Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Wolfgang Vogl

In der gleichen Aufmachung wie zum Lesejahr A legt Wolfgang Vogl auch zum Lesejahr B ein Werk vor, das Bild- und Schriftbetrachtung so zusammenführt, dass dem Leser ein exegetisch versiertes und kunstgeschichtlich inspiriertes Kompendium christlichen Glaubens an die Hand gegeben wird. Zeit- und Kunstgeschichte, biblische Exegese, Dogmatik und Philosophie werden erzählerisch so ineinander verschränkt, dass jeder Bereich seine Eigenständigkeit bewahrt und Bezüge enthüllt werden. Das Bild behauptet sich als Kunstwerk und wird nicht einseitig als bloße Illustration des biblischen Textes missdeutet. Die biblischen Motive erhalten durch ihre künstlerischen Verarbeitungen einen Sitz im Leben ihrer Zeit. Die Aufgabe des Lesers, sie für seine Zeit aufzuschlüsseln, überlässt der Autor klug dem Lesenden und Betrachtenden selbst und hebt sich so wohltuend gegen die Fülle plumper Erbauungsliteratur ab.

In seiner Einleitung verweist Vogl als Motivation zu diesem Projekt auch auf Navid Kermanis „Ungläubiges Staunen“ und zitiert die Aussage eines ehemals muslimischen Katholiken zum Verkündigungscharakter christlicher Kunst und ihrer Bedeutung für die Menschen heute. Das schlägt assoziativ eine Brücke in das 8. und 9. Jahrhundert, als oströmische Kaiser unter dem Einfluss des bildlosen Islams Ikonen als Einfallstor magischen Aberglaubens und Ausdruck unerträglicher Erniedrigung Gottes unter die Materie bekämpften und zerstörten. Aus dieser Perspektive stellt sich für Katholiken im Europa des 21. Jahrhundert, das in der Tradition der Aufklärung steht und von protestantischer Säkularität geprägt ist, die Frage, ob sie dazu neigen, Religion in Ethik aufzuheben, und deshalb ein distanziertes Verhältnis und eine kritische Haltung zu Riten, Kult, und Bild haben oder ob sie durch Muslime, Anders- und Nichtglaubende und deren Blick auf das Christentum lernen werden, wieder bilderfreundlich zu werden, weil Gott von sich in Jesus Christus ein Bild gegeben hat. In einer entmythologisierten Welt mit einem technischen Blick auf Natur und Leben – verbunden mit einem deterministischen Menschenbild unter dem Postulat des Todes Gottes –, suchen Menschen außerhalb des Christlichen über eine Bild-Theologie den Dialog mit Katholiken, die ihre Bildwelten schon abgeschrieben haben, ihren Gott kaum mehr als Handelnden verorten können und ihrer Zeit nicht mehr ansehen, dass sie ein Moment der Heilsgeschichte bildet. Wenn in dieser Diagnose ein Körnchen Wahrheit steckte, stände der Katholik in der Gefahr, gerade dort abwesend zu sein, wo ein Gespräch mit Glaubensentwöhnten sich entspinnen könnte, eines über die Welt seiner Glaubensbilder.

Meisterwerke der christlichen Kunst zu den Schriftlesungen der Sonntage und Hochfeste Lesejahr B
Regensburg: Friedrich Pustet Verlag. 2017
606 Seiten m. farb. Abb.
35,00 €
ISBN 978-3-7917-2912-1

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