schön, wenn sich das Kind auf
einen besonderen Stuhl setzen darf und die anderen
Kinder ihm oder ihr sagen, was sie an ihm/ihr besonders
gerne haben, was sie an diesem Kind mögen. Einander
etwas Gutes sagen stärkt die Gedanken und die
Gefühle zu sich selbst. Und es nimmt den Segen – „benedicere“
– im wörtlichen Sinn auf: Einander etwas
Gutes, etwas Stärkendes sagen.

Das soziale Verhalten kann im Blick auf die bekannten
Heiligen erzählt, gespielt, gezeichnet und
weitererzählt werden, wie sich denn die heilige Elisabeth
oder der heilige Martin in der Schulklasse, auf
dem Pausenhof, auf dem Schulweg oder auch in der
eigenen Familie verhalten würden. Die Kinder können
Szenen entwickeln, was dieses prosoziale Verhalten
der Heiligen im Alltag der Kinder für die Kinder bedeuten
würde.

Alle Möglichkeiten, mit Kindern Grundregeln zu
entwickeln, haben bei diesem Thema Platz: Wenn wir
eine Klassengemeinschaft sind, in der wir aufeinander
schauen, was haben wir dann für Spielregeln?
Was brauchen wir für Regeln, damit das unter uns
auch gut klappt? Und woran merken die anderen, dass
wir so „besonders“ leben?

Achtsam sein zu anderen Lebewesen, die Schöpfung:
Auch der Blick auf die Schöpfung bietet sich an,
wenn es darum geht, den Glauben im Alltag zu leben. Philosophieren oder Theologisieren will anregen, sich
eigene Gedanken über die Welt und über Gott zu machen
und diese mit den anderen auszutauschen, Kinderbücher
können dabei helfen. Im Religionsunterricht
der Grundschule kann von und mit dem heiligen
Franz von Assisi gelernt werden, seine Liebe zu den
Tieren und zur Natur wird von den Kindern (fast) immer
geteilt. Auch eine Auseinandersetzung mit der
Enzyklika „Laudato si“ und dem dazu vorhandenen
Praxismaterial kann hilfreich sein. Im Bereich von
Natur und Tieren bietet sich auch die Zusammenarbeit
mit dem Sachkundeunterricht an.

Das Stichwort „heilig“ bietet in der Grundschule
viele Möglichkeiten. Immer haben sie mit dem Menschen
zu tun. Deshalb ein Text von Kurt Marti zum
Abschluss:

„Seit meiner Kindheit
bin ich den Menschen auf der Spur.
Ich fragte viel.
Ich blieb sitzen, wo viele gingen.
Ich lasse die Menschen nicht aus den Augen.
Seit meiner Kindheit
bin ich den Menschen auf den Fersen.
Auf diesem Weg hab´ ich
viel von Gott entdeckt.“