Schon das Alte Testament nimmt eine allgemeinmenschliche Erfahrung in den Blick, die im Zentrum aller Religionen steht: Wie kann es dem Homo sapiens angesichts der Allgewalt der Zeit gelingen, Spielräume von Freiheit und Transzendenz zu gewinnen – im Christentum geschieht dies durch den Einsatz von Ordnungsbegriffen wie „Vorsehung“ oder „Reich Gottes“. Otto Kallscheuer greift im Untertitel seines Werkes auf die durch den göttlichen Logos gestiftete „Heilsgeschichte“ zurück, kombiniert diese aber mit dem säkularen Ausdruck „Weltpolitik“. Der Verfasser macht damit deutlich, worum es ihm in seinem Werk geht: „Beide Instanzen (in-)formieren, strukturieren, modifizieren einander wechselseitig. Das ewiggeltende WORT Gottes (der Logos allen Sinns von Sein) hat unter uns gewohnt – in der Zeit. …...
Marcus Willaschek, Professor für Philosophie an der Frankfurter Goethe-Universität, ist ein renommierter und international anerkannter Experte für Immanuel Kant. Mit seinem Buch „Kant. Die Revolution des Denkens“ stellt er sich der Herausforderung, die zentralen Themen und Grundideen von Kant einem breiteren Publikum auf eine verständliche Weise zugänglich zu machen, ohne die Komplexität und das argumentative Niveau seiner Philosophie zu unterlaufen. Diesen stilistischen Spagat zu meistern, gelingt Willaschek auf eine beeindruckende Weise. Die verdiente Anerkennung für diese Leistung zeigt sich in der Nominierung dieses Werkes für den Deutschen Sachbuchpreis 2024.
Auf knapp 400 Seiten bietet dieses Buch einen sehr guten Überblick und eine pointierte Einführung in die wesentlichen Aspekte...
Das kleine, streitbare Büchlein, das hier anzuzeigen ist, fordert eine „philosophisch-theologische Besinnung“ auf „Kants unerledigte Anfragen an die Theologie“ – somit ein durchaus treffliches Geschenk für den philosophischen Jubilar des Jahres. Hier entlädt sich schon mit den ersten Seiten ein erfrischendes Gedankengewitter. Es lohnt sich für alle an Themen der Theologie Interessierten (Studierende, Lehrende, Kirchliche Amtsträger), sich seinen Anfragen auszusetzen, ihnen standzuhalten und sie zum Anlass zu nehmen, mit diesem „Leitfaden“ weiterzudenken, wie es sich die beiden Autoren auch wünschen.
Ein Wetterleuchten in diesem Sinne war schon zu vernehmen, als im Mai dieses Jahres der Wiener Philosophieprofessor Rudolf Langthaler auf einen in der Tagespost erschienenen Artikel des...
Kant als ein öder und langweiliger Pedant – dieses Kantbild dürfte auch im Jahr seines 300. Geburtstages noch viele Vorstellungen prägen und dadurch auf das Verständnis seiner Philosophie als Gesetzesdenken zurückwirken. Dabei steht die Gesetzmäßigkeit, welche Kant an der Basis des Erkennens und der Freiheit herausarbeitet, für sein Programm, den „Humanismus durch die Freiheit zu verteidigen [...], nicht nur die Natur“ (21). Die Gesetze der Freiheit treten also an die Stelle von Natur und Autorität, und nur hierin liegt ein zulässiger, weil kritischer Begriff von Gesetz, was dann auch für die zivilen gilt. Und in seinem Privatleben war die Regelmäßigkeit (der berühmte Spaziergang immer um die gleiche Urzeit) eine Weise, seine Freiheit durch „Selbstbeherrschung“ zu pflegen (24): Vor der...
Wer über den Glauben, dass die Welt eine Schöpfung Gottes sei, Grundwissen vermitteln will, steht vor drei Herausforderungen: Es muss der Inhalt dieses Glaubens geklärt werden, man muss Rede und Antwort stehen auf die Fragen nach der Rechtfertigung dieses Glaubens und dessen Bedeutung angesichts gegenwärtiger Ansichten und Problemstellungen. Diesen Aufgaben stellt sich Martin Breul in seinem Buch „Schöpfung“.
Die dem Schöpfungsglauben zugrunde liegende Frage ist die nach dem Sinn des Seins. Dies zeigt er an den biblischen Texten auf. Die Schöpfungserzählungen bringen im Kern den Glauben zum Ausdruck, dass die Welt von Gott gewollt und Gott dieser frei geschaffenen Welt dauerhaft in Liebe zugewandt ist. Diese Zielrichtung der Erzählungen erklärt auch, warum deren Interpretation als...
Wenn man zu einem Buch von Thomas Hieke greift, kann man sicher sein, dass man solide alttestamentliche Exegese und Theologie finden wird, auf dem aktuellen Stand der Forschung und gut lesbar geschrieben. Das gilt auch für diese Studie, selbstverständlich einschließlich des Beitrags von Franziska Rauh, der sich nahtlos in das Buch einfügt.
Den Ausgangspunkt für die Studie bildete der Artikel „Epiphanie (AT)“, den Hieke 2015 im Online-Lexikon Wibilex veröffentlichte (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19940/). Deshalb ist an dieser Stelle ein Transparenzhinweis erforderlich: Das Lexikon erscheint bei der Deutschen Bibelgesellschaft. Als Generalsekretär dieser Organisation bin ich also von Berufs wegen davon überzeugt, dass das ein guter Artikel ist. Da das Online-Lexikon frei...
In seiner 52. Ausführung überrascht uns „der blaue reiter“ mit einer der Religionsphilosophie gewidmeten Ausgabe, die insbesondere Religionslehrerinnen und Religionslehrer anspricht. Entlang der Seiten begegnen die grundlegenden Fragen, ob Religionsunterricht in einer sich zu der Säkularisierung hingezogenen Gesellschaft immer noch sinnvoll sein und ob Religion für das Individuum und die Gemeinschaft weiterhin eine verbindliche Bedeutung haben kann. So ist es kein Zufall, dass der Chefredakteur Siegfried Reusch bereits auf der ersten Seite der 1917 von Max Weber „gepredigten“ Entzauberung der Welt durch das wissenschaftliche Wissen eine „beständige Wiederverzauberung der Welt“ gegenüberstellt als Motto dessen, was in den unterschiedlichen Beiträgen zur Sprache gebracht wird, und als...
„Christliche Identität – was ist das?“ Mit keiner geringeren Frage eröffnet Gerhard Gäde sein neues Buch zu den Ich-bin-Worten des Johannesevangeliums. Als ehemaliger Professor für Dogmatik in Rom mit Gastprofessuren in Palermo und Lugano ist der mittlerweile an der LMU München lehrende Priester, Seelsorger und Hochschullehrer ausgewiesener Experte für Fragen der christlichen Glaubenslehre.
Ausgewiesenes Ziel des Buches ist es, „anzuregen, tiefer zu verstehen, wer wir als Christinnen und Christen sind“ (7). Die ursprünglich als benediktinischer Exerzitienkurs konzipierten Meditationen nähern sich also den johanneischen Ego-Eimi-Worten aus einer dezidiert christlichen Innenperspektive, wenn Gäde vorab betont: „Wir sind Kinder Gottes. Das ist unsere Identität, unser Selbstverständnis, das...