Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
St. Mauritius, Patron der Abteikirche, Maqsoodi © Mahbuba E. Maqsoodi 2021

Etwas, das größer ist als wir

Gerhard Richters abstrakte Symmetrien treffen in der Klosterkirche Tholey auf eine gläserne Biblia Pauperum der muslimischen Künstlerin Mahbuba Maqsoodi

Als die Kunstwelt vor drei Jahren die Sensation
erfuhr, dass einer der bedeutendsten
deutschen Maler, Gerhard Richter, drei große
Chorfenster-Entwürfe für die Klosterkirche in Tholey
anfertigen und sogar schenken würde, und selbst
sagte: »Das ist sicherlich meine letzte Werknummer«,
da dachte ich unwillkürlich an Martin Luther, der bekanntlich
am Vorabend seines Ablebens als letztes Lebenswerk
noch ein Apfelbäumchen pflanzen wollte.
Aber warum dies nun ausgerechnet für die Klosterkirche
in Tholey? Wer kannte damals schon Tholey?
Tholey liegt im Saarland und das Kloster dort hat eine
altehrwürdige, wechselhafte Geschichte.

Tholey, ein Ort mit besonderer Geschichte

Die Adelsfamilie des Adalgisel Grimo besaß in der
Gegend zwischen der Maas, den Ardennen und dem
Hunsrück weit gestreute Ländereien. Adalgisel war
an der französischen Verduner Domkirche erzogen
worden und wollte als Diakon an seinem Heimatort
Tholey eine Priestergemeinschaft gründen. So bat er
den zuständigen Bischof von Trier, ihm einige Priester
zu entsenden. Die kamen dann auch und entschieden
sich nach einer gewissen Zeit für eine monastische Lebensform nach den Regeln des hl. Benedikt, um
unter anderem in dieser Gegend auch Seelsorge zu betreiben.

Die Abtei wurde 634 erstmals in einer Stiftungsurkunde
erwähnt, sodass sie als ältestes deutsches
Kloster gilt, damals geführt von einem Abt im Bischofsrang.
In der Folgezeit gab es ständig Auseinandersetzungen
zwischen kirchlicher und weltlicher
Macht, die zeitweise sogar Laienäbte hervorbrachte.
Auch ging es um Rechtsansprüche der Erbschaft zwischen
den Diözesen Verdun und Trier, bis im 10. Jh.
die Abtei Tholey letztendlich unter den Einfluss des
Erzstiftes Trier geriet.

Ebenso unterlagen die Baulichkeiten des Klosters
einer wechselvollen Geschichte. Adalgisel ließ auf
den Fundamenten eines Römerbades die erste Kirche
bauen, ein einfacher rechteckiger Bau, dem später
eine Chorapsis angefügt wurde. Und von 1264 bis
1280 entstand dann die heutige frühgotische Abteikirche,
die 50 Jahre später ausbrannte. Die Reliquien
wurden gerettet, besonders die Gebeine des Kirchenpatrons,
des hl. Mauritius, der als Märtyrer der Thebäischen
Legion dort verehrt wurde. Nicht nur ein
späterer zweiter Brand war das Schicksal des Klosters, auch die Vertreibung der Mönche und
Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg und
später in der Französischen Revolution. Da
wurde die Kirche enteignet und an einen
Privatmann verkauft, der sie schließlich der
mittlerweile entstandenen Pfarrgemeinde
als Pfarrkirche schenkte, wie auch Teile der
Klosteranlage. Das zeitweilige Nebeneinander
von Pfarreigentum und Kloster verlief
nicht immer reibungslos. Erschwerend kam
später hinzu, dass 1941 das Kloster von der
Geheimen Staatspolizei aufgehoben, der Besitz
beschlagnahmt und in Abwesenheit der
Mönche wieder ein Gemeindepfarrer eingesetzt
wurde. Papst Pius XII. errichtete
die Abtei 1949 wieder kanonisch, sodass ab
1950 Mönche dort lebten, woran die saarländische
Landesregierung sehr interessiert
war. Sieben Jahre später begann dann
der Konvent mit staatlicher, kirchlicher und
privater Unterstützung umfangreiche Renovierungsarbeiten
der Klosterkirche. Und
nebenbei übernahm auch der Abt noch eine
Zeit lang die Verantwortung des Gemeindepfarrers.
Aber die erheblichen Renovierungskosten
reichten nicht aus und besiegelten 2008 beinahe den
finanziellen Ruin des Klosters, das erst durch einen
Landverkauf an die Gemeinde und weitere Spendenmittel
diese Krise überstand. Heute betreiben dort
zwölf Mönche Seelsorge, eine Gastwirtschaft und ein
Gästehaus. Im Sommer 2020 wurde sogar eine »St.
Mauritius Tholey GmbH« gegründet als eine Brücke
zwischen stiller Muße und der lauten Welt.

Gerhard Richter – sein letztes Großkunstwerk

Diese wechselvolle Geschichte kannte auch Gerhard
Richter sehr genau, obwohl er aus Altersgründen
selbst nicht nach Tholey fahren konnte, aber durch
Schriften, Fotos und Videos gründlich informiert war.
Aber warum widmete er sein letztes Großkunstwerk
ausgerechnet einer christlichen Klosterkirche, da er
sich doch selbst als Atheist bezeichnet?

Gerhard Richter wurde 1932 in Dresden in einer
evangelischen Familie geboren und trat als 17-Jähriger
schon aus der Kirche aus, da er nicht mehr an Gott
glaubte. Doch lassen wir den Künstler selbst dazu
sprechen: »Sich ein Bild machen, eine Anschauung
haben, macht uns zu Menschen – Kunst ist Sinngebung, Sinngestaltung, gleich Gottsuche und
Religion« (1962). »Rückbindung« war für
Richter »Bindung an das nicht Erkennbare,
Übervernünftige, Überseiende« (1964). Dass
die Kunst »die reine Verwirklichung der Religiosität,
der Glaubensfähigkeit, Sehnsucht
nach Gott« sei (1988), dass man »ohne den
Glauben an eine höhere Macht oder etwas
Unbegreifliches nicht leben« könne (2007),
stand für Richter fest. »Aber an den Gott
kann ich nicht glauben, der ist mir entweder
zu groß oder zu klein und immer unverständlich,
unglaubhaft« (2011). Trotzdem erkannte
Richter, »dass da (doch) etwas ist, was
größer ist als wir« (2012). »Ich bin ein Suchender,
wie es alle mehr oder weniger sind«
(2020). Im Hinblick auf seine Kirchenfenster
im Kloster Tholey sieht er sich als »Spross
des Christentums … (denn es) ist ja immer
meine Wurzel. Da komme ich her« (2020).
Die Kirche habe nun mal »diese wunderbaren
Bauten gemacht … was (ein) bisschen mehr
Ernst und Würde reinbringt ins Leben.« Er
bewundere erstaunt, dass das älteste Kloster
Deutschlands heute immer noch von Mönchen
besiedelt ist. Und zum 85. Geburtstag
Richters sagte Dr. Friedhelm Hofmann, Würzburger
Diözesanbischof und zugleich Kunsthistoriker,
über seinen Freund im Domradio:
»Er ist nicht einfach Atheist … Er ist jemand,
der Gott sucht. Und er findet ihn auch in seinem
Schaffensprozess.« Außerdem ist Richter
seit über 25 Jahren mit einer katholischen
Konvertitin verheiratet und hat mit ihr drei
Kinder, die katholisch getauft sind.

»Die Fenster erzeugen
eine beeindruckende
sakramentale Stimmung«

Karl Heinz König
Kölner Dom und Klosterkirche Tholey

Richter hat nur zwei bedeutende Kirchenfenster-
Projekte entworfen: 2007 eines für
den Kölner Dom und das zweite 2020 für die
Tholeyer Klosterkirche. Für beide Projekte
hat er es abgelehnt, figurativ zu gestalten
– beispielsweise Heilige, christliche SymSymbole
oder biblische Szenen –, um formal abstrakt zu
bleiben; in Köln geometrisch und in Tholey rein ornamental.
Beide Fenster-Projekte sind in einem hochmodernen
Verfahren digital entworfen worden und leben
von der Freude an der Simulation virtueller Welten.
Richter selbst deutete als Beweggrund an: Er meine,
dass ein Gottesbezug seiner Fenster in dem menschlichen
Wunsch bestehe, im Leben einen Sinn zu erkennen
»und eine Kirche zu bauen«. Er habe aber die
Fenstermotive nicht »zum Ruhme Gottes«, sondern
zum »Trost der Betrachter« entworfen; schließlich sei
die Kirche »der bedeutendste Spender von Heil und
Trost«.

Der Künstler findet seine drei Chorfester nicht nur
abstrakt, sondern auch narrativ. Dabei vermutet er
wohl, dass die Betrachter mit viel Phantasie individuell
manches herauslesen: Gesichter, Gestalten, Gutes
und Böses, Engel und Teufel, Tiere, Gewächse, märchenhafte
Landschaften, Teppichmuster – alles kaleidoskopartige
Spielarten. Vermutlich erhofft er, dass
sich die Betrachter mit dem Formen- und Farbenspiel
beschäftigen, mit den vielen einzelnen Elementen, wie
sie kompositorisch zusammengefügt sind und in jedem
der drei Fenster ganz unterschiedlich sind, aber dennoch
ein künstlerisch geschlossenes Ganzes ergeben.
Und wer dann öfter in diese Kirche kommt, der wird
bei unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten ganz
verschiedene, interessante Lichtdurchflutungen erfahren.
Letztlich freudig bereichert, vielleicht religiös, spirituell
verinnerlicht. Durch Gottes Sonnenlicht, meinen
die einen und durch kosmische Strukturen die anderen,
während Richter selbst in früheren Notizen bekennt,
das Hauptproblem seines Schaffens sei das Licht. Und
das ist sicher nicht nur maltechnisch gemeint.

Weltkunst – figürlich bis abstrakt

Aber in der Klosterkirche in Tholey erstrahlen nicht
nur die drei Richter-Chorfenster von 1,95 x 9,30 Metern
mit 7 Rechteckfeldern in je 2 Lanzetten, sondern
ebenso die 29 farbträchtigen, modernen und figuralen
Werke der afghanischen Künstlerin Mahbuba Magsoodi.
Richter war sich dessen bewusst und hat es vermutlich
bei seiner Gestaltung einbezogen. Dass man
nun die Farbintensität seiner Ornamentfenster in der
Presse mit einer »Farbexplosion« bezeichnet, scheint
mir doch leicht übertrieben, denn in Tholey hat sich
der Künstler relativ dezent der Farben bedient; anders als in seinem Kölner Domfenster. Dort hat er
sich zwar den mittelalterlichen Fenstern des Domes
farblich angepasst, aber mit 4900 monochromen quadratischen
Farbscheiben aus Antikglas, die bei südlicher
Sonnendurchstrahlung farblich explodieren,
dann aber zauberhafte Licht- und Farbreflexe in ihrer
unmittelbaren Umgebung hinterlassen. Und das zum
Glück nur durch ein Fenster, ansonsten hätte es das
dezente, stimmige Lichtklima des gesamten Domraumes
erheblich gestört. Und auch in Tholey tragen
die drei Richter-Fenster zu einer meditativen Raumatmosphäre
der Klosterkirche wesentlich bei, anstatt
sie zu beeinträchtigen. Denn beide Fenster-Projekte
erwirken nicht nur an sich eine beeindruckende sakramentale
Stimmung, sondern sind wesentlich beeinflusst
durch die sie umfassende gotische Architektur,
so wie jeder passende Rahmen die Bedeutung seines
Bildes harmonisch hervorhebt.

Wie schon gesagt, hat Richter die schon vorhandenen
Fenster-Neuschaffungen der Klosterkirche gekannt,
nicht um sich ihnen anzupassen, vermutlich eher um zu
prüfen, ob er es wirklich wagen kann, sich mit seinen
ornamentalen Entwürfen harmonisch einzufügen.

Erstaunlich ist überhaupt, dass nach einem Kunstwettbewerb
die muslimische Künstlerin Mahbuba
Magsoodi aus Afghanistan mit der neuen Gestaltung
der Fenster in der Klosterkirche beauftragt wurde.
Eine Künstlerin, die in Afghanistan in Miniaturmalerei
ausgebildet wurde und im russischen St. Petersburg
in Kunstgeschichte promovierte, bevor sie 1994
mit ihrer Familie nach München emigrierte. Ihr Werkzyklus
umfasste 29 Kirchenfenster, 14 kleinere in dem
Obergaden und 15 normal große im übrigen Kirchenraum,
mit Aussparung der drei übergroßen Chorfenster.
Sie stellte die dem Orden nahestehenden Heiligen
dar und in biblischen Szenen das Leben Jesu. Figural
und ikonographisch zwar in klassischer gotischer Art,
aber völlig neu und modern interpretiert. Fast expressionistisch
in Form und Farbbrillanz, und vor allem
gekonnt um transparente harmonische Leuchtkraft
bemüht. Vorwiegend beschränkte sie sich in ihren
Darstellungen auf nur wenige ausdrucksstarke, sinngebende
Figuren. Seit Jahren hatte sie sich mit dem
Medium Glas vertraut gemacht und konnte sich nun
für ihre eigenen Fenster in Tholey als Künstlerin in
die komplizierte Herstellungstechnik selbst handgreiflich
mit einbinden lassen.

Vom digitalen Entwurf zum Kirchenfenster

Das war bei Richter ganz anders. Er war darauf angewiesen,
für die Herstellung seines komplizierten
Entwurfs eine erfahrene, zuverlässige Werkstatt für
Glasmalerei zu finden, der er sein anspruchsvolles
Kunstwerk zuversichtlich anvertrauen konnte. Und
die fand er im Glasstudio Gustav van Treeck in München.
Wie schon erwähnt, war sein Entwurf völlig
unkonventionell auf digitalem Weg entstanden. Dabei
griff er auf eines seiner abstrakten Gemälde zurück,
das schon vor einigen Jahren entstanden war.
Das wurde in Anlehnung an sein früheres Werkbuch
»Patterns« mehrfach digital geteilt und vertikal sowie
horizontal gespiegelt, bis Richter genügend ihm passende
Elemente fand, um mit 15 Grundmotiven – für
jedes Fenster fünf – die drei Chorfenster der Klosterkirche
rein ornamental zu gestalten. Wenn man genau
hinschaut, kann man sowohl die vertikalen als auch
die horizontalen Spiegelungen gut erkennen. Allesamt
Unikate und in ihrer Detailvielfalt exakt symmetrisch
angeordnet. Um etwas mehr Ruhe in die Formenvielfalt
zu bringen, hat der Künstler in jeder Fenstermitte
ein dominierendes Großmotiv angeordnet: im rechten
in einer X-Form, im linken in einer Rautenform – je im
3.-4. Fensterfeld – und im mittleren in einer lockeren
Kreuzform, etwas angehoben im 4.-5. Fensterfeld. Von
diesen Zentren breiten sich dann die kleineren Formen
nach oben und unten zu einem wunderschönen
Gesamtbild aus. Das mittlere Fenster vorwiegend in
hellem, freundlich strahlendem Gelb, flankiert von
den beiden anderen Fenstern, vorwiegend in einem
sympathischen Rot und Blau. Insgesamt eine großartige
Form- und Farbsymphonie.

Diese zum Leuchten zu bringen, oblag der geschickten
handwerklichen Fertigkeit der Glas-kunst-Fachleute,
die zu den bisher bekannten Herstellungsmethoden
noch neue computergestützte Möglichkeiten
finden mussten. Zunächst lagen alle Entwürfe der
über 21 Fensterfelder in Originalgröße spezialfotografisch
vor. Wie sie dann bearbeitet wurden, erläutert
die Glasmalermeisterin: »Die einzelnen Richter-Felder
bestehen am Ende aus drei miteinander verklebten
Glasschichten. Die Mitte bildet eine bedruckte und
mehrfach bemalte Floatglasscheibe. Davorgeklebt
sind rote (mundgeblasene) Überfanggläser mit Ornamentätzungen
und dahinter blaues Überfangglas, das
ebenfalls die symmetrischen Ornamente und Strukturen
per Ätzarbeiten aufgreift. In dieser Zusammensetzung
erreichen die Felder die Kraft, die Tiefe und
die Detailintensivität, die der Entwurf fordert.« Da musste sehr präzise und einfühlsam gearbeitet werden,
mitunter sogar handmalerisch mit dem Pinsel,
bis die einzelnen gestalteten Glasscheiben passgenau
zusammengefügt werden konnten, was sonst die Bleiverglasung
besorgt.

Die Floatglasmalerei ist viel weniger bekannt als
angewandt. Vor etwa 50 Jahren wurde sie durch größere
Brandöfen ermöglicht, weil dadurch auf die
sonst üblichen kleineren mundgeblasenen und in
Blei eingefassten Scheiben zugunsten von viel großflächigerem
Industrieglas verzichtet werden konnte.
Das konnte nun wie auf einer Leinwand großzügig expressiv
bemalt werden, allerdings mit Schmelzfarben,
die sich leicht einbrennen ließen. Dadurch wurde die
Bandbreite der Glasmaltechniken erheblich erweitert.
Ohne diese wäre die Herstellung der Richter-Fenster
kaum möglich gewesen.

Zurecht konnte Gerhard Richter sehr zufrieden
sein, dass seine relativ komplizierten, digitalen Entwurfsbilder
so meisterhaft in großem Fensterglas
durch einen fast revolutionären, geschickten Mix
unterschiedlicher Bearbeitungstechniken umgesetzt
werden konnten. So lobte der Künstler erleichtert die
Facharbeiter: »Ich bin sehr überrascht, wie gut Ihnen
die Verwandlung meines Entwurfs in die riesigen
Maße der Fenster gelungen ist … und sie so meisterhaft
in Glasmalerei umgesetzt haben!«

Dialog in Kunst und Religion

Die nun damit bereicherten Benediktiner in Tholey
wurden letztendlich für ihre grundsätzliche Offenherzigkeit
belohnt, dass sie sich der Neuzeit intuitiv
weit geöffnet und längst Überholtes hinter sich gelassen
haben, indem sie einem Atheisten, einer Muslimin
und einem von Frauen geleiteten Glasstudio die Neugestaltung
ihrer Kirchenfenster mutig anvertrauten.
»Die Offenheit, die ich in diesem Projekt vom Konvent
in Tholey erfahren habe, die ist beispielhaft«, betont
die muslimische Künstlerin Mahbuba Magsoodi.
Nicht umsonst haben die Mönche den Wahlspruch:
»fides cum beninitate« – »Glaube mit Menschlichkeit.
« Dank und Anerkennung gilt auch der Fabrikantenfamilie
Meiser aus Saarbrücken, die mit großzügigen
Spenden am Gelingen des Gesamtprojektes
maßgeblich beteiligt war.

Ist es da nicht ein großer Gewinn, dass die vielen
figural gestalteten Kirchenfenster der Klosterkirche
in Tholey ein ornamentales Gegengewicht bekommen
haben und sich beides so gut miteinander verträgt?
Das erinnert mich stark an die altgriechische Symboldeutung, woher das Wort »symbolon« stammt, was
übersetzt »zusammenfügen« heißt. In Tholey ist dies
das Zusammentreffen eines bekennenden Atheisten
mit christlichen Wurzeln und einer Muslimin, die in
ihrem Kunstschaffen Zusammenhänge ihrer Religion
mit christlicher Ikonographie in Einklang bringt.

»Eine Visualisierung des transzendenten
Gottesmysteriums«

Karl Heinz König

Da dürfte es nicht ausbleiben, dass sich die Klosterkirche
in Tholey zu einem gern besuchten Wallfahrtsort
für Gläubige und Kunstinteressierte entwickeln
wird, zumal die neuen Chorfenster ein monumentales
Richter-Denkmal sind – wahrscheinlich oft heftig umstritten,
wie auch andere bedeutende glasmalerische
Projekte der Neuzeit, wo die Meinungen meist auseinandergehen,
was Kirchenfenster »müssen« oder
»dürfen«, ob sie besser bildhaft figural, abstrakt oder
gar nur ornamental gestaltet sein sollten. Die Mönche
selbst sehen die abstrakten Richter-Fenster als »eine
Visualisierung des transzendenten Gottesmysteriums
an, das nicht figürlich darzustellen« sei. Und freuen
sich erwartungsvoll auf die lebendigen Dialoge mit
den Betrachtern, doch sicherlich ebenso über den erwarteten
wirtschaftlichen Aufschwung ihres Klosters
durch diese viel besuchte Sehenswürdigkeit.

Wenn ich selbst interpretiere, dann wirken die ornamentalen
Fenstermuster wie ein kostbarer vor den
Füßen Gottes ausgebreiteter Teppich. Richter würde
sicherlich schmunzelnd denken: Lass sie alle reden,
ich jedenfalls habe mein Werk den »Betrachtern zum
Trost« und zur Erbauung geschenkt. »Sein Letztes und
Schönstes!«, hatte er den Mönchen versichert.